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Die Putin-Show

Seit Putins Machtantritt im Jahr 2000 büßten die Medien des Landes immer mehr Freiheiten ein, erwarb der Staat mehr und mehr Anteile an den nationalen Fernsehsendern. Der Präsidentschaftskandidat und Protegé Putins, Dmitri Medwedew, verspricht, nach seiner Wahl die "Unabhängigkeit der Massenmedien" zu verteidigen. Kritiker halten dies für rhetorische Heuchelei.

Von Eleni Klotsikas | 01.03.2008
    "Wenn ich sehe, dass der erste russische Fernsehkanal seine Abendnachrichten damit aufmacht, wie der Präsident Wladimir Putin auf einer Farm einem Kälbchen die Flasche gibt, wenn dieser dann in der Mitte der Nachrichten noch mal auftaucht, wie er einen verdienten Wissenschaftler besucht","

    dann fühlt sich Klaus Bednarz an die alten Sowjetzeiten erinnert, als er Ende der 70er Jahre ARD-Korrespondent in Russland war:

    ""Der Personenkult im russischen Fernsehen hat für mich heute fast schon das gleiche - in Anführungsstrichen - Niveau erreicht, wie ich es zu Breschnew-Zeiten erlebt habe."

    Die landesweiten Fernsehkanäle, ob privat oder staatlich, sind unter Putin in den letzten Jahren auf eine Kreml-treue Linie gebracht worden. Der russische Staat kaufte entweder durch seine Medienholding oder durch den Energiekonzern Gazprom Mehrheitsanteile an nationalen Fernsehsendern. So auch an dem "Ersten Kanal", der mit einer wöchentlichen Zuschauerschaft von 80 Prozent der Bevölkerung mit Abstand Marktführer ist. Die noch in den 90er Jahren ausgestrahlten kritischen Politiksendungen wurden nach und nach aus dem Programm verbannt. Die Nachrichtensendungen wurden zur Putin-Show. Die Einseitigkeit der Berichterstattung zeigte sich vor allem kurz vor den Duma- und auch jetzt zu den Präsidentschaftswahlen, sagt Jakob Preuss, GUS-Referent bei Reporter ohne Grenzen:

    "Das war ganz eindeutig, dass in den Nachrichten wirklich eine tendenziöse Berichterstattung ablief, dass über die Jugendbewegung Naschi, die den Präsidenten Putin unterstützt, immer in positivsten Worten berichtet wurde, wie sich da die Jugendlichen mobilisieren, und jede Oppositionsveranstaltung immer so dargestellt wurde, als ob das nur Ausländer und ein paar Verrückte seien, die sich dort sammeln."

    Anders sieht es noch bei den Printmedien aus: Zwar kauften sich in den letzten Jahren Kreml-freundliche Oligarchen in angesehene Zeitungen wie die "Nowaja Gazeta" und in "Kommersant" ein, doch von einer Gleichschaltung der Presse könne man keinesfalls reden, sagt der in Moskau arbeitende FAZ-Korrespondent Michael Ludwig. Beispiele für kritischen Journalismus gäbe es noch genug, das Problem sei jedoch ein anderes:

    "Nur die Verbreitung, die ist nicht gewährleistet im ganzen Land. Das ist alles auf die großen Städte beschränkt, und der Rest des Riesenlandes informiert sich über das Fernsehen, und die großen Fernsehkanäle sind zentral gesteuert."

    Kritisch berichtende Journalisten geraten zunehmend unter Druck, wenn sie heikle Themen recherchieren. Seit dem Jahr 2000, seit Putin Präsident ist, sind allein 13 Journalisten gewaltsam ums Leben gekommen. Keiner dieser Morde wurde wirklich aufgeklärt. Russlandexperte Klaus Bednarz sieht darin keinen Zufall mehr:

    "Tatsache ist, dass allein eine Zeitung, und zwar diejenige, die am kritischsten gegen die Entwicklung in Russland Position bezogen hat, nämlich die Nowaja Gazeta, in den letzten Jahren drei Redakteure verloren hat, die umgebracht wurden, entweder mit einer Autobombe in die Luft gejagt, entweder auf eine andere Weise oder wie Anna Politkowskaja erschossen wurde. Das kann kein Zufall sein!"

    Eines ist auch klar: Nach acht Jahren mit Putin an der Macht ist in Russland von der Presse- und Meinungsfreiheit der Postsowjetära der 90er Jahre nicht viel übrig geblieben.