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Die Angst vor der Atombombe bleibt

Kein Land fühlt sich vom iranischen Atomprogramm so bedroht wie Israel. Enstrechend skeptisch fallen die Reaktionen auf die Annäherung zwischen Washington und Teheran aus. Premier Netanjahu befürchtet eine Vernebelungstaktik - und Israels Presse zieht einen Vergleich zur Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland.

Von Christian Wagner | 28.09.2013
    Das neue Turteln zwischen Amerika und dem Iran würde der israelische Ministerpräsident Netanjahu am liebsten sofort stoppen. Er fliegt an diesem Wochenende mit dem Vorsatz in die USA, die Dinge aus israelischer Sicht zumindest zurechtzurücken.

    Netanjahu: "Der Iran denkt, dass er mit schönen Worten und symbolischem Handeln weiter nach der Atombombe greifen kann. Israel ist durchaus für eine echte diplomatische Lösung, die dem Iran die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen nimmt. Aber wir lassen uns nicht mit halbseidenen Versprechen abspeisen, die nur vernebeln sollen. Und der Rest der Welt sollte sich davon genauso wenig an der Nase herumführen lassen."

    Israel fordert handfeste Zusagen von Rohani
    Dem Iran, so Netanjahu, gehe es einzig und allein darum, die internationalen Sanktionen abzuschütteln. Den Namen des neuen Präsidenten Hassan Rohani, der in New York Furore macht, erwähnt er dabei nicht. Das tut nur Netanjahus Minister für internationale Beziehungen, Yuval Steinitz. Und der fordert handfeste Zusagen von Rohani.

    Steinitz: "Seit seiner Wahl ist nicht eine einzige Uran-Zentrifuge gestoppt worden. Es gab keinen Stopp der Uran-Anreicherung, keinen Stopp bei Bau und Inbetriebnahme von Zentrifugen und keinen Stopp des militärischen Atomprogramms. Wir haben viel Blabla gehört aber keine einzige echte Zusage, keinen glaubwürdigen Schritt gesehen, mit dem eine der UN-Resolutionen erfüllt werden könnte."

    Vorerst verteidigt die Regierung in Jerusalem ihren Standpunkt, der sich so umschreiben lässt: Wir mögen mit unseren Warnungen vor der iranischen Atomgefahr allein in der Ecke stehen, aber wir sind eben auch nicht naiv, im Gegensatz zum Rest der Welt.

    Bei den Verhandlungen zwischen den fünf UN-Vetomächten samt Deutschland und dem Iran wird Israel nicht mit am Tisch sitzen – und fühlt sich gleichzeitig bedroht wie kein anderes Land vom Atomprogramm Irans. Immerhin ist es in New York nicht zum geplanten Handschlag zwischen Rohani und US-Präsident Obama gekommen. Aber in der israelischen Presse werden schon Parallelen zur Appeasement-Politik der 30er-Jahre gegenüber Nazi-Deutschland gezogen.

    Syriens Machthaber Assad macht Druck auf Israel
    Und gleichzeitig sieht sich Israel konfrontiert mit der Forderung, selbst den Abkommen zur Nichtverbreitung von Chemie- und Atomwaffen beizutreten. Rohani fordert das, genauso wie Syriens Präsident Assad. Der hat Oberwasser, weil Obama die militärische Karte nicht gezogen hat.

    Wer Stabilität in der Region wolle, so Assad im Interview mit einem russischen Fernsehsender, der müsse dafür sorgen, dass alle Länder sich an internationale Abkommen halten. Und Israel sei der erste Staat, der das tun müsse, weil Israel über Atom-Waffen verfüge genauso wie über chemische und biologische Kampfstoffe.

    Das kontert der israelische Minister Steinitz mit dem Hinweis, das Problem in der Region sei nicht Israels Weigerung, internationalen Abkommen beizutreten, das Problem seien vielmehr diejenigen Staaten, die zwar unterschrieben haben, aber gegen Abkommen verstoßen. Überhaupt habe Israel keinem anderen Land mit Vernichtung gedroht – im Gegensatz zu Iran.

    Was Israel außerdem beschäftigt, ist die Verknüpfung der beiden Probleme Atomprogramm und Nahostkonflikt. Jedenfalls ist Obamas Rede vor der UN-Generalversammlung in Israel entsprechend verstanden worden. Wohnungsbauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei Habait Hayehudi will sich jedenfalls von Obama nicht zu Zugeständnissen an die Palästinenser zwingen lassen.

    "Die USA sagen das schon seit Jahren und seit Jahren liegen sie damit falsch. Die Verknüpfung der iranischen Atomwaffen mit dieser Angelegenheit ist ein entsetzlicher Fehler; das zeugt von Unverständnis. Aus unserer Sicht hat der Ministerpräsident schon alles gesagt: Wenn nicht ich für mich bin, wer ist es dann?"