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Die »lyrix«-Gewinner im Juni 2014

Im Juni beschäftigte »lyrix« das Thema "Partnerschaft". Eine Ketubba aus dem Jüdischen Museum Berlin und das Gedicht "hochzeit" dienten euch als Inspirationsquelle.

25.08.2014
    Die tiefstehende Sonne wirft die Schatten eines Paares, das sich an den Händen hält, auf einer Wiese.
    Der Schatten eines Paares. (picture-alliance/ dpa-Zentralbild )
    Im Juni besuchte »lyrix« das Jüdische Museum Berlin mit dem Monatsthema "Partnerschaft". Anhand eurer Einsendungen zeigt sich, wie vielschichtig Partnerschaften sein können und wie wichtig Toleranz und Loyalität in einer Beziehung sind. Ein Teil der Gedichte behandelt das Glück und die Euphorie, insbesondere zu Beginn einer Partnerschaft, in anderen Texten wird auch die Vergänglichkeit oder gar der Stillstand in manchen Beziehungen thematisiert.Im Jüdischen Museum Berlin veranstaltete »lyrix« im Juni gleich mehrere Schreibworkshops für Jugendliche aus der Hauptstadt . Geleitet wurden diese von den Autoren Max Czollek, Nadja Küchenmeister, Kathrin Schmidt und Daniela Seel. Unter anderem entstand das Monatsgedicht von Katharina Buccarello in einer dieser Werkstätten. Hier kommen die fünf Gewinnergedichte im Juni: Ich werd dich mal für immer liebenich glaub ich werd heut früh aufstehen
    gleich rausgehen
    was suchen
    nichts Ernstes
    nur zum Spaß
    und ich glaub wenn ich was finde
    werd ich mich erstmal daran festhalten
    um zu sehen wie das so ist
    das ist nichts Ernstes
    nur zum Spaß
    ich glaub ich werd es dann immer mitnehmen
    überallhin wo ich bin
    und dann werd ich allen zeigen
    was ich da gefunden hab
    ist aber nichts Ernstes
    nur zum Spaß
    und ich glaub das wird eine weile anhalten
    meine Euphorie
    ich werd ein bisschen glücklich sein
    vielleicht
    ist aber nichts Ernstes
    nur zum Spaß
    ich glaub ich werd morgen aufwachen
    gleich rausgehen
    etwas gefunden haben
    was Ernstes
    nicht nur zum Spaß
    und ich glaub wenn ich das herausfinde
    werd ich mich schon eine zeit lang daran festgehalten haben
    weil ich sehen wollte wie das so ist
    was Ernstes
    nicht nur zum Spaß
    ich glaub ich hab es dann schon überall hingetragen
    überallhin wo ich war
    und hab allen gezeigt
    was ich da gefunden hab
    ist schließlich was Ernstes
    nicht nur zum Spaß
    und ich glaub das wird schon eine weile angehalten haben
    meine Euphorie
    ich werd ein bisschen glücklich gewesen sein
    vielleicht ist schließlich was Ernstes
    nicht nur zum Spaß
    Ich glaub ich hab mich ein bisschen verrannt
    beim Suchen und finden
    jetzt ist es zu spät
    um noch mal rauszugehen
    ich glaub
    es war mir zu ernst
    mit meinem Spaß(Victoria Helene Bergemann aus Reinbek, Sachsenwaldschule Gymnasium Reinbek, Jahrgang 1997) Hände HaltenHände, deine Hände
    Verkrampft zitternd -
    Halten sich fest am Stoff
    Wie die Blubberblasen der Cola,
    Die du so gern trinkst,
    Versuchen, an der Oberfläche zu bleiben.
    Der dünne Strich -
    Deine zusammengepressten Lippen
    Wirken wie deine verschatteten Augen.
    Es ist der Moment der Furcht
    Und voller Angst vor dem Ende,
    Trete ich betreten zurück.
    Doch schnell verfliegt deine Anspannung -
    so schnell wie die Blubberblasen
    An der Oberfläche der Cola,
    Die du so gern trinkst.Hände, deine Hände
    Halten mich fest am Kleid.
    Der Wind zerrt daran
    Um es dir zu entreißen
    Doch du lässt nicht los.
    Nicht einmal als ich aufhöre,
    Weinend traurig dich anzuschauen
    Und auf die Cola,
    Die neben dir
    auf deinem Nachttisch steht.Hände, meine Hände
    Halten dein Gesicht, dich -
    Für immer fest
    In der Seele verschlossen.
    Angekettet - nein, zusammen verschmolzen zu einem Ganzen.
    Miteinander lebende Erinnerungen
    Verfliegen mit deinem Abschied.Hände, meine Hände
    Lassen nicht los.
    Nicht dich, nicht uns, wir.
    Auch wenn du schon lange weg bist,
    Bleibst du dennoch
    Ewig bei mir, in mir, mit uns.
    Denn unsere Hände halten:
    Begrüßung, Versprechen, Abschied.
    Und uns. (Katharina Buccarello aus Berlin, Felix-Mendelssohn-Bartholdy Gymnasium, Jahrgang 1997) ToleranzSie läuft durch die sonnigen Straßen,
    spürt die Blicke in ihrem Nacken.
    Die Blumen trägt sie in ihrem Arm,
    sie müsste sich nur umdrehen.
