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Die letzten Schritte auf dem Weg zur Einheit

Der Ausgang der ersten freien Volkskammerwahl in der DDR am 18. März 1990 war ein eindeutiges Votum für einen raschen Beitritt zur Bundesrepublik gewesen. Der schwierige Weg bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober.

Von Otto Langels | 03.10.2010
    "Es gab in der DDR Hunderte von Büchern, in denen wir nachlesen konnten, wie man von der Marktwirtschaft zur Planwirtschaft kommt, aber es gab leider Gottes kein einziges Buch für den Rückweg." (Lothar de Maizière)

    "Das vereinigte Deutschland wird mit dem Inkrafttreten des Vertrages die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten erhalten." (Hans-Dietrich Genscher)

    "Nach über 40 bitteren Jahren der Teilung ist Deutschland, unser Vaterland, wieder vereint. Für mich ist dieser Augenblick einer der glücklichsten in meinem Leben." (Helmut Kohl)

    DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière, Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und Bundeskanzler Helmut Kohl über den Weg zur deutschen Einheit. Der Ausgang der ersten freien Volkskammerwahl in der DDR am 18. März 1990 war ein eindeutiges Votum für einen raschen Beitritt zur Bundesrepublik gewesen. Die Mehrheit der Bevölkerung hatte für die Abwicklung des eigenen Staates gestimmt. Daraufhin handelte die ostdeutsche Regierung unter Lothar de Maizière, CDU, mit der Bundesregierung einen Staatsvertrag über eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion aus, die am 1. Juli in Kraft trat. An diesem Tag begann die Treuhandanstalt, die gesamte DDR-Staatswirtschaft zu privatisieren. Der Mainzer Historiker Andreas Rödder, der in seinem Buch "Deutschland einig Vaterland" ausführlich die Geschichte der Wiedervereinigung beschrieben hat, über die schwierige Aufgabe der Treuhand:

    "So etwas hat es noch nie gegeben, dafür gab es keine historischen Erfahrungswerte und keine Vorbilder. Am 1. Juli 1990 übernahm die Treuhand 7894 volkseigene Betriebe, denen vier Millionen Beschäftigte angehörten und insgesamt eine Grundfläche, die größer als die Hälfte der Fläche der DDR war."

    Viele volkseigene Betriebe ließen sich nicht gewinnbringend privatisieren, weil sie weder national noch international konkurrenzfähig waren. Die Industrieproduktion ging rapide zurück, es kam zu Massenentlassungen. Dabei wurden auch durchaus rentable DDR-Betriebe abgewickelt, weil sie der westdeutschen Industrie als unliebsame Konkurrenten erschienen. Und mancher Glücksritter aus dem Westen dachte lieber an den schnellen Profit als an den Aufbau zukunftsträchtiger Strukturen. Im Oktober waren bereits eine halbe Million Beschäftigte arbeitslos gemeldet und 1,7 Millionen von Kurzarbeit betroffen. Sechs Jahre später war etwa die Hälfte der ehemals vier Millionen Arbeitsplätze in den Treuhandbetrieben verloren gegangen. Tausende DDR-Unternehmen verschwanden – anders als Bundeskanzler Helmut Kohl prognostizierte – von der Bildfläche:

    "Durch unsere gemeinsamen Anstrengungen, durch die Politik der Sozialen Marktwirtschaft werden schon in wenigen Jahren aus Brandenburg, aus Mecklenburg-Vorpommern, aus Sachsen, aus Sachsen-Anhalt und aus Thüringen blühende Landschaften geworden sein."

    "Kohls Wort von den blühenden Landschaften hat zu hohe Hoffnungen auf schnellen Wohlstand genährt. Die Fehleinschätzungen haben es auf der einen Seite erleichtert, diese weitreichenden Entscheidungen zu treffen, auf der anderen Seite aber den Prozess erschwert",

    Meint der Historiker Andreas Rödder. Die Privatisierung des volkseigenen Vermögens sollte den öffentlichen Kassen einen Überschuss von 600 Milliarden D-Mark einbringen. Stattdessen beendete die Treuhandanstalt ihre Tätigkeit 1994 mit einem Defizit von 230 Milliarden D-Mark:

    "Diese Diskrepanz von sage und schreibe 830 Milliarden D-Mark, die selbst in unseren Zeiten noch sehr viel Geld sind, sagt alles über die Dimension der Aufgabe, aber auch über die Dimension der Fehleinschätzungen, die man seinerzeit vorgenommen hat."

