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Die ewige Reise

In diesem Jahr gilt es, ein halbes Jahrhundert bemannte Raumfahrt zu feiern. Weiter als bis zum Mond haben es die Menschen in dieser Zeit nicht gebracht, da denkt die NASA schon an ferne Sonnensysteme. Für die lange Reise dorthin bräuchte man Schiffe, die mehrere Generationen von Raumfahrern beherbergen.

Von Guido Meyer | 13.04.2011
    "Der Weltraum - unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat."

    Es wäre nicht das erste Mal, dass aus Fiction Science würde, dass die Fantasien visionärer Schriftsteller und Drehbuchschreiber irgendwann wirklich in die Tat umgesetzt würden. Ein Generationenraumschiff mit 400 Menschen an Bord, das sich im Jahr 2200 außerhalb unseres Sonnensystems befindet - dieses Szenario ist nicht mehr ganz so unwahrscheinlich, seit die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA ihr Projekt 100-Year-Starship gestartet hat - ein "Jahrhundertraumschiff" auf dem Weg zu den Sternen.


    "Wir haben im Oktober ein Programm gestartet, in dem wir Technologien entwickeln wollen, mit denen wir in 100 Jahren ein interstellares Raumschiff bauen können. Ich denke, das schaffen wir auch."

    Pete Worden, der Direktor des Ames Research Centers der NASA in Kalifornien. 1,1 Millionen Dollar stellen NASA und Verteidigungsministerium dafür bereit, sich Szenarien zu überlegen, wie die Menschheit diesen Planeten verlassen und zum nächsten Stern aufbrechen kann.

    "Ob in vier bis fünf Milliarden Jahre unsere Sonne explodiert, ob es wieder einmal eine globale Aussterbewelle gibt oder ein Asteroid mit der Erde kollidiert - irgendetwas wird irgendwann passieren. Wir können nicht erst dann mit Notfallplänen anfangen. Wir müssen vorbereitet sein, sonst - boom! - wird es mit der Menschheit vorbei sein."

    Marc Millis ist der ehemalige Leiter der NASA-Abteilung für fortgeschrittene Antriebssysteme und Mitbegründer der Tau-Zero-Stiftung, die sich für interstellare Reisen starkmacht. Mögliche Antriebssysteme wären Sonnensegel, Nukleargeneratoren oder Mikrowellen, die einem sich entfernenden Raumschiff von der Erde aus hinterhergebeamt werden können. Keine diese Antriebsformen existiert heute in flugfertiger Ausführung - an allen jedoch wird gearbeitet.

    "Ein Sonnensegel wird von den Photonen des Sonnenwindes angetrieben und so langsam aber stetig beschleunigt. Mit dieser Technologie könnten wir schon in wenigen Jahren eine Testmission zur Oortschen Wolke an den Rand unseres Sonnensystems schicken. Als Nächstes könnten wir einen Nukleargenerator als Antrieb nutzen, dessen Energie elektrische Triebwerke antreiben würde."

    Trotz dieser neuen Antriebe käme für eine bemannte Mission nur ein Generationenraumschiff infrage. Nicht die Crew, die die Erde verlässt, wird irgendwann einen anderen Stern erreichen, sondern ihre Nachkommen. An Bord eines Generationenraumschiffs wird gearbeitet, gelebt, es wird sich fortgepflanzt und es wird gestorben. Für die erste Mannschaft gibt es kein Zurück zur Erde, und die Ankömmlinge werden ihren Heimatplaneten Erde gar nicht kennen. Nur so geht's - findet auch der amerikanische Astronom James Webb, der sich in seinen Arbeiten mit den Möglichkeiten bemannter Reisen zu anderen Sternen beschäftigt.

    "Selbst mit annähernd Lichtgeschwindigkeit würde solch ein Trip immer noch mehrere Generationen dauern. Ich bin sicher, dass es genügend Freiwillige für eine solche Mission geben würde. Wir müssen nur ein großes Raumschiff bauen mit entsprechend robusten Lebenserhaltungssystemen. Es würde so ähnlich funktionieren wie das Raumschiff Enterprise. Nur das Beamen dürfte jenseits unserer physikalischen Möglichkeiten bleiben."

    Die Besatzung dieses Sternenschiffes ist heute noch gar nicht geboren. In ein paar Jahrzehnten jedoch dürften sich die Bewerbungskriterien konkretisieren. Dann werden sich Astronauten einer kommenden Generation als Freiwillige melden können.