Dienstag, 16. April 2024


Die »lyrix«-Gewinner im August 2013

Inwieweit prägt das Meer die Mentalität der Seeleute, der Hafen- und Küstenbewohner? Wo lauern die Gefahren auf hoher See? Welche Geschichten hält der "Tod und das Meer" für euch verborgen?

25.10.2013
    Wellen auf dem Atlantik
    Wellen auf dem Atlantik (picture-alliance/ dpa)
    Im August 2013 besuchte »lyrix« das Altonaer Museum in Hamburg und die Sonderausstellung "Der Tod und das Meer". Diese zeigt das Wechselspiel zwischen Kultur und Gesellschaft vor dem Hintergrund von Tod und Trauer rund um die Seefahrt.

    Eure Gedichte handeln von der Faszination des Meeres, aber vor allem auch von den Gefahren, die es birgt. Von Schiffen bei Sturm und Gewitter, die Seemänner mit sich in die Tiefe des Meeres reißen oder auch vom Leben der wartenden und hoffenden Frauen an Land.
    Andere wiederum schrieben vom Meer als Zufluchtsort, der Trost spendet. In allen Gedichten wird jedoch deutlich, dass das Meer ungeheure Kräfte bereithält, denen die Menschen unterlegen sind.

    Wir haben uns über alle Einsendungen sehr gefreut. Hier kommen die Top 5 eurer Gedichte



    Ohne Titel

    Und er sagte:
    Spring nicht!
    Und Gänsehaut
    kroch
    über Deine Arme.

    Sanfter Nebel sprühte
    vom Oster heran.
    Dunkle Wolken
    zerstoben Wellen
    in brodelnden Tiefen.

    Wind zerzauste
    Dein Haar.
    Aus den Ohrsteckern
    tropfte
    schwere Musik.

    Direkt in Dein Herz.

    Und er sagte:
    Spring nicht!
    Doch tollkühn
    und taub
    warfst Du Dich ins Meer.

    (Elisabeth Fleck aus Jena, CZG Jena, Klasse 12, Muttersprache deutsch)



    Schiffsbruch

    Es war ein grauer Nachmittag,
    als er stach in See,
    seine Frau, die weinte nicht,
    obwohl es tat so weh.

    Er liebte mich, das wilde Meer,
    sie sah nur die Gefahr,
    er mocht´ die neuen Zeiten,
    sie das, was einmal war.

    Da ließ ich meine Tröpfchen los,
    ließ Wellenspritzer fliegen,
    ich lachte auf vor Übermut
    und tat das Schiffsholz biegen.

    Die Schiffsglocke, sie bimmelte
    in ihrem tiefen Ton
    und Seeleute starrten mich an
    ängstlich und voll Argwohn.

    Da türmte ich die Wellen auf
    und ließ sie etwas kreisen,
    sie alle würden früh genug
    zum Abendessen speisen.

    Und plötzlich schrien alle auf
    und sie drückt´ ihre Ketten
    irgendwo in weiter Fern´,
    als könnt´ sie ihn dadurch retten.

    Das Segeltuch beugt´ sich im Wind,
    fast kenterte das Boot,
    er fragte sich zum ersten Mal
    was er war- der Tod.

    Mit Leichtigkeit hob ich es an,
    das Menschen-Glocke-Schiff
    und warf´s vielleicht aus Zufall
    auf das Korallenriff.

    Ich flüsterte: ,,Komm mit mir!´´,
    und nahm ihn bei der Hand
    und alles, was noch übrig war,
    spülte ich an den Strand.

    Nur sie sitzt stundenlang nur da
    und schaut zu mir hinaus
    und redet sich immer noch ein,
    er käme bald nach Haus.
    (Katinka Kultscher aus Hamburg, Helene-Lange-Gymnasium, Klasse 9, Muttersprache deutsch)



    Rettungsschwimmer

    Unter mir waren wogende Wellenfluten
    vergängliche Berge des Sturms
    steigen aus den Tiefen des Meeres
    dem rotschimmernden Himmel
    entgegen. Rotorenlärm des Helikopters
    verschmolzen im Lied der gepeitschten See
    einzig das Licht der Suchenden
    erhält die Hoffnung nach Leben. Ich springe
    der dunklen Hölle entgegen die Gefahr
    vergessen gibt es nur ein Ziel:
    die Menschen retten während die Zeit
    steht still. Jeder Gedanke
    quälende Entscheidung im Kopf "Ich kann
    nur ein Leben fangen." Tödlich
    reißen die Wogen am Schiff
    vor mir zwei Männer verloren. Ich
    packe beide. Meine Flossen tragen uns
    die Hoffnung vor Augen verliere ich
    meine Kräfte doch immer weiter
    und weiter: zwei Leben in der Hand "Ich darf
    sie nicht verlieren." Aber tödlich
    erhebt sich die Gewalt des Ozeans
    vor mir versinkt die blutrote Sonne
    im Schatten unendlicher Wassermassen
    greift die Hand des Todes nach mir
    in der Tiefe kämpfe ich für das Leben
    der zwei. Doch mir blieb keine Wahl
    umklammert vom Meer mich verlässt
    was ich war in jener Nacht
    bei wogenden Wellenfluten
    unter blutrotschimmerndem Himmel.