    Die erste frei gewählte DDR-Regierung aus CDU, SPD, Deutscher Sozialer Union, Demokratischem Aufbruch und dem Bund Freier Demokraten bemühte sich, die deutsche Einheit zügig, aber auch selbstbewusst voranzutreiben. Sie wollte ihren Landsleuten nicht das Gefühl vermitteln, "zweitklassige Bundesbürger" zu werden. Doch der wirtschaftliche Niedergang und die Abwanderung vieler DDR-Bürger Richtung Westen erhöhten den Druck, einen möglichst frühen Beitrittstermin anzustreben.

    Rödder:
    "Die finanziellen Zahlungen des Staates waren kaum mehr leistbar, und deswegen ist de Maizière Anfang August zu Kohl an den Wolfgangsee in seinen Urlaubsort gefahren, weil er Sorge hatte, die DDR könnte die Gehälter nicht mehr zahlen und die innere Ordnung würde kollabieren."

    Erschwerend kam hinzu, dass der Bruch der Regierungskoalition im August durch den Rückzug der SPD-Minister aus der Koalition sowie die teilweise chaotisch verlaufenden Sitzungen der Volkskammer nicht unbedingt das Vertrauen der Ostdeutschen in Parlament und Regierung stärkten. Lothar de Maizière:

    "Die letzten Wochen der Volkskammer-Arbeit waren gekennzeichnet von Anträgen des Beitritts, von Ankündigungen des Beitritts, von der Bestimmung von Konditionen und leider damit verbundenen häufigen Streitigkeiten."

    Mitglieder der Bürgerbewegung hatten nach der Wende vorgeschlagen, eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten nach Artikel 146 des Grundgesetzes herbeizuführen und eine neue Verfassung für ein gemeinsames Staatswesen auszuarbeiten. Doch dieser Weg zur Einheit wurde im Sommer 1990 nicht mehr ernsthaft erwogen.

    Rödder:
    "Die Regierung Kohl wollte diese Lösung auch nicht, weil für sie ganz klar war, dass die DDR historisch verloren hatte und der Bundesrepublik beitrat, und die Bundesrepublik das Muster war, das aus der Wiedervereinigung bestätigt hervorgehen würde."

    In der Nacht vom 22. zum 23. August stimmte die Volkskammer in einer Sondersitzung darüber ab, ob die DDR zum 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes beitreten solle. Nach stundenlangen, heftig und emotional geführten Diskussionen verkündete Parlamentspräsidentin Christine Bergmann-Pohl um 2.30 Uhr das Ergebnis.


    "Abgegeben wurden 363 Stimmen, davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden. Mit 'Ja' haben 294 Abgeordnete gestimmt." (Beifall) "

    Nicht alle Parteien begrüßten den baldigen Beitritt. Der PDS-Vorsitzende Gregor Gysi:

    ""Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober (Beifall) beschlossen."

    Anfang Juli hatten bereits Verhandlungen zwischen Vertretern beider deutscher Regierungen über einen zweiten Staatsvertrag begonnen. Nach der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion sollten in einem weiteren Gesetzeswerk Finanz-, Rechts- und politisch-institutionelle Fragen geregelt werden. Auf Bitten von Ministerpräsident Lothar de Maizière wurde die Bezeichnung Einigungsvertrag gewählt:

    ""Der Einigungsvertrag schafft die Voraussetzungen für Investitionen in der DDR und damit auch für Arbeitsplätze. Er wird ein umfangreiches Programm zur Regionalförderung in der DDR einleiten. Es wird das System der sozialen Sicherung, das in der Bundesrepublik gilt, übernommen."

