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Die EU-Verbraucherpolitik 2015
Konzentration auf einige Prestigeprojekte

Beim Thema Verbraucherpolitik trifft Brüssel nicht immer den Nerv der Bürger, das zeigen die Reaktionen auf Richtlinien wie die "Gurkenverordnung". Im kommenden Jahr will sich die EU zunächst auf einige große Projekte wie Datenschutz konzentrieren - zum Leidwesen der Verbraucherschützer.

Von Jörg Münchenberg | 29.12.2014
    Schöne Grüße aus dem Urlaub - Wer im Ausland zum Handy greift, muss mehr bezahlen als daheim.
    Ein Plan der EU: Die Roaming-Gebühren sollen sinken. (dpa / Daniel Naupold)
    Eines der wichtigsten Vorhaben im neuen Jahr aus Verbrauchersicht ist die geplante Harmonisierung und Modernisierung der Datenschutzverordnung. Die bisherige Richtlinie stammt aus dem Jahr 1995, datenschutztechnisch gesehen ist das Steinzeitalter. 2012 hat die EU-Kommission deshalb eine neue Verordnung vorgelegt, die wichtige Verbesserungen aus Verbrauchersicht enthält – etwa, welche persönliche Daten wie verarbeitet und wie sie auch leichter wieder gelöscht werden können.
    Das EU-Parlament hat sich bereits positioniert, jetzt dürfte auch der Ministerrat letzte Streitpunkte beilegen, sodass dann 2015 die finalen Verhandlungen stattfinden könnten, hofft auch die Direktorin des europäischen Verbraucherschutzverbandes Beuc, Monique Goyens:
    "Es ist sichergestellt, dass dem Individuum, dem Bürger die eigenen Daten gehören. Und die dann auch entscheiden, was damit geschehen soll. Das geht dann nur mit deren Zustimmung. Und ein wichtiger Punkt auch im Zusammenhang mit den globalen Märkten: das neue EU-Recht wird auch für die Firmen gelten, die nicht ihren Sitz in Europa haben. Also müssen sich etwa US-Unternehmen im Prinzip auch an die europäischen Gesetze halten, wenn die Bürger in Europa ihre Angebote nutzen."
    Roaming-Gebühren sollen weiter fallen
    Große Hoffnungen setzen die Verbraucherschützer auch auf das neue Jahr, wenn es um die Handynutzung im Ausland geht. Denn noch immer kassieren die Telekommunikations-Unternehmen beim sogenannten Roaming in Europa kräftig ab, obwohl die EU-Kommission seit 2007 die Roaming-Gebühren stufenweise kräftig nach unten gesenkt hat.
    Im Dezember 2015 soll es dann ganz einfach werden. Telefonieren und Surfen innerhalb der EU darf dann nur noch so viel kosten wie im Inland, so hat es das EU-Parlament bereits beschlossen. Die 28 Mitgliedstaaten müssen jedoch noch zustimmen. Was jedoch als wahrscheinlich gilt. Deutlich schwieriger aber, so Goyens, dürfte die politische Einigung auf Ratsseite bei der sogenannten Netzneutralität werden, also der Gleichbehandlung von Daten im Netz:
    "Es gibt Mitgliedsstaaten, die für die Netzneutralität kämpfen. Denn die hat das Internet so populär gemacht. Das ist der Grund für die vielen Innovationen und die Dynamik dort. Andere Mitgliedsstaaten sind da zurückhaltender. Sie wollen das Internet stärker reglementieren und den Firmen ermöglichen, hier die Neutralität einzuschränken. Da sind wir sehr besorgt, aber wir werden gegen diese Versuche engagiert vorgehen".
    Unterschiedliche Ansichten beim Thema Klonfleisch
    Ebenfalls auf der Agenda - der Umgang mit Klonfleisch. Allerdings liegen die Positionen noch weit auseinander. Zwar hat noch die alte EU-Kommission vorgeschlagen, das Klonen von Farmtieren zu verbieten. Außerdem soll der Verkauf von Fleisch und Milch geklonter Tiere in der EU untersagt werden. Doch dieser Ansatz greife zu kurz, moniert der Agrarexperte der Grünen, Martin Häusling:
    "Klonen ist ja eine Technik in der Zucht. Und deshalb ist entscheidend, ob die Kommission sich dann dazu durchringen kann oder dem Parlament folgt, dass man die Tiere, die von geklonten Elterntieren stammen, also die Tiere der ersten Generation, dass man die kennzeichnet. Sodass der Verbraucher, aber auch der Landwirt weiß - das Tier, was ich da auf den Hof bekomme oder das auf dem Teller landet - dessen Eltern sind geklont. Und darum drückt sich die Kommission recht erfolgreich".
    Ohnehin treibt Verbraucherschützer eine Grundsorge um. Weil sich die Kommission 2015 zunächst auf einige Prestigeprojekte konzentrieren will, könnten Maßnahmen für den Verbraucherschutz - etwa Vorgaben für Elektrogeräte beim Stromverbrauch - hinten runter fallen. Verbunden auch mit dem populären Argument, Brüssel müsse sich schließlich nicht überall einmischen.