Donnerstag, 25. April 2024


Die lyrix-Gewinner im Juli 2010

Im Juli haben wir euch um Gedichte zum Thema "Gespräche im Sommer" gebeten.

26.08.2010
    Als Vorlage diente euch Bertolt Brechts Gedicht "Rudern, Gespräche", in dem ein abendliches Gespräch zwischen zwei Ruderern beschrieben wird. In euren Gedichten habt ihr von sommerlichen Unterhaltungen in der Stadt und in der Natur erzählt. Eure Texte handeln von Gesprächen unter Freunden und Liebenden, aber auch von Gesprächen mit dem Sommer selbst. Dabei geht aus vielen eurer Werke hervor, dass es eher die besondere Stimmung ist, die ein Sommergespräch ausmacht, und gar nicht so sehr der Inhalt.

    Im August lautet unser Leitmotiv: Warten auf das was kommt

    Vielen Dank für eure Gedichte! Herzlichen Glückwunsch den Gewinnern!

    Hier die Gedichte der Monatsgewinner:



    Puls

    Dieses Gefühl von Regen auf Asphalt, lauwarm, dampfend,
    Wir haben Staub gefressen, Love,
    Wir haben Regen getrunken
    Wir haben den Beat vom Kopfsteinpflaster geleckt
    Als unsere Füße längst blutige Blasen hatten, als
    Unsere Schuhe längst den Landwehrkanal hinunter trieben
    Und sich zu größeren Helden
    Ins Spreeschlammbett gesellten
    Ich weiß nicht, wann ich das letzte mal
    Müde gewesen bin, ich weiß nicht,
    Wann ich jemals geschlafen habe
    Aber im Morgengrauen
    Hatte ich Worte und Glasscherben zwischen den Zähnen
    Und ich weiß nicht,
    Was wir acht Stunden lang gesprochen haben, aber
    Kurz vor der Dämmerung
    Habe ich dir zugeflüstert, dass alles möglich ist.


    (Josefine Berkholz aus Berlin, Deutschland, Romain Rolland Oberschule, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: deutsch)


    Dem Sommer gesagt

    Der Wind liest mir die Worte von den Lippen
    Der Tag löst sich
    Und ich bin glücklich
    Dass die Wellen des Sees
    Nichts an mich herantragen wollen

    Der Laut des Steins der
    Ins Wasser eintaucht –
    Von sinnleerer Schönheit

    Wortlos die Redekunst der Natur

    Man möchte ihr Worte geben –
    Flaschenpost die keinem Menschen gilt
    Liebesbriefe ohne Empfänger

    Zurück käme nur ein
    Frisches Rauschen der Blätter
    Und das lautlose Mund-Öffnen
    Mund-Schließen der Fische
    synchronisiert
    Vom aufkeimenden Verkehrslärm der Stadt


    (Jonas Kohnen aus Ludwigshafen, Deutschland, Heinrich-Böll-Gymnasium Ludwigshafen, Jahrgangsstufe 11, Muttersprache: deutsch)


    Sommergespräche

    Du, ich und das bunte Blümchenkleid
    Wir ertränkten unsre Sorgen in einem stahlblauen Sommersee
    Und cremten leicht gebräunte Sätze
    Mit Samstag-Nachmittag-Sonnenmilch ein

    Ich, du und das bunte Blümchenkleid
    Wir stopften unsre Urlaubszeit in die roten Rucksäcke
    -die mit dem Reißverschluss-
    und spannten haltende Gespräche
    zwischen unsere Räder, die sich durch den duftenden Sommer
    bewegten

    Wir beiden und das bunte Blümchenkleid
    Vielleicht haben Bäume am Wegesrand
    Unsre Worte eingeatmet
    Und vielleicht flüstern sie diese jetzt dem Vöglein zu
    Das jeden Morgen auf ihrem Ast ein Lied anstimmt

    Und vielleicht singt er dann für
    Dich, mich und das bunte Blümchenkleid


    (Anna Neocleous aus Rietberg, Deutschland, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe 11, Muttersprache: deutsch und griechisch)


    Funkenmeer

    Funken sprühen
    Fast bis in mein Gesicht
    Knacken, Krachen, Knistern
    Höre ich das Feuer
    In der lauen Sommernacht
    Eng umschlungen sitzen wir alleine hier
    Du spiegelst dich in jenen hellen Flammen
    Leise schweigst du in die Nacht
    Gerne würde ich Worte werfen
    In die rote Glut
    Jedoch wären sie wie Wasser
    Sprudelnder Regen
    Der das Funkenmeer ertränkt
    Deshalb sehe ich nur stumm zu dir

    Schatten malen Märchen
    In dein Gesicht
    Leise schweigst du in die Nacht


    (Benita Salomon aus Schriesheim, Deutschland, Kurpfalzgymnasium Schriesheim, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: deutsch)


    wondering if

    dein kuss schmeckt
    nach mangoeis mit
    streuseln, wenn wir rio &
    paris zusammenflüstern
    den sommerschweiß aus
    unserer haut kämmen, wie
    verlauste affen im savannenmond

    ich schäle kippenschachteln & zähle
    die simultanen bässe unserer herzen
    du schläfst deinen orgasmus aus,
    mein arm verschwindet in deinem haselnusshaar

    atem auf atem, schlafe auch ich nun ein
    zwischen deinen ausgeklappten lidern.


    (Viktor Reier aus Bremen, Deutschland, Gymnasium Vegesack, Jahrgangsstufe 13, Muttersprache: deutsch und russisch)