    Einige Fragen blieben strittig und beschäftigten noch Jahre später die Gerichte; darunter die schwierigen Eigentumsverhältnisse und offenen Vermögensfragen, die nach dem Grundsatz "Rückgabe vor Entschädigung" geregelt werden sollten. Dagegen tastete man die Ergebnisse der Bodenreform aus der Zeit der sowjetischen Besatzung nicht an. Eine Entscheidung hinsichtlich der künftigen deutschen Hauptstadt wurde vertagt, die weitergehende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in der DDR blieb für eine Übergangszeit geltendes Recht in den ostdeutschen Ländern. Am 31. August unterzeichneten die Verhandlungsführer DDR-Staatssekretär Günther Krause und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble den "Vertrag zur Herstellung der Einheit Deutschlands". Schäuble erklärte bei der feierlichen Zeremonie im Ost-Berliner Kronprinzenpalais:

    "Heute ist ein Tag der Freude und ein Tag der Zuversicht für alle Deutschen. Freude und Zuversicht darüber, dass die staatliche Einheit nicht nur kommt, sondern dass sie auch in geordneten Bahnen verläuft."

    Zuversicht und Freude sind zwei Jahrzehnte später einer nüchternen Einschätzung gewichen.

    Schäuble:
    "Wir haben uns nicht klargemacht, dass sich eben damit nicht nur für die Menschen in der DDR vieles zum Besseren und sonst überhaupt ändert, sondern dass es notwendigerweise auch für den anderen Teil Deutschlands große Veränderungen mitbringen muss."

    Ensikat:
    "Das Ziel dieses Einigungsvertrages war ja, die Lebensverhältnisse in den östlichen und westlichen Bundesländern einander anzugleichen",

    der Ost-Berliner Kabarettist Peter Ensikat:

    "Nun bin ich nur gespannt, wann Krefeld auf den Stand von Bitterfeld gebracht sein wird (Lachen, Beifall)."

    Auch 20 Jahre nach der deutschen Einheit werden noch Debatten über Gewinner und Verlierer, über alte Seilschaften und Profiteure, über Unrechtsregime oder Konsensdiktatur geführt. "Warum nicht zusammenwächst, was zusammengehört", hat der Leiter des Berliner Forschungsverbundes SED-Staat, Klaus Schröder, eine aktuelle Studie über den Vereinigungsprozess überschrieben:

    "Die Westdeutschen haben mehrheitlich die Wiedervereinigung als Wohlstandsstagnation oder sogar als Verlust erlebt. Insofern ist die 'Westalgie' viel verbreiteter als die 'Ostalgie'. Das sieht man auch bei der Umfrage, bei den Ergebnissen: Wann habe ich persönlich die schönste Zeit erlebt? Eine Mehrheit der Westdeutschen sagt: Vor 1989, eine breite Mehrheit der Ostdeutschen sagt: nach 1989."

    Harte Kritik am Einigungsvertrag übt heute der Sozialdemokrat Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg. 1990 war er Parlamentarischer Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen in der DDR-Volkskammer. Eine Art "Anschlusshaltung" sei verantwortlich für viele gesellschaftliche Verwerfungen nach 1990:

    "Es hätte gerade mental sehr geholfen, wenn quasi Symbolhandlungen stattgefunden hätten, die so aussehen hätten können, dass man sagt, Mensch bei Euch gibt's auch was, was man übernehmen kann, was gar nicht schlecht ausgedacht war, was gut gemacht war. Ich erinnere an die Fragen der Kindertagesbetreuung, der Ganztagsschulen, der Polikliniken, die ja jetzt peu à peu alle zurückkommen."

    Teile der Bürgerbewegung wollten sich damals nicht mit symbolischen Handlungen begnügen. Sie wollten eine reformierte, demokratische, sozialistische DDR als Alternative zur Bundesrepublik, hatten aber, so der Historiker Andreas Rödder, im Sommer 1990 keine überzeugenden Konzepte, ihre Vorstellungen umzusetzen:

    "Das Problem der Oppositionsbewegung war, dass sie a) eigentlich keinen Sinn für die wirtschaftliche Dimension der Probleme hatte und b) in diesem Zusammenhang letztendlich auch nicht in einer wirklichen Verbindung zur Massenbewegung innerhalb der DDR stand, die ihrerseits keine weiteren sozialistischen Experimente, sondern den Beitritt zur Bundesrepublik und die bundesdeutsche Ordnung in der DDR wollte."