    Anmerkung: Dieses Gedicht ist den Rettungsschwimmern der U.S. Coast Guard und vergleichbaren Organisationen gewidmet, die auch bei Sturm aufs Meer hinausfliegen, um die Vermissten zu suchen und Menschenleben zu retten, auch wenn sie dabei ihr eigenes Leben in Gefahr bringen.

    (Kathrin Moll aus Altdorf, Gymnasium Neckartenzlingen, Klasse 11, Muttersprache deutsch)



    Die Wartende

    Ihr Blick ertrank in schwarzer Nacht
    Sehnt‘ sich nach weißen Segeln.
    Ihr Aug‘ blickt‘ weit in stummer Wacht;
    Hoffnung und Furcht – in Pegeln
    Erwachen und versinken sie.
    Man hört sie leis sich fragen,
    Ob er nur je gedacht an sie
    An diesen letzten Tagen
    Und ob der Liebe heiße Hand
    Ihn zieht zurück zum Hafen.
    Der Wellen weiches blaues Band
    hält ihn seit sie sich trafen.
    Schon rollt die schwarze Wasserwand
    Zur Wartenden zurück zum Land
    Die Angst in ihrem Herz sich wand
    vom meer geküsst entschlafen

    (Karen Schmitt aus Weinheim, Werner-Heisenberg-Gymnasium, Klasse 11, Muttersprache deutsch)



    Ertrunken

    Der Fluss fließt
    im Rhythmus,
    unwissend
    Richtung Meer.

    Der Anblick des flachen
    über die Steine plätschernden,
    ja spielenden Wassers -
    Er ist friedlich,
    ruhig und
    schön.

    Der Fluss fließt
    im Rhythmus,
    unwissend
    Richtung Meer.

    kaum zu glauben
    dass du darin einst mitgerissen wurdest
    wehrlos und schwach im tosenden gewässer -
    weggeschwemmt und nie
    gefunden

    Der Fluss fließt
    im Rhythmus,
    unwissend
    Richtung Meer.
    Dort, wo du Ruhe fandest.

    (Aaron Schmidt-Riese aus Freiburg i.B., FWS Freiburg-St. Georgen, Klasse 13, Muttersprache deutsch)



    Und hier die Gewinner "außer Konkurrenz"

    (Jeder Teilnehmer kann maximal zweimal Leitmotivrundengewinner werden. Weitere eingesandte Gedichte werden trotzdem von der Jury bewertet. Sollte ein Gedicht nach Punkten unter den besten sein, wird es "außer Konkurrenz" veröffentlicht.)


    Maskerade (2013)

    Kristallen ist die Morgenflut,
    ich rief dich heut' zu mir,
    in engelsgleicher Grazie,
    im Tanz vergehen wir.
    Ich reiche meine alte Hand,
    im Wasser dich zu seh’n,
    um mit dir nun in weißer Gicht
    der Weite
    zu vergeh’n.
    Ich singe dir all meine Lieder,
    'drum bleib nicht länger mehr fort,
    dein Blick ist fern, doch siehst du mich,
    an kühlem, fernen Ort,
    Ophelia, reiche mir den Arm!
    Ich will dich immer tragen,
    in jeder Faser, jeder Naht,
    den Schritt nur musst du wagen,
    ich brauche deine Jugend, deine Wärme
    halt' ich nah,
    der Tod, der Wassers Maske trägt,
    sag', wird er dir gewahr?

    (Julia Fourate aus Nordhofen, Mons-Tabor-Gymnasium, Klasse 13, Muttersprache deutsch)


    o.T.

    Sinken
    Sie steht auf der Klippe
    Lässt den Wind ihre Ohren streicheln
    Ein letztes Mal noch verliebt sie sich
    In die Farben, sie
    Strahlen so schön
    Und als sie fällt, da

    Breitet sie die Arme aus
    Um zu wissen wie es ist, zu fliegen
    Und dann
    Taucht sie
    Ein und Unter
    Die blaue Materie dröhnt in ihrem Kopf
    Alles ist dumpf und unwirklich wie
    Die Nacht
    Ein letztes Wort will sie noch sprechen
    Doch ihre Worte Versinken
    Im Blau
    Weiter
    Weiter und weiter in die Tiefe

    Sinkt sie
    Bis schwärzeste Nacht sie umfängt
    Doch
    Bevor sie am Boden ist
    Tanzt noch ein letzter
    Lichtstrahl
    Auf ihrer
    Haut

    (Lena Hinrichs aus Wentorf, Hansa-Gymnasium Bergedorf, Klasse 8, Muttersprache deutsch)