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Die Folgen des Klimawandels

Umwelt. - Der Klimawandel wird sich auch in Deutschland bemerkbar machen. Ob unsere Infrastruktur darauf eingestellt ist, darf hinterfragt werden. Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat eine erste Abschätzung für das deutsche Verkehrswegenetz vorgenommen und jetzt auf einer Fachkonferenz am Amtssitz Bergisch Gladbach vorgestellt.

Von Volker Mrasek | 09.12.2010
    Draußen machte den Teilnehmern der Konferenz die große Kälte zu schaffen ...

    "Wenn Sie an das gegenwärtige Wetter denken, dann würde ich sagen: Akut ist die Glatteis-Gefährdung."

    Drinnen im Tagungssaal aber ging es um Risiken, die auf den Straßenverkehr mittel- bis langfristig zukommen. Und die lauern vor allem in der heißen Jahreszeit. Udo Tegethof, Leiter der Arbeitsgruppe "Klima" in der Bundesanstalt für Straßenwesen, erinnert an die Hitzeperiode im zurückliegenden Sommer:

    "Im Juli zum Beispiel, da gab es 14 Meldungen von Hitzeschäden an Straßen, wo Betonfahrbahnen insbesondere, aber auch Asphaltfahrbahnen kaputtgegangen sind."

    Die Fahrbahndecken dehnten sich bis über ihre Belastungsgrenze aus – weil die Temperaturen auch nachts tagelang hoch blieben. Bedingungen, wie sie in Zukunft häufiger herrschen dürften, wenn die Klimaerwärmung stärker spürbar wird, hieß es auf der Konferenz. Tegethof:

    "Speziell ist es so, daß die Häufigkeiten von extremeren Wetterbedingungen zunehmen. Wir bekommen mehr Starkniederschläge und mehr Hitzeperioden."

    Im vergangenen Jahr hat die Bundesanstalt für Straßenwesen mehrere Studien gestartet. Sie sollen zeigen, ob und wo der Klimawandel für das deutsche Straßennetz kritisch werden könnte. Udo Tegethof spricht von einer "Verwundbarkeitsanalyse":

    "Und da hat sich bestätigt, daß es dort Verwundbarkeiten gibt. Das müssen wir jetzt genauer analysieren."

    Es geht nicht nur um hitzebeständige Fahrbahnbeläge. Sondern auch um andere Dinge. Zum Beispiel um ein erhöhtes Risiko für Aquaplaning. Wenn Starkniederschläge im Sommer tatsächlich heftiger werden und mehr Wasser die Straßen überschwemmt, könnten Autofahrer häufiger die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlieren:

    "Da wollen wir eben auch herausfinden: Welches sind dann die Gebiete, wo besonders starke Regenfälle erwartet werden? Und dann kann man dort Maßnahmen machen. Man kann Schlitze in die Straße fräsen und das überschüssige Wasser dadurch ableiten. Zum Beispiel an der A4, wenn man von Overath Richtung Köln fährt, den Berg hoch – dort gibt es so eine Stelle, wo solche Schlitze in der Straße sind. Das hat jetzt noch gar nicht unbedingt etwas mit der Klimaänderung zu tun."

    Aber in Zukunft dürften solche Maßnahmen häufiger nötig sein. Wobei stärkere Wolkenbrüche ein weiteres Risiko für Autofahrer bergen: Sie können vermehrt dazu führen, daß Hänge abrutschen und Straßen unterspült werden. Auch damit beschäftigen sich Udo Tegethof und seine Kollegen im laufenden Forschungsprojekt.

    "Das kann auftreten bei Böden, wo leicht die Wasseraufnahme-Kapazität überschritten ist."

    Zurzeit arbeiten die Forscher an einer Liste mit Straßenböschungen und Hängen, die einen solchen Bodentyp aufweisen:

    "Und da, wo es dann sehr kritisch aussieht, da kann man dann mit Sonden arbeiten, die in den Hang gesteckt werden, um zu sehen: Bewegt der sich? Und besteht dort eine Gefahr?"

    Auch andere tragende Bauwerke wollen die Forscher daraufhin überprüfen, wie klima- und witterungsfest sie sind: die rund 120.000 Brücken im deutschen Straßenverkehrsnetz. Balthasar Novák, Professor für Massivbau an der Universität Stuttgart, sorgt sich vor allem um Brücken, die bis Mitte der 70er Jahre gebaut wurden. Damals sei thermischer Stress noch kein Planungskriterium gewesen:

    "Es gibt Brückenelemente, die empfindlicher reagieren. Beispielsweise wenn es große thermische Ausdehnungen gibt und die Lager nicht dafür ausgelegt sind, dann können die Lager Schaden nehmen."

    Das trifft auf die alten Straßenbrücken zu. Denn sie ruhen noch nicht auf so genannten Elastomer-Lagern, die erst später eingeführt wurden. Novák:

    "Gummilager, die mit Stahlschichten durchsetzt sind. Durch dieses Elastomer hat dieses Lager die Möglichkeit, große Verformungen zu übertragen. Und das ist natürlich gerade bei klimatischen Einwirkungen, Temperatur und so weiter sehr von Interesse."

    Novák und die anderen Experten schließen nicht aus, daß viele alte Brücken mit der Zeit nachgerüstet oder sogar - wo das nicht geht – komplett ersetzt werden müssen. Genauso könnte es erforderlich sein, Straßenböschungen hier und dort abzusichern und neue, hitzefestere Asphalt-Sorten einzuführen. Akute Gefahren sehen die Forscher allerdings nicht. Dem Straßenbau bleibe genügend Zeit, um sich auf den Klimawandel einzustellen.