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"Die beiden gehören zu den ganz Großen in unserem Gebiet"

Professor Immanuel Bloch vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik zeigt sich positiv überrascht über die Entscheidung des Nobel-Kommites, Serge Haroche und David J. Wineland die Auszeichnung zu verleihen. Die beiden Wissenschaftler hätten das Fachgebiet in neue Richtungen gelenkt, sagt er.

09.10.2012
    Jochen Steiner: Einer, der auf einem ähnlichen Gebiet forscht, ist Professor Immanuel Bloch vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Ihn habe ich vor der Sendung gefragt, ob er überrascht war, dass der Physik-Nobelpreis in diesem Jahr an Haroche und Wineland geht.

    Immanuel Bloch: Ja, war ich sehr überrascht - freudig überrascht, muss ich sagen. Das war also eine sehr positive Überraschung, diese Mitteilung.

    Steiner: Sie würden also sagen, die beiden bekommen den Preis zu Recht?

    Bloch: Auf alle Fälle. Die beiden gehören zu den ganz Großen in unserem Gebiet, die über Jahrzehnte hinweg hervorragende experimentelle Beiträge geliefert haben und unser Gebiet mitgestaltet haben und in neue Richtungen gelenkt haben.

    Steiner: Sie kennen die beiden persönlich. Was sind das für Forscher?

    Bloch: Das sind beides eher ruhige Persönlichkeiten, aber unheimlich freundliche, gutmütige, ganz tief in der Materie steckende Persönlichkeiten, die also ein bisschen so wie Überväter über dem ganzen Gebiet schweben mit ihrer Lebensleistung.

    Steiner: Lebensleistung - Sie haben es angesprochen: Was ist das für eine Leistung, die die beiden erbracht haben? Was zeichnet sie aus?

    Bloch: Also beide haben auf unterschiedlichen Gebieten gearbeitet. Aber eine zentrale Rolle spielt in beiden Fällen die Kontrolle von einzelnen Quantenteilchen sozusagen an der Grenze des Möglichen, was die Quantenmechanik uns erlaubt. Damit konnten beide viele Grundlagenexperimente zur Quantenmechanik durchführen, konnten erste Elementare Operationen für Quantenrechner aufzeigen, oder zum Beispiel auch zu der Entwicklung von neuer Art von genaueren Atomuhren hinarbeiten.

    Steiner: Die Experimente, die zu diesem Ganzen führten, sind sehr komplex und kompliziert. Warum haben es die beiden geschafft - was glauben Sie?

    Bloch: In beiden Fällen sind es Persönlichkeiten, die eine unheimliche Ausdauer auch in ihren Experimenten aufzeigen. Das sind sozusagen Entwicklungen, die über Jahrzehnte hinweg zum Teil oder an viel, viel Vorarbeiten hängen, wo man viel Detailarbeit machen musste, bevor man dann soweit war, diese Quantensysteme so genau kontrollieren zu können, wie die beiden das dann gebraucht haben für ihre Experimente. Und da steckt einfach unheimlich viel Arbeit, unheimlich viel Ausdauer, unheimlich viel Geschick und können und Intuition dahinter - das bei beiden ganz hervorragend einfach da ist.


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    Links bei deutschlandradio.de:

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    Interview mit Wissenschaftsjournalist Frank Grotelüschen im Deutschlandradio Kultur (MP3-Audio) (09.10.12)

    "Rechnen mit Qubits" (Beitrag über Quantencomputer in "Forschung aktuell")

    Aktuell zum Physiknobelpreis 2011

    Nobelpreis geht an Quantendompteure - Jury würdigt erste Schritte zu revolutionären Quantencomputern

    Links ins Netz:

    David Wineland erklärt die Ionenfalle (englischsprachiges YouTube-Video)

    Serge Haroche über Licht und Atome beim International Science Day 2011 (englischsprachiges Vimeo-Video)