Freitag, 19. April 2024


Die »lyrix«-Gewinner im März 2012

Dass man das Blau zum Klingen bringen kann, zeigen die Gedichte von Hans Arp und Rose Ausländer. Wie auch die Bilder Yves Kleins können sie zahlreiche Stimmungen und Assoziationen im Leser oder Betrachter wachrufen. So denkt man vielleicht an die Tiefe des Meeres, das Blau des Himmels oder der Nacht, aber auch an das Unbewusste, Verborgene oder sogar Unheimliche.

01.05.2012
    Wie viel mehr man aber außerdem mit dem Thema "Blau" verbinden kann, zeigten die Gedichte, die ihr uns geschickt habt. Darin ging es um die unzähligen Formen und Gestalten, die das Blau annehmen kann. Von Kobaltblau über Cyan bis Preußischblau fanden zum Beispiel die Farbtöne Eingang in eure Sprache. Aber auch Redewendungen wie beispielsweise das blaue Wunder, blaue Briefe, die blaue Stunde, das blau sein, die Blaupause oder der blaue Traum, wurden in euren Versen verarbeitet. Gefühle wie Liebe, Freiheit, Kälte, Ruhe, Einsamkeit oder bestimmte Momente, wie uns eure Lyrik zeigt, können das Blau zum Zustand werden lassen.

    Euer Umgang mit dem Thema macht deutlich, dass Blau sehr viel mehr als nur ein Farbton ist und es unendlich viele Möglichkeiten und Wege gibt, sich damit auseinanderzusetzen. Nicht nur Künstler und Dichter versuchen, das Blau aus verschiedenen Perspektiven zu erfassen, es mit neuen Bedeutungen zu versehen, sein ganzes "Farbspektrum" auszuloten. Auch ihr könnt "aus dem Blauen schöpfen". Die Gedichte, die uns erreicht haben, zeigen das auf eindrucksvolle Weise.

    Unsere Jury hat die fünf besten Gedichte ausgewählt.

    Wir gratulieren den Gewinnern und präsentieren euch die Texte der Leitmotivrundengewinner aus dem März 2012:


    460-480nm

    Stille. Weite. Sucht.
    Einheit. Ferne. Flucht.
    Kälte. Klarheit. Wucht.
    Beisammen. In der blauen Bucht.

    Alles blau um mich herum.
    Ich selber blau. Es war der Rum.
    Die blaue Stunde bald beginnt.
    Das blaue Blut mir schon gerinnt.

    Wasser. Wellen. Welt.
    Leben. Streben. Geld.
    Glauben. Himmel. Zelt.
    Alles nichtig. Blau entstellt.

    Alles Blau stürzt auf mich ein.
    Ich fahr ins Blaue. Rückkehr? Nein!
    Das blaue Wunder wollt ich wissen.
    Das Blau vom Himmel ich gerissen.


    (Timo Speith aus Höxter, Gymnasium Brede, Klasse 12,
    Muttersprache Deutsch)


    Ohne Titel

    Rauschend
    Knisternd
    Wie von Zauberhand
    Wirft das Meer eine Welle nach der anderen
    Über den Kies
    Mit ihm kommen
    Wasserschätze
    Salzig
    Verkrustet
    Und zugleich wunderschön und unergründlich
    Wie aus dem Nichts
    Flüsternd
    Streichelt der Wind durch den Sand
    Durch das Gras
    Treibt körnigen Zucker über Gegenden
    Ein Feuerball am Horizont
    Unbeschreiblich und
    Gefährlich schön
    Beginnt das
    Blaue gläserne Universum
    Zu brennen


    (Lena Leix aus Augsburg, A.B. von Stettensches Institut, Klasse 9,
    Muttersprache Deutsch)


    Himmel, Jeans & Meer
    oder: Der Versuch einem Blinden das Blau zu erklären


    Einst fragte mich ein blinder Mann,
    wie denn die Farbe Blau so wär´,
    ich dachte und dachte und dann fing ich an:
    "Blau ist der Himmel und blau ist das Meer.

    Die Farbe des Königs: samtenes Blau;
    Saphir, Cobalt, Vergissmeinnicht,
    im funkelnden Auge so mancher Frau
    oder in Jeans - verwaschen und schlicht.

    Du kannst das Blaue vom Himmel lügen,
    wenn du blau bist dein blaues Wunder erleben,
    bläu´s dir ein, blaue Briefe wollen dich rügen
    und ärgerst du jemanden grün und blau, kann´s auch mal ein blaues Auge geben.

    Blau ist so vieles, blau tut so gut,
    Farbe der Ruhe, Unendlichkeit,
    schenkt dir Vertrauen, gibt Hoffnung und Mut,
    so kühl, so vernünftig, so weise, so weit."
    Ich sprach: "Du bist blind, welch Unrecht! Welch Hohn!
    Bekamst nie die Freuden des Blaus zu Gesicht!"
    Er sagte: "Das alles, das hab ich doch schon:
    Vertrauen und Freiheit, nur seh ich's halt nicht."

    Wollt´ einem Blinden das Blau erklären,
    indem ich Vergleiche, Metaphern nannte,
    doch konnte er mich schon in Kürze belehren,
    dass er die sanfte Farbe längst kannte.


    (Anna Wolf aus Brandenburg an der Havel, Evangelisches Domgymnasium
    Brandenburg an der Havel, Klasse 10, Muttersprache Deutsch)


    Ohne Lichtblick im Meer

    Mit dir verbinde ich alles,
    die Luft zum Atmen,
    das Wasser zum Spüren,
    den Himmel zum Sehen,
    die Kälte zum Fühlen.
    Versinke allein in der Kälte,
    du schnürst mir die Luft ab,
    ich will schreien,
    du hinderst mich dran.
    Ganz langsam und doch voller Wucht,
    lässt du mich stranden in dieser Nacht,
    mit blauen Fingern und kalten Gesicht,
    wurde ich gefunden, allein in der Bucht.


    (Josephin Küttner aus Berlin, Immanuel-Kant-Gymnasium, Klasse 8,
    Muttersprache Deutsch)


    Der Regenbogen

    Ich schwimme in blauen Gewässern,
    merke wie langsam der Stress sich von mir löst,
    ich fühle mich frei, wie ich in dem unendlich großen Meer schwimme.
    Ich atme die Luft ein, die wie Nahrung auf meine Sinne wirkt.
    Keiner umgibt mich, ich genieße die Ruhe mit mir allein
    und wenn ich merke, dass es mir zu viel wird,
    dann tauche ich runter,
    runter in das Meeresparadies.
    Ich habe einen klaren Kopf,
    ich genieße den Moment,
    ich erkenne die Farbpalette des Blaus:
    Das Hellblau berührt mich leicht, kaum merklich,
    das Blau flüstert ganz leise, kaum verständlich,
    das Dunkelblau kommt auf mich zu, erschrecklich.
    Das Brilliantblau funkelt und lächelt mich an,
    das Azurblau umarmt mich ganz aufdringlich
    und das Nachtblau begleitet mich auf meinem Weg.
    Ich schwimme einen Regenbogen entlang,
    einen Regenbogen der blauen Farben.


    (Karina Mamyan aus Stuttgart, Ferdinand-Porsche-Gymnasium, Klasse 10,
    Muttersprache Russisch)