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Die Renovierung der Berliner Staatsoper Unter den Linden

Steigendes Grundwasser und morsche Mauern verzögern die Sanierung der Berliner Staatsoper Unter den Linden. 240 Millionen Euro sollte die Renovierung kosten, mittlerweile ist man bei knapp 300 Millionen Euro angekommen. Und die geplanten drei Jahre Umbauzeit sind auch bald vorbei.

Von Claudia van Laak | 13.08.2013
    "Theoretisch wären wir jetzt zwei Monate vor der Eröffnung, richtig."

    Und praktisch? Regula Lüscher, Berlins Senatsbaudirektorin, lacht.

    "Dauert es noch ein wenig."

    Optimismus gehört dazu, sonst könnte die gebürtige Schweizerin ihren Job als Berliner Stadtarchitektin nicht machen. Die Sanierung der Staatsoperwird vermutlich dreimal länger dauern als die ursprünglichen Bauarbeiten. Nur zwei Jahre sollen die Handwerker unter Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff gebraucht haben. Am 7. Dezember 1742 wurde die Königliche Oper vom Preußenkönig Friedrich II. feierlich eröffnet – heute gilt sie als weltweit erstes frei stehendes Theatergebäude.

    "Es ist natürlich ein ganz wichtiges Haus für Berlin. Natürlich hat man Kostensteigerungen, man hat Verzögerungen, man hat unendliche viele Überraschungen, aber bautechnisch und gestalterisch ist es natürlich eine großartige Baustelle."

    Die 51-jährige Architektin setzt ihren weißen Bauhelm auf, deutet in die Baugrube hinter der Staatsoper – hier ruht eine der vielen unangenehmen Überraschungen. Geplant ist ein geräumiger Tunnel, der die Oper mit dem benachbarten Probengebäude verbindet – damit Musiker, Sänger, Instrumente und Kulissen trocken, schnell und unbeschadet den Ort wechseln können.

    "Das, was wir vor uns sehen, das ist die Baugrube für diesen Tunnel. Das Problem war, dass wir die Sohle von unten nicht dicht bekommen haben, und darum musste man die Sohle, statt anderthalb Meter, drei Meter dick betonieren."

    Es ist das Grundwasser, das der Stadtarchitektin die Sorgenfalten auf die Stirn mit den vielen Sommersprossen treibt. Es ist in den letzten 200 Jahren um etwa 10 Meter gestiegen, erzählt Senatsbaudirektorin Lüscher, während sie über Stahlträger und Rampen balanciert und das eigentliche Operngebäude betritt. Von der Hinterbühne stehen nur noch die Wände und ein sie stabilisierendes Stahlgerüst. Auch hier: Von allen Seiten drückt das Grundwasser.

    "Also, die Bühnentechnik ist ja um die 500 Tonnen schwer. Und wenn man die rausnimmt, dieses Gewicht rausnimmt, dann schwimmen die Bühne und das Gebäude hoch. Wie eine Ente in einer Badewanne, ja."

    Als die alte Bühnentechnik entfernt war, kam die nächste unangenehme Überraschung.

    "Dann hat man festgestellt, dass die Mauern sehr, sehr morsch sind, und hat dann gesehen, dass man, bevor man das Dach wegnimmt, von innen her diese Mauern stabilisieren muss, auseinanderdrücken muss, bevor man das Dach wegnimmt, damit das Haus nicht einbricht."

    Das Dach der Staatsoper muss weg – es wird um etwa fünf Meter angehoben. Ein millionenschwerer, komplizierter Umbau, der das Saalvolumen erhöht und die Akustik merklich verbessert. Die Steuermillionen sind dafür gut angelegt, meinen Experten wie Albrecht Thiemann, Chefredakteur der Zeitschrift "Opernwelt".

    "Das A und O eines guten Opernhauses ist die Akustik im Saal. Und wenn man die Chance hat, einen Raum akustisch zu überarbeiten oder akustisch neu zu gewinnen, dann sollte man diese Chance ergreifen und bereit sein, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen."

    Mit der Anhebung der Decke um etwa fünf Meter sind das Land Berlin und das beauftragte Architekturbüro HG Merz auch einem dringenden Wunsch des Generalmusikdirektors Daniel Barenboim nachgekommen. Der Pianist und Dirigent soll auf jeden Fall in der Hauptstadt gehalten werden. Kurz vor dem Umzug der Staatskapelle in ihr Ausweichquartier - das Schillertheater - sagte Daniel Barenboim:

    "Eine Frau, die in einem gewissen Alter zu einer Lifting-Operation geht, zu einer kosmetischen Chirurgie, ist nicht traurig. Sie freut sich, dass nach der Operation man wird die Falten nicht sehen. Wir werden in drei Jahren zurückkommen in die Staatsoper, und sie wird noch schöner und noch besser sein, als wir sie jetzt verlassen."

    Diese drei Jahre sind fast vorbei – doch Daniel Barenboim wird vermutlich noch weitere zwei oder drei Jahre warten müssen, bis er mit seiner Staatskapelle zurückziehen kann in die dann sanierte Staatsoper Unter den Linden.

    240 Millionen Euro sollten Umbau und Sanierung ursprünglich kosten, mittlerweile ist man bei knapp 300 Millionen Euro angekommen – jede weitere Verzögerung kostet 1 Million Euro im Monat. Das Nachsehen hat dabei das Land Berlin – der Bund hat vorausschauend gehandelt und seinen Zuschuss auf 200 Millionen Euro gedeckelt.