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Die schuldenfreie Kommune Langenfeld setzt auf Bildung

Vor gut 20 Jahren entschloss man sich in Langenfeld nur noch Geld auszugeben, das man hatte - ein rigider Sparkurs wurde eingeschlagen. Seit knapp zwei Jahren ist die Stadt schuldenfrei - und kann wieder investieren: Mit 1,4 Millionen Euro auf drei Jahre verteilt setzt man hier hörbar auf Bildung.

Von Katrin Sanders | 26.05.2010
    Gerade acht Monate ist es her, dass an der Kopernikus Realschule Langenfeld 28 Kinder mit der ersten Bläserklasse gemeinsam ins fünfte Schuljahr starteten und schon können sie gemeinsam musizieren. Jeder hält ein neues Instrument in der Hand, es ist von der Schule geliehen. Florian spielt Klarinette:

    "Wir durften uns am Anfang drei Wunschinstrumente aussuchen und das haben wir auch so ziemlich gekriegt dann und das durften wir auch spielen."

    So wie Florian lernen auch die meisten anderen aus der 5b ihr erstes Instrument überhaupt. Ein Blasinstrument ist teuer und ebenso der Unterricht. In der Bläserklasse zahlen die Eltern 30 Euro im Monat für Miete und Gruppenstunden durch Musikschullehrer:

    "Wir haben halt zwei Bläserklassenstunden. Da spielt die ganze Klasse zusammen, halt in den Gruppen und dann hat jede Instrumentengruppe noch Einzelunterricht. Das ist eine zusätzliche Stunde, die wir noch nach dem Unterricht haben."

    Sagt Anna. Instrumente, Lehrerfortbildung und Einrichtung der Bläserklasse haben die Schule 35.000 Euro gekostet. Das Gesamtbudget der Realschule liegt bei gerade 13.000 Euro jährlich. Das zusätzlich benötigte Geld kommt aus der Langenfelder Qualitätsoffensive. 200 Euro pro Schulkind, 150 pro Kindergartenkind hatte der Rat der Stadt für Bildung bewilligt, als Anschubfinanzierung für pädagogische Schwerpunkte: Sprachförderung, Toleranzprojekte, Hochbegabtenförderung, Laborkonzepte oder Bewegungskindergärten konnten entwickelt werden. Ulrich Moenen vom Schulamt der Stadt Langenfeld:

    "Auch wichtig: Schulen signalisieren, dass rege starke Diskussion entstanden ist, inhaltliche Diskussion. Das hat richtige Motivationsschübe in den Kollegien gebracht und das ist etwas, was wir für unsere Kinder auch nur wünschen können."
    Das Extra-Budget ist, so Bürgermeister Frank Schneider, in Wahrheit eine Bürger-Dividende. Eine Rückzahlung für die mageren Jahre, die hinter der Stadt und ihren Bewohnern liegen.

    "Als es zur Schuldenfreiheit kam, haben wir immer gesagt, wir verlangen dem Bürger viel ab, weil er auch selbst sparen musste, beitragen musste. Wir haben aber auch immer gesagt, wir geben dem Bürger das zurück. Wir verstehen uns hier als Stadt-AG und unsere Firmen und Bürger sind unsere Gesellschafter und die kriegen natürlich ihre Dividende hinterher, wenn das Geld wieder da ist."
    Das ist - wieder - da, dank einer konsequenten Wirtschaftspolitik. Neue Gewerbegebiete und die gezielte Ansprache von Firmen bringen hohe Gewerbesteuereinnahmen - und immer geht ein Teil an die Bürger zurück: So legte die Stadt einen Gesellschaftsfonds mit fünf Millionen Euro auf, aus dem Vereine für Projekte, Weiterbildung oder Sportgeräte Geld bekommen können. Denn auch das ist Bildung und die gilt im Rat der Stadt - genau wie die Erschließung von Gewerbegebieten auch - als Standortfaktor.

    "Die Firmen, die nach Langenfeld kommen, die uns Arbeitsplätze bringen und dann auch die Gewerbesteuer bringen, die fragen nach Kindergärten, die fragen nach Schulen. So und das sind ja Standortfaktoren, die bei Firmen dafür werben nach Langenfeld zu kommen. Und da ist Bildung ganz wesentlich: Das interessiert jede junge Familie, was passiert mit meinen Kindern in der Stadt."
    Sie können zum Beispiel eine Stadtbibliothek nutzen, die in Kommunen vergleichbarer Größe längst geschlossen wäre. Jedes zweite Kind in Langenfeld ist außerdem im Sportverein und profitiert von den vielen gut gepflegten Sportstätten. Ein "Kulturelles Forum" kann man sich leisten, weil 60 Ehrenamtliche Führungen und Thekendienste übernehmen. Ehrenamt und Sparkurs, dazu hohe Investitionen in zusätzliche Bildung - die Rechnung sei aufgegangen, sagt Ulrich Moenen vom Schulamt:

    "Sodass wir dann auch bei den ersten Delfin-Tests für die Vierjährigen, dass die Stadt Langenfeld allein im Kreis Mettmann eine Vorreiterrolle hatte, weil hier die wenigsten Kinder danach noch mal zu fördern waren, das sind schöne Ergebnisse, dass man damit Erfolg haben kann."

    Erfolg haben auch die neuen pädagogischen Schwerpunkte. Mehr Eltern als im Vorjahr wählten die Kopernikus Realschule, weil die Bläserklasse Vorteile verspricht, sagt die Schulleiterin Sigrid Scheibe.

    "Es gibt ja inzwischen auch wissenschaftliche Untersuchungen, dass Schülerinnen und Schüler, die ein Instrument lernen, sich auch anders entwickeln. Stärker auf den Unterricht konzentrieren können, teamfähig sind, denn sie müssen ja auch lernen auf andere zu hören und wir können das nach der kurzen Zeit schon bestätigen."
    Und für die Kinder der 5b ist ohnehin klar: Die Extrabildung ist eine kluge Investition:

    "Ja, auf jeden Fall, auf jeden Fall!"

    "Musikmachen, Blasinstrument, toll kann ich dazu nur sagen."

    "Das ist spannend zu lernen und ist ein tolles Hobby."

    "Weil es uns Spaß macht, weil wir viel draus lernen."