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Die Macht von Schwarz und Weiß

Warum haben Zebras Streifen? Darüber rätseln Biologen schon seit Jahrhunderten. Hypothesen gibt es jede Menge: Die Streifen tarnen die Zebras im hohen Gras oder sie kühlen die Tiere in der Hitze Afrikas. Ein ungarisch-schwedisches Forscherteam hat jetzt eine neue Erklärung: Die Streifen schützen die Zebras vor Bremsen.

Von Marieke Degen | 21.02.2012
    Ein ganz normales Pferdegestüt in Ungarn. Die Weiden leuchten saftig grün, es wimmelt von Bremsen. Nur die Pferde auf der Koppel stehen seltsam starr auf Europaletten. Die Pferde sind aus Plastik. Lebensgroß, und für Bremsen täuschend echt.

    "Die Pferdemodelle waren unterschiedlich angemalt – eines war braun, eines schwarz, eines weiß, es gab ein gepunktetes und ein Modell, das aussah wie ein Zebra: schwarz-weiß gestreift. Die Plastikpferde waren mit Insektenkleber bestrichen, so dass die Bremsen auf ihnen kleben geblieben sind und wir sie zählen konnten."

    Susanne Åkesson ist Biologin an der Universität von Lund in Schweden. Sie und ihre ungarischen Kollegen wollten herausfinden, welche Pferde für die Bremsen besonders verlockend sind.

    "Die dunklen Pferdemodelle haben die meisten Bremsen angezogen, das weiße Modell schon sehr viel weniger. Aber die wenigsten Bremsen haben wir auf dem gestreiften Modell, auf dem Zebra gefunden. Durch das Streifenmuster sind Zebras also offenbar gut vor den Bremsen geschützt."

    Die Streifen schützen die Zebras also vor den lästigen Blutsaugern. Damit haben die Forscher vielleicht ein altes Rätsel der Biologie gelöst: Warum das Zebra überhaupt Streifen hat. Es gibt dazu eine ganze Reihe von Hypothesen. Die Streifen seien Tarnung, sagen die einen, oder Erkennungsmuster für Artgenossen, sagen die anderen. Aber:

    "Manche Ideen erscheinen durchaus logisch, sind aber nie wirklich kritisch überprüft worden, in Experimenten. Das ist das große Manko. Und das haben Forscher auch immer wieder kritisiert."

    Bremsen sind in Afrika besonders gefährlich, weil sie eine Menge Krankheiten übertragen. Doch die Bremsen nehmen die Zebras kaum wahr – dank der Streifen.

    "Wir wissen, dass Bremsen polarisiertes Licht gut wahrnehmen können, so, wie es von Wasser reflektiert wird. Deshalb können sie Tümpel oder Seen aufspüren, wo sie trinken und ihre Eier ablegen."

    Susanne Åkesson hat schon vor ein paar Jahren entdeckt, dass dunkle Pferde das Licht genauso reflektieren wie Wasser. Die Bremsen können sie erkennen, dunkle Pferde sind für sie also im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen. Ganz anders weiße Pferde. Weiße Pferde senden andere Lichtsignale aus, deshalb sind sie für die Blutsauger weit weniger attraktiv.

    "Wir haben auch das polarisierte Licht gemessen, dass die Modelle reflektiert haben. Die große Überraschung für uns war, dass die gestreiften Oberflächen noch viel weniger Bremsen angezogen haben als die weißen. Und das, obwohl die Streifen ja zum Teil schwarz sind, also polarisiertes Licht reflektieren."

    Ein schwarzes Haarkleid schützt vor der Sonne, ein weißes vor lästigen Blutsaugern. Mit der Schwarz-Weiß-Kombination sind die Zebras in Afrika also gut aufgestellt, sagt Susanne Åkesson.

    "Das sind unsere Ergebnisse. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass die anderen Hypothesen, wozu die Streifen gut sein könnten, falsch sind. Es könnte ja auch sein, dass die Streifen verschiedene Vorteile mit sich bringen."

    Aber nicht von Bremsen belästigt zu werden und in Ruhe grasen zu können – das allein sei auch schon ein guter Grund für ein extravagantes Haarkleid.