Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Die Ich-AG: der Narziss

Der Chef gehört zu einer Gattung Mensch, über die sich jeder immer mal wieder aufregt. Das muss nicht sein, denn wer seinen Chef versteht, kann mit ihm umzugehen lernen. Zum Beispiel mit dem Narziss. Unter allen Cheftypen mit Sicherheit der unbeliebteste.

Von Rüdiger Maack | 18.01.2011
    Er redet gerne, aber oft und dann viel und fast immer über sich und seine eigene Großartigkeit. In seinem Büro finden sich Diplome und Auszeichnungen an der Wand, Kritik hört er nicht gern, Schuld haben immer die anderen.

    "Das ist der, bei dem Du ins Büro reinkommst und der sich immer zuerst übers Haar streicht. Du kommst rein, und das Erste was er macht, er guckt: Sitzt mein Haar? Herrlich! So einen hatte ich! Der ist witzig, ja!"

    Thomas findet das witzig – die Mehrheit seiner Kollegen wohl nicht: der Narziss sonnt sich in der Bewunderung anderer, ist teamunfähig, wer sich mit ihm anlegt, wird platt gewalzt, weggedrängt oder gedemütigt.

    Alles nicht sehr schön, aber Thomas weiß: Rache ist ein Gericht, das am besten kalt genossen wird.
    "Es ist immer so: Wie die in den Wald hineinrufen, so kommt es ja auch wieder zurück. Wenn der anfängt, seinen Namen unter Deine Produkte zu setzen, dann hast Du natürlich nach einer Zeit eine gewisse Schwierigkeit und da gibt es natürlich auch Mittel und Wege dagegen zu arbeiten."

    Auch Narzissten begehen Fehler und sie vor anderen auflaufen zu lassen, kann Spaß machen. Geht aber meistens nach hinten los und von daher: Nicht zu empfehlen, sagt die Frankfurter Beraterin Felicitas von Elverfeldt:

    "Der braucht halt extrem viel Lob und Bewunderung. Wenn ich ihm das nicht gebe, weil ich denke, ist doch Kindergarten, wozu sollte ich das tun und ich finde das lächerlich und blöd, dann wird das nix in der Beziehung. Ganz viel Lob, ganz viel Anerkennung und alles, was ich selber vorschlage, ihm so verkaufen, als ob es eigentlich die brillante Idee meines Chefs wäre. Wenn mir das schwerfällt, hat das auch was mit mir zu tun und dann muss ich erst mal an meiner Haltung gegenüber meinem Chef arbeiten."

    Petra hat das getan – und sie glaubt: Narzissten als Chef, das kann für einen Firma gut sein – denn Narzissten sind nicht nur fantastische Verkäufer ihrer selbst, sondern auch der Firma.

    "Es ging auch um Kunden und um Akquise und um die Abteilung und unser Produkt darstellen, und der hat das als Forum genommen, auch sich selbst darzustellen und der hat das Produkt mit ihm in Verbindung gebracht und so 'Boah, toller Typ'. Der konnte wahnsinnig auftreten, er war schon eine beeindruckende Persönlichkeit, er wollte das aber auch sein."

    Wie umgehen? Petra kam frisch in die Abteilung – und bekam von einer Kollegin den Tipp: Sag dem Typ, was für ein toller Hecht er ist.

    "Damals habe ich noch gedacht, ach wie albern! Aber sie hatte vollen Erfolg damit und ich habe das dann ähnlich gemacht – und konnte dann auch davon profitieren. Und witzig ist, dass er in der Abteilung lauter Leute um sich geschart hat, die ihn bewundern. Die tun das auch nur oberflächlich, um davon zu profitieren und wenn sie nach Hause fahren, denken sie sich: 'Naja, der nun wieder'."

    Schlecht, wenn man selbst ein großes Ego hat, aber Petra hat damit Erfolg gehabt.

    "Im Grunde grinst man sich ja einen in dem Moment, also ein bisschen Bewunderung fand er immer super und man hat auch eher mal von ihm Aufgaben gekriegt, die man haben wollte, wenn man genau auf diese Schiene eingegangen ist."

    Völlig richtig, so geht es auch mit dem Narziss. Das empfiehlt die Karriereberaterin Elke Rosemond:

    "Würdigen! Wirklich würdigen! Dieser Mensch muss gewürdigt werden! Ist eine schwierige Nummer. Aber Sie werden nicht mit diesem Mensch in einen Kampf ausarten und es ist es nicht wert."

    Denn im Zweifelsfall gilt: Ist der Narziss ein Chef, dann möchte er nicht von Ihnen hören, dass Sie mehr wissen und können als er, wenn doch, dann nimmt er schnell übel – das kann Ihr Ende sein in dieser Abteilung. Zumal der Narziss sich am liebsten mit Ja-Sagern umgibt.

    Das Zeitalter des Narziss', das waren die 80er und 90er, als sie reihenweise in den großen Konzernen die Macht übernahmen: Piech bei VW, Middelhoff, Schumacher, Mehdorn.
    Doch es gibt Trost für gebeutelte Mitarbeiter: einmal das Wissen, dass sich in den Chef-Etagen nach Forschungen 60 Prozent Neurotiker befinden. Und zum anderen: Der Führungsstil der Zukunft ist kooperativ. Davon ist von Elverfeldt überzeugt.
    "Meine Hypothese ist, dass die nächste Generation, die die jetzt Anfang 30 sind, dass die wieder einen anderen Führungsstil pflegen werden, weil die auch bei ihren Werten wert legen auf Work-Life-Balance."

    Weitere Beiträge der Serie:

    Der Kontroll-Freak - Serie "Die Chef-Typen" - Teil I