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Die Unkonferenz

Das EduCamp in Köln basiert auf dem Prinzip eines BarCamps, auf dieser Konferenz wird das Programm von den Teilnehmern selbst gestaltet. An zwei Tagen haben sich rund 150 Teilnehmern über neue Lern- und Lehrmethoden ausgetauscht.

Von Swantje Unterberg | 19.03.2012
    "Ihr seid hier nicht auf einer Veranstaltung, wo ihr euch zurücklehnen könnt – das geben auch die Stühle gar nicht her, die haben ja keine Lehne –, sondern wo ihr selbst ganz stark gefordert seid. Wir würden euch deswegen auch gar nicht Teilnehmende, sondern eher Teilgebende nennen."

    Guido Brombach, Mitglied im Organisationsteam, eröffnet die Konferenz, die eigentlich keine sein will – zumindest keine klassische. In der Mensa der Kaiserin Augusta Schule in Köln sitzen rund 150 Menschen. Die Schultische und Stühle sind ausgeräumt, die Teilnehmer des
    EduCamps sitzen auf weißen Papphockern. Sie wollen sich zwei Tage lang über neue Lern- und Lehrmethoden austauschen. Dafür soll Raum geschaffen werden – um sich selbst einzubringen. Die EduCamps leben davon, dass das Programm auf der Konferenz von den Teilnehmern selbst gestalten wird, so Brombach:

    "Es geht eigentlich um geschlossen versus offen. Hier treffen sich jetzt vor allen Dingen Menschen, die ein sehr, sehr gutes Verhältnis zu offen haben und mit vielen Menschen etwas gemeinsam machen zu können. Und auch diese Menschen als potenziell kompetent einstufen."
    Mit Namen und zwei, drei Schlagworten über sich selbst stellt sich jeder der 150 Teilnehmer kurz vor.

    "Ulf Blanke aus Braunschweig, die Tags sind mobiles Lernen, Lehrer …"

    Anschließend geht es in die Planung der einzelnen Diskussionsrunden. Direkt vor Ort stellt jeder, der möchte, sein Thema vor.

    "Hallo, ich bin Julia und ich möchte gerne mit euch ein Thema besprechen, was sehr bunt und sehr vielfältig ist, aber noch nicht so oft besprochen worden ist, und zwar: Welche Kompetenzen ein Lehrer im digitalen Zeitalter überhaupt braucht. Wer hat daran Interesse?"

    Hände recken sich in die Höhe: Der Vorschlag ist angenommen, die Session wird in einen Online-Kalender eingegeben. 20 Minuten und 25 Vorschläge später strömen die EduCamper in die erste Diskussionsrunde. Ein kurzer Input des Sessionsgebers, dann soll direkt in die Debatte eingestiegen werden.

    Mediengestütztes Lernen ist dabei der Schwerpunkt dieser Konferenz. Doch immer wieder ist die Konferenz selbst und deren spezielle Struktur Thema. Die EduCamps sind grundsätzlich kostenlos und hängen deshalb stark von Sponsoren ab. Konzerne wie Apple und Bertelsmann treten immer wieder als Geldgeber auf – was nicht alle Teilnehmer gutheißen, so Christian Füller, Bildungsautor der "taz":

    "Mir geht es um das kritische Potenzial, das auf Camps ist. Bertelsmann dockt an, an die kritischste und avancierteste Community in Deutschland, was neues Lernen anlangt. Also hier kann man wirklich in wenigen Tagen ziemlich schnell mitkriegen, was geht ab in dieser Republik."

    Sonntagnachmittag, nach zwei Tagen EduCamp in Köln, sind die Papphocker etwas zerknautscht, aber die rund 150 Pädagogen, IT-ler und Studenten zufrieden:

    "Ich hab eigentlich die Erfahrung gemacht, dass ich bei so einem EduCamp immer viele interessante Leute getroffen habe, gute Gespräche und einfach Anregungen für meine weitere Bildungsarbeit."

    "Ich find' es ganz wichtig, dass sich eigentlich die Einstellung zum Lernen ändert, generell."

    "Was mir gut gefallen hat, war das Format. Also in Abgrenzung zu normalen Kongressen, dass die Agenda eben am Anfang von den Teilnehmern gemacht wird und dass ich also als erwachsene Person durchaus Einfluss darauf habe, wie das gesamte Programm verläuft. Das hat mir gut gefallen."

    Geht es nach Veranstalter Guido Brombach, sind Treffen wie das EduCamp Vorreiter für eine neue Kultur des Lernens und Lehrens:

    "Die Art und Weise, wie hier dieses Camp funktionierte, mit erwachsenen Menschen natürlich, das funktioniert auch mit Kindern und Jugendlichen. Und es wäre sehr gut, wenn wir mit denen relativ früh anfangen, ihre Bildungssozialisation mit solchen Möglichkeiten des Lernens zu verbinden, weil sie dann später in der Uni, wenn sie in Reihen sitzen, aufstehen und sagen: So kann ich nicht lernen."