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Die Hypo Real Estate fünf Jahre danach

Vor fünf Jahren gerieten erstmals Meldungen an die Öffentlichkeit, die offenbarten, wie groß die Probleme der Münchner Hypo Real Estate waren. Später sollte sie zum Sinnbild der Finanzkrise werden.

Von Michael Braun | 27.09.2013
    Wenn die Kurse klappern, fiebern die Händler vor Optimismus oder sie schlottern vor Angst. 2008 war es die Angst. Im Januar hatte der große deutsche Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate heftige Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe gemeldet. Dabei hatte der Münchner Konzern bisher immer so getan, als könne ihm die Krise am amerikanischen Immobilienmarkt nichts anhaben. Das war ein Schock für die Börse. Um ein Drittel rauschten die HRE-Aktien, damals noch im DAX, nach unten. Fidel Helmer von Hauck & Aufhäuser berichtete damals aus 40 Jahren Börsenpräsenz:

    "Dass ein DAX-Wert so einen Einbruch innerhalb eines Tages verzeichnet, habe ich noch nicht erlebt. Also, das war schon erschütternd."

    Es blieb nicht bei den Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe. In der Nacht zum 28. September 2008 kam heraus, dass die HRE, immerhin ein Institut mit 400 Milliarden Euro Bilanzsumme, ohne Hilfe kollabieren werde.

    Und das in einer Situation, wo der Bankenmarkt sowieso im Umbruch war. Die Commerzbank schickte sich an, die Dresdner Bank zu übernehmen. Die Belegschaften protestierten, hatten Angst um ihren Arbeitsplatz:

    "Also, es ist deutliche Angst zu spüren. Man merkt es auch an den Gesichtern. Es ist sehr bedrückend in den Abteilungen."

    Die Märkte schlotterten, weil nach der Pleite der IKB im Vorjahr, nach der Flucht der SachsenLB unter die Fittiche LBBW, nach der Pleite der Lehman-Bank zwei Wochen zuvor, nach den Gerüchten um hohe Verluste bei WestLB und BayernLB, weil nach alledem überhaupt nichts mehr sicher schien. Der Chef einer Pensionskasse sagte mir heute vor fünf Jahren, er rate, sich einen Lebensmittelvorrat anzulegen – wenn nicht staatliche Hilfe käme. Sie kam:

    "Mit der Entscheidung der Bundesregierung, Risiken aus der Liquiditätsaktion der Banken für die Hypo Real Estate abzusichern, konnte gestern eine Ausbreitung der Finanzkrise auf Deutschland abgewendet werden."

    So der damalige Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 29. September 2008.

    Die Hypo Real Estate wurde in eine faule Bad Bank auf Risiko des Steuerzahlers aufgeteilt, und in eine gesunde Pfandbriefbank, die demnächst wieder verkauft werden soll, hoffentlich gewinnbringend für den Steuerzahler. Bisher hat er knapp 20 Milliarden Euro bei der Hypo Real Estate im Feuer. Der ehemalige Chef, Georg Funke, hatte dagegen lange beschwichtigt:

    "Die Märkte sind unberechenbar geworden. Dies schließt im Übrigen auch die Möglichkeit ein, dass wir kurzfristig positive Gegenentwicklungen sehen."

    Das hofft er nun auch für sich. Er sitzt auf Mallorca, hat sich als Immobilienmakler versucht. Und klagt: auf eine Abfindung von 3,5 Millionen und eine monatliche Rente von 47.000 Euro. Die Bank sieht das anders und will von dem ehemaligen Chef 220 Millionen Euro Schadensersatz.

    Für die Börse ist das Schnee von gestern. Ratingagenturen bescheinigen der Bankenlandschaft stabile Verhältnisse, auch wenn es Wolken gibt. Harm Semder von Standard & Poor’s:

    "Deutschland hat – und das ist bemerkenswert – in den letzten Jahren seine starke Position als Bankenindustrie insgesamt verteidigt."

    Und wenn die Kurse jetzt klappen, dann fällt oft ein Rekord ab. 9.000 DAX-Punkte gelten als bald erreichbar.