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Die Sopranistin Simone Kermes
Leidenschaft für Froschkönige

Sopranistin Simone Kermes liebt die hohen und bisweilen auch schrillen Töne. Ihre Auf­tritte als Mischung aus Barock-Primadonna und Popstar von heute haben ihr den Titel "Crazy Queen of Baroque" eingebracht. Die Königin residiert privat in einem Reich, das von Fröschen nur so wimmelt.

Von Dieter David Scholz | 28.08.2017
    Simone Kermes als Fiordiligi in einer Szene aus Mozarts "Così fan tutte", 2013 in Moskau.
    Liebt Frösche: die Sopranistin Simone Kermes (picture alliance / dpa / Vladimir Fedorenko)
    Musik: Giovanni Battista Pergolesi

    "Ich hab zum Beispiel zuhause auf meiner Terrasse einen Froschkönig, und dann hab ich Tassen, da ist auch ein Froschkönig drauf, ich hab einen Yogafrosch, ich hab Handtücher mit Fröschen, Froschohrringe, Froschskulpturen. Natürlich hat das auch noch eine Bewandtnis, weil meine Kollegin Vivica Genaux, die sammelt auch Frösche und wir beide kaufen dann immer für den anderen gleich einen Frosch mit und dann schenken wir uns das immer."
    Musik: Nicola Porpora

    Hunderte Frösche in der Wohnung
    Aberwitzig virtuose Barockarien sind es, mit denen Vivica Genaux wie Simone Kermes zu bezaubern verstehen. Nur wenigen Sängerinnen gelingen so vertrackte Oktavsprünge, endlos gurgelnde Läufe und lang gehaltene Triller in diesen einst für Kastraten geschriebenen vokalen Vorzeigestücken. Ein harter Beruf, der des Barocksängers. Er verlangt nach Kompensation. Simone Kermes findet beruhigenden Ausgleich in ihrer Frosch-Leidenschaft. Hunderte der Weichtiere bevölkern ihre große Wohnung in allen Variationen, ausgenommen echte Frösche. Simone Kermes gesteht ungeniert und augenzwinkernd, dass es für sie beim Frosch auch um Erotik geht.
    "Beim Froschkönig schon, dass er sich verwandelt."
    Aber noch hat sie keinen geküsst.
    "Dann wären das einfach zu viele vielleicht. Dann könnte ich mich vielleicht auch gar nicht entscheiden, für welchen Frosch oder für welchen Prinzen, oder für welchen Mann, oder was auch immer da rauskommt."
    Frosch als Sexsymbol
    Und doch: Hinter dem Frosch steht für Simone Kermes stets der Mann. Erfolgreiche Sopranistinnen, zumal solche mit hoher, virtuoser Stimme, brauchen viel Mann und brauchen viel Sex, so heißt es in Sängerkreisen, damit die Gurgel geläufig bleibt. Stimmt das?
    "Ja, das stimmt! Eigentlich stimmt das schon, aber die Schwierigkeit ist natürlich, finde mal einen Mann, der das aushalten kann!"
    Musik: Jean Philippe Rameau
    "Vor drei Jahren hab ich ja Platée gemacht, und da ist ja die Hauptrolle auch ein Frosch, also so eine Art Nymphe, der glaubt, das er ganz schön ist. Und am Ende wird er ausgelacht, weil er sich verliebt hat in etwas Schönes."
    Es war eine Robert Carsen-Inszenierung der Ballettoper "Platée" von Jean-Philippe Rameau, die in New York und Paris gezeigt wurde.
    "Ich hab nicht den Frosch gesungen, sondern ich hab La Folie gesungen, eine ganz verrückte Rolle auch, sehr schöne Musik, ganz toll, und in unserer Inszenierung hat das natürlich nicht im Sumpf gespielt, sondern in der Modewelt. Von daher hat auch Karl Lagerfeld mitgespielt, Coco Chanel, und ich war Lady Gaga."
    Frösche auch als kulinarische Leidenschaft
    Der Frosch als Objekt ihrer Begierde hat aber auch mit dem Kulinarischen zu tun. Liebe geht eben durch den Magen.
    "Auch die Froschschenkel mag ich sehr. Ich weiß, dass das nicht in Ordnung ist. Aber in Frankreich ist das ganz normal, da wird das gegessen. Es schmeckt sehr gut, es schmeckt sehr zart, zarter als Hähnchen."
    Auch wenn bei ihr zuhause Frösche nicht in den Kochtopf kommen: Kochen ist neben dem Sammeln von Fröschen die zweite Leidenschaft der Sängerin Simone Kermes.
    "Ich koche sehr gern und ich hab auch letztens mein neues Orchester, wir haben in Berlin hier geprobt, ich hab die bekocht. Ich hab dann deutsche Küche natürlich gemacht für sie, sie lieben Gulasch. Und das haben die schon gemocht. Und gerade bei Italienern, die sind sehr verwöhnt, was das Essen angeht. Denen kannst Du nicht alles vorsetzen. Bei mir gibt’s immer gutes Essen und gutes Trinken. Die wahrhaften Sänger oder die wahrhaften Künstler sind eigentlich auch gute Köche. Es hängt alles zusammen. Die Kunst, mit einem guten Geschmack. Es ist diese Sinnlichkeit. Wer nicht gern gut isst und trinkt, der kann auch nicht improvisieren. Kochen hat ja auch mit Improvisation zu tun."
    Auf ihren vielen Konzertreisen bleibt wenig Zeit für kulinarische Genüsse und schon gar keine Gelegenheit zum Kochen. Aber einen Frosch hat Simone Kermes immer dabei.
    "Ja, ich hab einen Anhänger zum Beispiel, einen Froschanhänger und ich hab jetzt neuerdings ein Froschputztuch für die Brille. Das ist klein, das kann ich mitnehmen."
    Musik: Georg Friedrich Händel