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Die Debatte nach der Debatte
Republikaner verzweifeln an Trumps Fehltritten

Mit seinem aggressiven Auftreten in der zweiten TV-Debatte mit Hillary Clinton und durch seine Aussagen in einem bekanntgewordenen sexistischen Video hat Donald Trump wohl seine Chancen auf die Präsidentschaft in den USA verspielt. Viele republikanische Kandidaten für die Kongress- und Senatswahlen gehen auf Distanz zu ihm.

Von Thilo Kößler | 11.10.2016
    Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump während eines TV-Duells.
    Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump während eines TV-Duells. (AFP / POOL / RICK WILKING)
    Dieses TV-Duell hat die politische Stimmung im Land noch weiter angeheizt – und die Stimmen derer mehren sich, die Donald Trump zwar zugestehen, sich dieses Mal besser präpariert zu haben. Doch insgesamt habe er keine gute Figur gemacht und mit seiner aggressiven und geradezu einschüchternden Haltung eher noch Wähler verprellt als neue dazu gewonnen. Es sind vor allem zwei Themen, die die Öffentlichkeit nachhaltig beschäftigen – zunächst natürlich Donald Trumps Entschuldigung für seine Aussagen in dem geschmacklos-sexistischen Video, das seit vergangenem Freitag für Furore sorgt. Sein Bedauern hat er freilich umgehend relativiert, indem er seine Zoten als übliches Männergerede in Umkleidekabinen verharmloste – was ihm prompt die Kritik prominenter Football-Stars eintrug. Doch in der politischen Debatte schiebt sich nun noch eine weitere Passage in den Vordergrund – nämlich Trumps Drohung, Hillary Clinton für ihre Lügen ins Gefängnis werfen zu wollen, wie er sagte.
    Diese Äußerung wurde als beispielloser Fehltritt für den Präsidentschaftskandidaten gewertet – und als Indiz für den Verfall der politischen Kultur in diesem Wahlkampf. Welches Verständnis von Rechtsstaatlichkeit liegt dieser Aussage zugrunde, fragte David Gergen, ehemaliger Berater mehrerer Präsidenten und heute prominenter politischer Kommentator: Nur in Diktaturen werde versucht, die politische Opposition auf diese Weise mundtot zu machen, sagte Gergen. Gergen glaubt, dass auch diese Passage zum Einbruch der Umfragewerte für Donald Trump geführt hat: Er liegt jetzt in einer landesweiten Erhebung um elf Prozent hinter Hillary Clinton – ein Abstand, der 23 Tage vor den Präsidentschaftswahlen praktisch nicht mehr aufzuholen sei, wie im demokratischen Lager frohlockt wird.
    Senatoren und Abgeordnete gehen auf Distanz
    Doch auch bei den Republikanern verfestigt sich die Ansicht, dass das Rennen für Donald Trump spätestens mit diesem Duell gelaufen ist. In einer offenbar hitzigen Telefonschalte hinter verschlossenen Türen analysierte die Führung der Republikaner die Lage – und ausgerechnet ihr mächtigster Repräsentant im Abgeordnetenhaus, Paul Ryan, ließ wissen, dass er Donald Trump ab sofort nicht mehr verteidigen werde, wie er sagte: Seine Unterstützung werde er ihm aber nicht grundsätzlich entziehen. Stattdessen werde er sich ganz darauf konzentrieren, die Mehrheit der Republikaner im Kongress zu retten.
    Tatsächlich wächst bei allen Senatoren, Abgeordneten und Gouverneuren, die um ihre Wiederwahl kämpfen, die Befürchtung, im Abwärtssog ihres Spitzenkandidaten mit in die Tiefe gerissen zu werden. Insgesamt hat sich die Hälfte aller amtierenden Senatoren, Abgeordneten und Gouverneure von Donald Trump in der einen oder anderen Weise distanziert – alles Feiglinge und Weicheier, echauffierten sich angeblich eingeschworene Trump-Anhänger in der Telefonschalte. Allein Mike Pence, der Kandidat Donald Trumps für das Amt des Vizepräsidenten, bekannte sich uneingeschränkt zu seinem Frontmann: Stolz sei er auf ihn, sagte er in einer Wahlkampfveranstaltung.
    Donald Trump selbst, der diesen Wahlkampf mit seinem Machtbewusstsein geprägt hat, weiß, dass ihn die Republikaner nun auf den letzten Metern nicht mehr loswerden können – er wandte sich in einem seiner gefürchteten Tweets an Paul Ryan und alle seine innerparteilichen Gegner und empfahl ihnen, sich lieber um Haushalt, Jobs und illegale Einwanderer zu kümmern, als ihre Zeit mit seiner Demontage zu verschwenden.