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Die Schweiz und das Steuerfluchtgeld

Für Deutschland soll die sogenannte Abgeltungssteuer den Steuerstreit mit der Schweiz ein für alle Mal beenden. Der Vorteil für die Banken und deren Kunden wäre, dass das Schwarzgeld anonym abgegolten wird. Doch der Widerstand im deutschen Bundesrat ist massiv.

Von Kristin Hausen | 19.06.2012
    Zwei Milliarden Euro wurden im vergangenen Monat abgehoben. Dass ein nicht unerheblicher Teil über Mittelsmänner auf Konten in der Schweiz transferiert wird, gilt als wahrscheinlich.

    "Die Schweiz ist ein sehr, sehr stabiles Land,"
    … sagt Sindy Schmiegel aus der Kommunikationsabteilung des Schweizerischen Bankiersverbandes swissbanking.

    "Und heute suchen Investoren Sicherheit und die werden sie in der Schweiz finden.”"

    Und mit Griechenland hat die Schweiz vor zwei Jahren eine Quellensteuer auf Zinserträge von nur sieben Prozent ausgehandelt. Deutsche Bankkunden in der Schweiz müssen ab 2013 mehr auf Kapitalerträge zahlen. Und wer nicht deklarierte Vermögen hat, muss mit einem Steuersatz zwischen 21 und 41 Prozent rechnen, das ist dann die Abgeltungssteuer, eine Nachzahlung für Steuern, die dem deutschen Staat über Jahre entgangen sind. Wie hoch die Nachzahlung ausfällt, hängt davon ab, wie lange das Schwarzgeld schon in der Schweiz liegt. Der Vorteil für die Banken: Sie müssen die Namen ihrer Kunden nicht preisgeben, weil diese alten Schwarzgelder anonym abgegolten werden können. Die Banken behalten die Steuer ein und überweisen sie den deutschen Behörden.

    ""Der Vorschlag der Bankiersvereinigung ist die Abgeltungssteuer. Dass mit einer Abschlagszahlung die ganze Vergangenheit geregelt ist und von dem Moment an das Geld offiziell ist und versteuert ist."

    Man hört ihn förmlich aufatmen bei diesen Worten, den Basler Privatbankier Christoph Gloor von "La Roche & Co. Banquiers". Gloor ist ein feingliedriger Mann mit sparsamer Gestik. Zurückhaltend, nachdenklich. Seine Kunden haben im Durchschnitt eine halbe bis eine Million Euro angelegt, manche auch deutlich mehr. Viele Kunden leben in Deutschland.
    "Die haben das Schwarzgeld in einer Zeit geschaffen, wo die Erinnerung an Zweiter Weltkrieg und Währungsreform noch sehr präsent war und jetzt ist die Generation an Besitzern, die haben die Zeiten nicht gekannt."
    Menschen, die das Geld zum Teil gerne abheben möchten. Dazu muss es aber erst einmal ordentlich versteuert sein. Insofern findet Privatbankier Christoph Gloor, die Abgeltungssteuer sei durchaus auch im Interesse seiner Kunden; er befürwortet das Modell. Was ihm nicht gefällt, ist der Begriff, den der Schweizerische Bundesrat gewählt hatte, um in den Verhandlungen mit dem deutschen Finanzministerium zu punkten: Weißgeld-Strategie.

    "Wir sind nicht sehr glücklich. Weißgeldstrategie steht zu stark im Widerspruch zur Schwarzgeldstrategie."

    Christoph Gloor haftet als Teilhaber der Bank mit seinem Privatvermögen und will den Steuerstreit mit Deutschland endlich beilegen. Er schade nämlich dem Geschäft. Die Unsicherheit über die zukünftige Behandlung ausländischer Kunden sei Gift für den Finanzplatz Schweiz, sagt Gloor, der als Vertreter der Privatbankiers in der Schweizerischen Bankiersvereinigung swissbanking sitzt.
    Claude-Alain Margelisch, der Geschäftsführer von swissbanking, erinnert sich an das monatelange Tauziehen innerhalb des Verbandes, bis ein gemeinsamer Standpunkt gefunden war. Das Zögern und Zaudern sei nun aber vorbei, sagt er.

    "Die Leute müssen uns glauben, dass wir eine neue Strategie haben. Wir wollen eigentlich jetzt in die Richtung einer steuerkonformen Akquisition und Verwaltung von Vermögenswerten und wir haben gezeigt, dass wir dazu bereit sind. Wir haben mit drei Ländern bilaterale Abkommen geschlossen, wir hoffen auch, dass die bald ratifiziert werden."

    Die Schweizer Volksvertreter jedenfalls haben den Steuerabkommen mit Deutschland, Österreich und Großbritannien am Freitag mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Sie sehen in der pauschalen Steuer eine pragmatische Lösung für das Schwarzgeldproblem. Weniger pragmatisch ist die Diskussion in Deutschland. Die SPD-geführten Länder im Bundesrat nennen die Abgeltungssteuer einen Ablasshandel für Steuersünder und ungerecht gegenüber den ehrlichen Steuerzahlern. Sie wollen ihr nicht zustimmen.

    "Diese Gerechtigkeitsdebatte, die können wir natürlich nachvollziehen, aber wichtig ist jetzt, bewusst zu sein, dass wir eine Lösung anbieten, wo wir ein für alle Mal für alle deutschen Kunden dieses Problem definitiv lösen können. Das ist das zentrale Argument."

    Claude-Alain Margelisch von swissbanking möchte das Thema Steuerfluchtgeld vom Tisch haben. So wie die meisten Banker in der Schweiz. Doch ob das von der deutschen Bundesregierung geschlossene Abkommen tatsächlich durch den Bundesrat kommt, ist noch lange nicht sicher.