    Immerhin errang die Bürgerbewegung einen Erfolg im Umgang mit den Stasiakten. Die Volkskammer hatte am 24. August ein Gesetz verabschiedet, wonach die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit in Ost-Berlin und den neuen Ländern verbleiben und die Opfer Einsicht in ihre Akten bekommen sollten. Der Einigungsvertrag überließ jedoch eine endgültige Regelung dem gesamtdeutschen Parlament. Viele Bürgerrechtler reagierten empört. Sie sahen den Willen der Volkskammer missachtet und fürchteten, dass die Stasiakten im Bundesarchiv in Koblenz verschwinden und damit dem Zugriff der Opfer 30 Jahre lang entzogen würden. Marianne Birthler, damals Sprecherin von Bündnis 90:

    "Hier auf dem Gebiet der DDR leben die Opfer und leben die Täter. Hier liegt die Pflicht zur Aufarbeitung, hier liegt die Last der Aufarbeitung, aber auch die Chance der Aufarbeitung."

    Anfang September besetzten Prominente wie Wolf Biermann und Bürgerrechtler wie die kürzlich verstorbene Bärbel Bohley die ehemalige Stasizentrale in Ost-Berlin. Sie traten in einen Hungerstreik, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

    Bohley:
    "Eine der Wichtigsten ist natürlich, dass das Gesetz vom 24.8. in den Einigungsvertrag kommt und nicht so ein Anhängsel bleibt, was nachher bei anderen Mehrheiten im gesamtdeutschen Parlament durchaus unter den Tisch fallen kann, dieses Anhängsel. Wir wollen wirklich, dass dieses Gesetz fortlaufendes Recht wird."

    Die Proteste hatten Erfolg. In den Einigungsvertrag werde, wie DDR-Staatssekretär Günther Krause am 17. September erklärte, eine Zusatzklausel aufgenommen:

    "Beide Regierungen gehen davon aus, dass sobald wie möglich den Betroffenen auch ein Auskunftsrecht, natürlich unter Wahrung schutzwürdiger Interessen Dritter, eingeräumt werden sollte."

    Am 20. September debattierte der Bundestag in Bonn über den Einigungsvertrag. Die Parteien bewerteten den Weg zur Einheit höchst unterschiedlich. Oskar Lafontaine, Kanzlerkandidat der SPD, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und der Grünen-Abgeordnete Gerald Häfner:

    "Die westdeutsche Wirtschaft boomt, sie macht riesige Umsätze, und in der DDR-Wirtschaft haben wir einen dramatischen Einbruch. Das kann doch wohl nicht die Richtung sein, die am Anfang der deutschen Einheit steht (Beifall)." (Oskar Lafontaine)

    "Wer nur in einer Rede im ersten Teil beschreibt, dass es den Menschen in der DDR zu schlecht geht, und im zweiten Teil beschreibt, dass die Menschen in der Bundesrepublik zu viel zu bezahlen haben, der hat die Aufgabe nicht begriffen, um die es geht, die Menschen nach über 40 Jahren Teilung wieder in einem einen Deutschland zusammenzuführen." (Wolfgang Schäuble)

    "Dieser Einheitsvertrag liest sich wie eine Liste verpasster Chancen. Denn die Chancen, neu zu gestalten am Anfang einer neuen Ära, wären groß gewesen. Es war eine Vereinigung von oben." (Gerald Häfner)

    Trotz unterschiedlicher Auffassungen stimmten die Abgeordneten mit großer Mehrheit, wie Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth verkündete, dem Einigungsvertrag zu:

    "Das Gesetz ist damit angenommen. (Beifall, Singen der Nationalhymne)."

