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Die Luftpolizisten

Die mehrere Tausend sogenannten "Centerfluglotsen" kontrollieren in vier Fluglotsen-Centern den Luftraum des Landes kontrollieren. Ein hervorragend bezahlter, aber auch äußerst verantwortungsvoller Job. Doch das Auswahlverfahren gleich am Anfang ist die große Hürde, die es zu überwinden gilt.

Von Ludger Fittkau | 25.09.2012
    Ein Saal so groß wie eine Sporthalle, gefüllt mit Monitorarbeitsplätzen, an denen gleichzeitig rund 100 Menschen arbeiten. Das Fluglotsen- Kontrollcenter der Deutschen Flugsicherung im südhessischen Langen bei Frankfurt am Main erinnert auf den ersten Blick an die Fernsehbilder, die man vom NASA-Kontrollzentrum in Houston/Texas kennt. Das Kontrollcenter Langen ist eines von fünf Fluglotsencentern, von denen aus der gesamte deutsche Flugraum kontrolliert wird – einer der verkehrsreichsten der Welt. Die Atmosphäre ist entspannt, obwohl Konzentration jederzeit gefragt ist, sagt Veronika Bränner. Die 21 Jahre alte Dachauerin steckt in der letzten Phase ihrer rund dreijährigen Ausbildung zur Fluglotsin:

    "Es ist schon wichtig, dass man entspannt bleiben kann und dass man nicht in stressigen Situationen ausflippt. Weil das kann man hier einfach nicht gebrauchen. Aber unter diesem Gesichtspunkt wird man auch in Hamburg ausgewählt. Einen kühlen Kopf bewahren ist auf jeden Fall sinnvoll."

    Hamburg – das ist das Nadelöhr, durch das alle müssen, die Fluglotsen werden wollen. Dort nämlich findet ein einwöchiges Auswahlverfahren statt, das die Flugsicherung gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt durchführt. Wer den Test körperlich und geistig besteht, könnte wohl auch Astronaut werden.

    Um diejenigen herauszufiltern, die für den verantwortungsvollen Fluglotsenjob geeignet sind, braucht die Deutsche Flugsicherung deshalb viel mehr Bewerber als andere Branchen. Von rund 200 Fluglotsen-Bewerbern werden etwa fünf am Ende angenommen. Daraus resultiert ein permanenter Bewerbermangel, der im Grunde nur durch noch mehr Interessenten ausglichen werden kann.

    Stressresistent müssen die Auszubildenden auch sein, wenn ein Pilot aus dem französischen Luftraum kommt und einfach weiter Französisch spricht, obwohl Englisch international die vorgeschriebene Sprache im Flugverkehr ist. Ute Otterbein, Pressesprecherin der Deutschen Flugsicherung:

    "Es ist einfach so, wenn eine einheitliche Sprache - und bei uns in Deutschland ist es eben Englisch - verwendet wird, ist das auch ein Sicherheitsaspekt. Denn bei uns steht natürlich eins über allem und das ist die Sicherheit."

    Um diese jederzeit zu gewährleisten, müssen die angehenden Fluglotsen lernen, sich im Zweifel gegen sehr selbstbewusste Piloten zu behaupten:

    "Auf jeden Fall: Man muss sich oft durchsetzen. Es gibt es auch oft mal, dass die Piloten direkter fliegen wollen und wir denen sagen müssen, es geht aber nicht, weil noch zu viele andere Flugzeuge im Weg sind und dann hat der Pilot auf jeden Fall auch darauf zu hören."

    "Ich bin quasi die Luftpolizei. Das, was ich sage, setzt der Pilot auch um. Es hat was damit zu tun, dass der Pilot die Komplexität nicht erkennt in seinem Cockpit. Er hat zwar ein Display, wo er die anderen Flugzeuge sieht, aber er kennt das Grundkonzept nicht, den Plan, der gerade herrscht um ihn herum."

    Dieser Plan ist nicht so genormt, wie man es sich bei einem stark regulierten Luftraum vorstellt. Ein Fluglotse, so betont Alexander Diolulu, muss auch kreativ sein, wenn er seinen Luftraum bestmöglich aufteilt. Wer auch diese kreative Seite des Berufs mag, belastungsfähig ist und gut Englisch spricht, sollte auf keinen Fall davor zurückschrecken, sich für das Auswahlverfahren in Hamburg zu bewerben, empfiehlt er:

    "In der heutigen Situation, mit dem Arbeitsmarkt und dergleichen, da ist die Absicherung schon sehr, sehr gut und sehr hoch. Der Arbeitgeber ist für junge Leute sehr attraktiv. Für die zwar intensive, aber relativ kurze Ausbildungszeit ist es meiner Meinung nach einer der besten Jobs in Deutschland."

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