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Die Stunde der Trainerinnen

Bei der Frauen-WM stehen die Trainerinnen im Mittelpunkt, doch Wege in den Männerfußball finden selbst die besten Fußball-Lehrerinnen bisher nicht.

Von Daniel Theweleit | 07.07.2011
    Die Statistik ist beeindruckend. Im Frauenfußball wurden seit den olympischen Spielen im Jahr 2000 alle Weltmeistertitel, Olympiasiege und Europameisterschaften von Teams mit weiblichen Trainern gewonnen. Und die Chancen, dass diese Serie sich fortsetzt sind ziemlich gut. Sechs Mannschaften wurden bei dieser Weltmeisterschaft von Frauen trainiert. Mit Silvia Neid, Englands Hope Powell und Pia Sundhage, einer Schwedin, die das Team der USA trainiert, haben drei von ihnen das Viertelfinale erreicht. Und dennoch zeigt sich am Thema Trainerinnen, wie groß die Vorbehalte der Männer gegenüber weiblicher Fußballkompetenz ist. Die Idee, eine Frau in den Trainerstab zu holen, klingt für die Verantwortungsträger des Männerfußballs völlig abwegig. Nadine Angerer, die Torfrau der Deutschen Nationalmannschaft, kann das nur schwer verstehen:

    '"Vielleicht denkt man immer noch, dass Männertrainer besser sind. Aber wenn Sie mal eine Analyse von Silvia Neid mitbekommen würden, ich lege meine Hand dafür ins Feuer, die könnte jede Männermannschaft trainieren."

    Bis heute ist die Italienerin Carolina Morace, die bei dieser Weltmeisterschaft Kanada betreutee, die einzige Frau, die jemals eine professionelle Männermannschaft trainierte. 1999 übernahm Morace den italienischen Drittligisten AS Viterbese, bereits nach zwei Spielen kündigte sie wieder. Der Vereinspräsident war in der Halbzeit in der Kabine aufgetaucht und wollte bestimmen, wer ein- und ausgewechselt wird. Das wollte Morace sich nicht gefallen lassen. Für Frank Wormuth, den Chef der Trainerausbildung des deutschen Fußball-Bundes, ist diese Geschichte nicht verwunderlich:

    '"Ich glaube nicht, dass es eine Frau schafft, ganz oben anzukommen. Das heißt aber nicht, dass sie es nicht könnte. Das sind zwei verschiedene Stiefel. Mit der Fachkompetenz, der Vermittlungskompetenz und all die Kompetenzen die wir hier ausbilden. Aber die Ankerkennung ist einfach nicht vorhanden bei den Männern."

    Die Barriere ist kaum überwindbar, denn selbst wenn die Funktionsträger in den Vereinen ihre Vorbehalte gegenüber Trainerinnen überwinden, würden die Probleme des Alltags bleiben. Wie reagieren die Spieler, die in einem durch und durch männlichen Fußballalltag sozialisiert wurden? Was sagen die Zuschauer und die Medien? Und welche Frau will sich das antun? Im Herbst 2009 wurde in Schweden darüber diskutiert, ob Sven-Göran Eriksson das Nationalteam übernehmen sollte, mit der Co-Trainerin Pia Sundhage. Die umworbene Fußball-Lehrerin zog es vor, die Frauen des US-Verbandes zu trainieren. Für diese Weltmeisterschaft ist das ein Gewinn. Denn Sundhage ist eine Koryphäe. Für den Status der Frauen im Weltfußball ist ihre Entscheidung hingegen bedauerlich. Denn über den Assistenztrainerposten könnte sich die Trainerwelt des Männerfußballs öffnen, meint Ausbildungsleiter Wormuth:

    "Klar, warum nicht in einem Trainerteam eine Frau zu haben, die eine weibliche Komponente reinbringt, die mehr auf Teamebene arbeitet. Vom Prinzip her glaube ich schon dass eine weibliche Komponente in einem Trainerteam nicht zu vernachlässigen ist. Es wäre ein Einstieg, dass eine Co-Trainerin auch den weiblichen Part abdeckt, warum nicht, eine gute Idee."

    Noch ist es aber so, dass es in den meisten Teilen der Welt Fachleute für Frauenmannschaften gibt und Spezialisten für Männerteams. Wer einmal als Frauentrainer gilt, hat nur noch geringen Chancen im Männerfußball Karriere zu machen. Nur in Skandinavien ist diese Grenze einigermaßen durchlässig. Daran müsse man sich orientieren meint Nationaltorhüterin Angerer:

    "Ich hatte einen Trainer in Schweden, der war vorher bei den Männern, Malmö 1. Liga. Der ist dann zurück zu den Frauen, kam von den Frauen, ist jetzt wieder beiden Männern, das ist üblich, dass man da einfach nicht aufs Geschlecht achtet, es geht ja um Fußball."