    Am selben Tag stimmte auch die DDR-Volkskammer dem Einigungsvertrag zu. Damit stand der deutschen Einheit innenpolitisch nichts mehr im Wege. Was fehlte, war das Einverständnis der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die nach wie vor eine völkerrechtliche Verantwortung für Deutschland als Ganzes ausübten. Vorbehalte kamen zunächst von sowjetischer, aber auch von britischer und französischer Seite. Die britische Premierministerin Margret Thatcher:

    "Im Falle der Wiedervereinigung würde die deutsche Bevölkerung auf 80 Millionen ansteigen und vielleicht noch zunehmen. Sie hätte dann eine beherrschende Stellung sowohl der Zahl nach als auch durch die wirtschaftliche und politische Macht."

    Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion hätten ihren Widerstand jedoch erstaunlich schnell aufgegeben, sagt der Historiker Andreas Rödder - aus mehreren Gründen:

    "Das eine ist die Dynamik innerhalb der DDR. Die Massenabwanderung, der innere Kollaps der DDR, die einen großen Handlungsdruck für die Bundesregierung schufen, auf den sich die Bundesregierung in ihrer Vereinigungspolitik international immer wieder berufen konnte. Das Zweite – sehr entscheidend – sind die Volkskammerwahlen vom 18. März, mit dem die Ostdeutschen ihr Selbstbestimmungsrecht zugunsten einer schnellen Wiedervereinigung ausgeübt hatten."

    Am 5. Mai kamen die Außenminister der Bundesrepublik und der DDR sowie der vier Siegermächte erstmals zu den sogenannten "Zwei-plus-vier-Gesprächen" zusammen. Die Treffen von Bundeskanzler Helmut Kohl mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush und dem sowjetischen Partei- und Staatschef Michail Gorbatschow machten den Weg zur deutschen Einheit frei. Bis zum September klärten die sechs Verhandlungspartner die internationalen Aspekte einer Wiedervereinigung, die Zugehörigkeit zu den Militärbündnissen und die endgültige völkerrechtliche Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze, aber auch Fragen wie die künftige Truppenstärke der Bundeswehr.

    "Das abschließende Dokument, also das Zwei-plus-vier-Dokument, stellt, wenn es in Kraft tritt, die volle Souveränität des vereinigten Deutschland wieder her. Es löst die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung, es eröffnet ein neues Kapitel deutscher und europäischer Geschichte, es ist ein wahrhaft historisches Dokument",

    erklärte Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher am 12. September 1990, als in Moskau der Zwei-plus-vier-Vertrag unterzeichnet wurde.

    Reportage:
    "Um 12 Uhr, Ortszeit Moskau, war es endlich soweit. Die sechs Außenminister setzten im Hotel Oktober, der pompösen ehemaligen Parteiherberge der KPdSU an der Dimitroffstraße in Moskau, nacheinander ihre Unterschriften unter das Dokument, in Anwesenheit des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Michail Gorbatschow ist der eigentliche Motor der Veränderungen in Europa."

    In dem "Zwei-plus-vier-Vertrag" sowie in dem am nächsten Tag paraphierten deutsch-sowjetischen Partnerschaftsvertrag wurden auch der Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Deutschland bis Ende 1994 und die finanzielle Unterstützung der Truppenverlegung durch die Bundesrepublik in Höhe von zwölf Milliarden D-Mark festgehalten.

    Genscher:
    "Diese beiden wichtigen Staaten, das vereinigte Deutschland und die Sowjetunion, nehmen sich vor, jetzt noch enger zusammenzuarbeiten, nicht nur im Interesse der beiden Staaten, sondern im Interesse einer grundlegenden weiteren Verbesserung der Lage in Europa."

    Nach dem Abschluss der Moskauer Verträge konnte am 3. Oktober um Mitternacht die deutsche Einheit vor dem Berliner Reichstag feierlich vollzogen werden. Die Worte des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker gingen in dem Lärm des Feuerwerks und dem Jubel von mehreren Hunderttausend Menschen unter:

    "(Feuerwerk) Wir sind uns der Verantwortung bewusst, wir wollen in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen. (Nationalhymne)"

    Weitere Informationen zum Thema:
    Schwerpunkt: 20 Jahre Deutsche Einheit