    Einfach.Die Sonnenstrahlen wärmen ihre Haut,
    Männerblicke streicheln ihre Beine,
    lange, nackte Beine und ein Rock.
    Sie könnte jeden haben.
    Einfach.Sie spürt immer noch die Arme,
    fühlt die Wärme um ihre Hüfte.
    Sie lagen den ganzen Tag da,
    sahen sich nur verliebt an.
    Einfach.Sie kommt an einen reißenden Fluss,
    hört das Rauschen von Weitem.
    Mit Sehnsucht denkt sie an die Geliebte, dann steigt sie auf die
    Reling und springt.
    Einfach.(Tabea Lechner aus Kirchheim, Gymnasium Kirchheim, Jahrgang 1997) Waschungwas weinst du, johanna?
    du weinst krank im sarg
    ich hasse die liebe, die das vermagich will dich benutzen
    ich will mich verkanten
    betrunken von säure
    von schmerz und von sommerder asphalt ist viskos ich
    sinke zu den knöcheln die
    häuser schimmeln die
    katzen hechelndein wind ist so lau
    deine augen sind rau
    dein nacken ist blass
    kalt wärmt mich der hasswas tanzt du, johanna?
    du tanzt krank im grab
    ich liebe den hass, der das vermagwill noch mehr fressen
    dann sämig ertrinken
    will tauchen in schleimhaut
    deinen schweißmich an ihm besaufen
    nackt und kalt dich verzehren
    im wald, ich will laufen, laufen
    dir lächelnd ein totes kind gebären(Elias Peschke aus Bad Dürkheim, Werner-Heisenberg-Gymnasium, Jahrgang 1995) _Beziehungstechnisch obsolet_Gäbe es nur uns auf dieser Welt
    Würden Scheidungsraten negativ sein
    Therapeuten wären wie Knallfrösche
    Laut, aber ohne SinnGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Würde das Wort Single
    Zweisamkeit bedeuten
    Und Polygamie absolute EinsamkeitGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Wäre ein Lebensabschnittsgefährte
    Nicht nur für den Abschnitt
    Eines LebensGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Würde niemand sagen:
    „Bis dass der Tod uns scheidet“
    Denn Scheidung kommt für uns nicht in FrageGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Wäre die Monogamie
    Kein kitschiger Film
    Sondern eine spannende SerieGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Stünde die Beziehungsunfähigkeit
    Auf einer einsamen Insel
    Ohne Wasser und BrotGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Würde das tiefe Vertrauen
    Die Eifersucht
    Kaltblütig ermordenGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Wäre eine platonische Freundschaft
    Voller Körperlichkeit
    Und ErregungGäbe es nur uns auf dieser Welt
    Wären die Menschen
    Pinguine oder Schwäne
    Aber definitiv keine Löwen(Marit Reimer aus Lehre, Technische Universität Braunschweig, Jahrgang 1995) Und hier die Gewinner "außer Konkurrenz"(Jeder Teilnehmer kann maximal zweimal Leitmotivrundengewinner werden. Weitere eingesandte Gedichte werden trotzdem von der Jury bewertet. Sollte ein Gedicht nach Punkten unter den besten sein, wird es "außer Konkurrenz" veröffentlicht.) Liebesie saßen beisammen
    sprachen von Daten
    und Fakten und Geld
    kein Blick traf den andren
    stur starrten die Augen
    auf das flimmernde Bild
    sie waren Partner
    geschäftlicher Art
    kühl ihre Köpfe
    erlagen nicht dem Charme
    arbeiteten Tag und Nacht
    (gem)einsamgeordnet geregelt lebten beide
    Ehe hießt ihr Vertrag
    auf dass sie sich treu waren
    ihr Hab und Gut teilten
    gemeinsam die Wohnung bezogen
    von Liebe hatte man nichts gesagtSie saßen beisammen
    sprachen von Daten
    Fakten Geld vorsichtig
    traf ein Blick den andren
    ein Lächeln versuchte sich
    hoffnungsvoll zart(Annabelle Kahmann aus Wuppertal, Gymnasium am Kothen, Jahrgang 1997) Etwas andersIch kenne sie noch nicht lange,
    und doch fühlt es sich an,
    als wäre es schon ewig.
    Ein Leben ohne sie, wäre nicht mehr möglich,
    ich liebe sie.
    Ihre Augen, ihr Blick, ihre Energie und Lebensfreude.Sie tröstet mich, sie ist bei mir,
    sie hat mich nie im Stich gelassen.
    Ich kann auf sie zählen, sie zählt auf mich.Sie hört mir zu, auch wenn ich schweige,
    und wenn sie schweigt, lese ich ihre Gedanken
    In ihren dunklen Augen,
    die sagen: Ich hab dich lieb.Wenn wir zusammen sind,
    ist alles andere egal und nebensächlich.
    Sie ist meine Sonne, wenn es regnet
    und auch sonst.Sie ist, die mich festhält, wenn ich kurz davor bin,
    von der Brücke zu springen,
    sie ist es, die mich bewacht und beschützt.
    Alles würde ich mit ihr teilen
    und sie alles mit mir.Und wir teilen uns alles, unser bescheidenes Leben,
    die Angst, die Sorge, die Kälte und den Dreck der Straße,
    und die paar Münzen, die sie uns zuwerfen,
    uns, dem Penner und seinem Mischling.(Magdalena Wejwer aus Umkirch, Wentzinger Gymnasium, Jahrgang 1997)