Dienstag, 16. April 2024

Archiv


"Die Technik musste im Hintergrund stehen"

In den vergangenen 20 Jahren hat Steve Jobs praktisch keine Interviews mehr gegeben. Sein Ziel sei es einfach nur gewesen, einfache Maschinen zu entwickeln, sagt der Computerexperte Maximilian Schönherr, der 1995 ein Interview mit dem späteren Apple-Guru führen durfte.

Maximilian Schönherr im Gespräch mit Monika Seynsche | 06.10.2011
    Monika Seynsche: Gestern ist einer der möglicherweise bedeutensten Männer der Computerindustrie gestorben: Steve Jobs. Er hat in den 1970er-Jahren in Kalifornien die Firma Apple gegründet und zu einem der renommiertesten Unternehmen der USA gemacht. In den vergangenen 20 Jahren gab Steve Jobs praktisch keine Interviews mehr. Mein Kollege Maximilian Schönherr hat es trotzdem geschafft und mit ihm gesprochen. Es war 1995. Herr Schönherr, danach war er für die Presse aber nicht mehr erreichbar, oder?

    Maximilian Schönherr: Aber nicht wegen diesem Interview. Wir haben öfter versucht, ihn noch zum Interview zu gewinnen, zum Beispiel für die Reihe "Digitale Masterminds" in Computer und Kommunikation, aber er gibt einfach keine Interviews mehr. Und der Glücksfall damals war wahrscheinlich, weil er zehn Jahre von Apple weg war und kurz auf dem Sprung wieder war, wieder zu Apple zurückzukehren, und da hat er dann seine fulminante Karriere gemacht. Es war ein sehr anstrengendes Interview, weil die Fragekomplexe sehr eingeschränkt wurden. Ich durfte über Apple zum Beispiel nicht reden, das ist fast witzlos gewesen. Aber ich konnte ihn dann über Dinge befragen, die seine aktuelle Situation ganz eng betrafen, nämlich die Computeranimation.

    Seynsche: Und was genau blieb dann an Themen noch übrig?

    Schönherr: Da blieb eigentlich nur PIXAR übrig. Und er sagte dann über die Computeranimationen von PIXAR das:

    [Einspielung O-Ton Steve Jobs]

    Computergrafik hat mich schon immer interessiert, hat er da gesagt. Der Apple II war der erste Computer in Farbe. Der Macintosh grafisch sehr anspruchsvoll und der Laserdrucker, das war damals sein Lieblingsthema bei diesem Interview, hat große grafische Ansprüche. Und trotzdem ist PIXAR das Allertollste, Toy Story kam damals heraus.

    Seynsche: Steve Jobs war ja eigentlich nicht der Techniker bei Apple, sondern eher der Mann mit den guten Ideen. Jetzt klingt auch der O-Ton aber so, dass er sich schon mit Technik ganz gut auskannte, oder?

    Schönherr: Ich war damals verblüfft, wie gut er sich mit der Technik auskennt. Aber er hat diesen Hauptblick auf das Interface, also auf das User-Interface, die Schnittstelle zwischen dem Mensch und der Maschine. Das macht auch das iPhone so erfolgreich, weil es hat quasi nur einen Knopf. Das ist eine Idee, die konnte nur er haben und beim Laserdruckcr sagte er ist das Tolle, ich muss nur ein ausgedrucktes Blatt Papier jemandem vor die Nase halten und er wird sagen: egal was da für eine Teufelstechnik dahintersteckt, das brauche ich unbedingt, das hat mich überzeugt. Im Grunde war er nicht der große Techniker und auch der erste Apple wurde gebaut durch Steve Wozniak, seinem viel weniger pressewirksamen Freund. Aber er wollte eben immer eine einfache Maschine machen und die Technik musste im Hintergrund stehen.

    Das vollständige Gespräch mit Maximilian Schönherr können Sie bis zum 5.3.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.