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Die verlorene Ehre des Christian Schmitt

In einer anonym versendeten E-Mail wird der Fraktionsvorsitzende der Saarländer FDP, Christian Schmitt, bezichtigt, Kontakte zur rechten Szene zu pflegen. Der 30-Jährige selbst beteuert, mit jenen "Wirrköpfen" nichts zu tun zu haben. Er sieht sich als Opfer einer Intrige.

Von Barbara Roth | 21.07.2011
    Seit Anfang dieser Woche macht im Saarland eine anonym versendete E-Mail mit brisantem Inhalt die Runde. Darin wird Christian Schmitt, der erst 30 Jahre alte Fraktionsvorsitzende der FDP, bezichtigt, Kontakte in die rechte Szene zu pflegen. Schmitt, der sich massiv bedrängt fühlt, hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.

    "Es geht um meinen Ruf. Man kann meinen Lebenslauf genau nachvollziehen. Man kann mein Umfeld locker leicht befragen, und dann stellt man fest, dass ich alles andere als rechter Gesinnung bin."

    Der anonyme Verfasser stützt seine Behauptungen auf Vorkommnisse, die sich bereits im Oktober des vergangen Jahres abgespielt haben. Konkret geht es um eine hauptsächlich mit FDP-Kommunalpolitikern zusammengesetzte Runde, die sich zu einer Partie Monopoly traf. Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass Politiker in ihrer Freizeit um die Schlossallee würfeln. Höchst interessant daran ist jedoch die Zusammensetzung. der Gruppe. Mit von der Partie war der Kreisvorsitzende der FDP Saar-Pfalz, Stefan Krämer. Des Weiteren saßen Tom Rohrböck, ein aus Hessen stammender Journalist mit Beziehungen zur rechten Szene, und der Landesvorsitzende der NPD, Frank Franz, am Tisch. Auch Christian Schmitt war gekommen, doch als ihm dämmerte, an wessen Seite er Platz nehmen sollte, verließ er die Runde abrupt. Schmitt informierte seine Partei und den Verfassungsschutz. Seitdem glaubt er fest an eine Verschwörungstheorie.

    "Vielleicht wollte man den jüngsten Abgeordneten im Parlament für die rechte Idee gewinnen. Man hätte das auch vielleicht gut und leicht schaffen können in gemütlicher Runde. Und vielleicht dann auch noch ein Bild mit Frank Franz in geselliger Monopoly-Runde, dann hätte man mich schön erpressen können, denn wie hätte ich denn erklärt, dass ich mit den rechten Wirrköpfen nichts zu tun habe."

    Schmitt mutmaßt, dass sein Parteifreund Krämer hinter der E-Mail steckt. In dem Krämer ihn anschwärze, sich in rechten Kreisen zu bewegen, wolle er von seinen eigenen Kontakten in die Szene ablenken. Stefan Krämer, der sich nach eigenen Angaben im Ausland aufhält, hat sich zu diesen Vorwürfen gegenüber dem Deutschlandfunk heute schriftlich wie folgt geäußert:

    "Wenn man sich die anonyme E-Mail anschaut, erkennt man direkt, dass es nicht mein Stil ist. Im Übrigen schadet diese E-Mail nicht einem Christian Schmitt, sondern mir. Allein schon aus diesem Grunde ist es abwegig, dass die fragliche E-Mail von mir stammt."

    Krämer ist eine schillernde Person. Der Unternehmensberater gibt sich gerne weltgewandt, schmückt sich mit akademischen Titeln slowakischer Herkunft. Der Verband der deutschen Volks- und Betriebsräte hat ihm wegen akademischer Hochstapelei die Mitgliedschaft gekündigt. Was er nicht hinnehmen will, ein Rechtsstreit ist anhängig. Dafür gerät Krämer immer stärker ins Visier seiner Partei. Landespolitische Ämter, wie den Vorsitz des Fachausschusses Finanzen, musste er aufgeben. Den Vorsitz der Partei im Saar-Pfalz-Kreis soll Krämer jedoch vorerst behalten dürfen. Sebastian Greiber, stellvertretender Landesvorsitzender.

    "Er wurde auf einem Kreisparteitag mit einer Mehrheit gewählt. Das ist ein Ergebnis, das wir zu akzeptieren haben. Herr Krämer hat aufgrund der Ereignisse seine Ämter und Mandate auf Landesebene freiwillig zurückgegeben. Der Landesvorstand war hier kurz davor, einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Und alles andere ist Sache des Kreisverbandes."

    Christian Schmitt, dem FDP-Fraktionsvorsitzenden, ist diese Reaktion zu schwach. Er erwartet mehr Solidarität.

    "Ich bin ein Stück weit enttäuscht. Ich würde mir eine stärkere Reaktion der Partei erhoffen, dass man sich gegen solche Wirrköpfe stellt."

    Die Parteiführung aber reagiert abwartend, will sich im Moment nicht festlegen. Ganz anders die Opposition. Seitens der SPD gibt es Solidaritätsadressen in Richtung des liberalen Fraktionsvorsitzenden. Die saarländischen Sozialdemokraten loben vor allem den offensiven Umgang Schmitts mit den Anhängern der rechten Szene, die so unverhofft seinen politischen Weg gekreuzt hätten. Reinhold Jost, SPD-Generalsekretär:

    "Weil wir der Auffassung sind, dass Herr Schmitt als Fraktionsvorsitzender der FDP im saarländischen Landtag Rückendeckung braucht , wenn er sie schon nicht von seiner Landesspitze bekommt, und er soll wissen, wir werden ihn in dieser Frage zumindest moralisch unterstützen."

    Ob es sich bei der Monopoly-Runde im Saar-Pfalz-Kreis tatsächlich um den Versuch handelte, die mitgliederstärkste FDP-Basis im Land nach dem Vorbild der FPÖ in Österreich zu "Haiderisieren", lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht klären. Denn die Monopoly-Runde markiert das Ende eines Beziehungsgeflechtes, das seinen Anfang nahm, als der Journalist Rohrböck von Hessen ins Saarland übersiedelte. Im Gepäck hatte dieser seinerzeit neue Mitglieder für die FDP Saar-Pfalz und gute Kontakte zu Menschen mit Geld und Einfluss, die, so glaubte Schmitt, auch ihm nützlich sein könnten. Die Kontakte Rohrböcks in Richtung des rechten Randes der Gesellschaft übersah er. Warum auch der FDP Kreisvorsitzende Stefan Krämer, der mit Rohrböck publizistisch zusammenarbeite, diese politische Ausrichtung ignorierte, wird er seinen Ortsverbänden erklären müssen. Gegen Rohrböck läuft ein Parteiausschlussverfahren.