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Die verlorene Ehre des Stefan Mappus

Stefan Mappus hat seine politische Karriere längst hinter sich. In den Schlagzeilen ist der frühere Regierungschef von Baden-Württemberg aber weiter wegen seines umstrittenen Rückkaufs von der EnBW-Aktien. Er kämpft um seine Ehre, und auch seine Partei, die CDU, hat sich inzwischen von ihm abgewandt.

Von Michael Brandt | 12.06.2013
    Es ist der 30. März 2012. Im EnBW-Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags wird der erste und wichtigste Zeuge befragt: Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus. Um 10 Uhr beginnt die Sitzung. Etwa eine Viertelstunde zuvor betritt der CDU-Politiker das Landesparlament in Stuttgart. Er muss durch die Sicherheitsschleuse - wie jeder andere Besucher auch: Per Knopfdruck öffnet ein Pförtner die erste Glastür. Erst wenn die wieder geschlossen ist, öffnet sich eine zweite und der Weg ins Gebäude ist frei.

    "Ich habe ja gesagt, es geht um Ehre statt um Karriere."

    Gut ein Jahr zuvor sprangen die Pförtner noch auf, sobald Mappus im Anmarsch war und öffneten schnell eine Tür, die Ehrengästen vorbehalten ist. Als Regierungschef konnte er ohne lästiges Warten am Eingang in den Landtag eilen. Doch seine politische Karriere hat Stefan Mappus hinter sich. Nach der Landtagswahl am 27. März 2011 trat er nach nur einjähriger Amtszeit als Ministerpräsident zurück. Grün-Rot regiert seitdem in Baden-Württemberg. Vor dem Untersuchungsausschuss kämpft der 47-Jährige nun um seine Ehre.

    "Es geht vor allem darum, dass man dieses Schauspiel, das vor allem der EnBW schadet, jetzt beendet. Deshalb bin ich froh, dass es losgeht,"

    sagt Mappus selbstbewusst und geht in Begleitung von drei Rechtsanwälten in den Plenarsaal, wo der Ausschuss wegen des großen Medienandrangs ausnahmsweise tagt.

    Im parlamentarischen Untersuchungsgremium holt ihn die Vergangenheit ein: Ein – aus seiner Sicht - politischer Coup, den er als Ministerpräsident am 6. Dezember 2010 verkündet hat: Baden-Württemberg kaufte damals für 4,5 Milliarden Euro die Anteile der französischen EdF an der Energie Baden-Württemberg, kurz EnBW, zurück. Auch 16 Monate später ist er sicher, dass er damals alles richtig gemacht hat:

    "Gleichwohl bin ich aber auch heute noch davon überzeugt, dass der Rückkauf der EnBW-Anteile als solcher zum Wohl des Landes Baden-Württemberg war und sich dies auch spätestens nach einigen Jahren erweisen wird,"

    liest der einstige Regierungschef aus einer schriftlichen Erklärung vor. Um nach rund eineinhalb Stunden zum Ergebnis zu gelangen: Er – Mappus - habe sich nichts vorzuwerfen.

    Landtag wurde bei Deal umgangen
    Im Untersuchungsausschuss auf dem Prüfstand steht der Kaufpreis, der bei der Abwicklung des Deals - mehr oder weniger freihändig - auf 41 Euro pro Aktie festgelegt worden war. Jedenfalls ohne eine bei Geschäften dieser Dimension übliche gründliche Bewertung des Unternehmens.

    "Weil ich mir sicher bin, dass unser Preis ein guter Preis war. Wenn am Ende eines Jahres, wo über die EnBW alles hereingebrochen ist, was hereinbrechen kann, der Aktienkurs immer noch über 41 Euro steht, dann kann - mit Verlaub gesagt - die Vertragsverhandlung, die zu einer Zeit stattfand, als die Welt für einen Energieversorger noch ein bisschen positiver aussah, die Verhandlung so schlecht nicht gewesen sein."

    Sein Argument mag zwar gut klingen, aber wirklich stichhaltig ist es nicht, da fast alle EnBW-Aktien in festen Händen – zum großen Teil des Landes Baden-Württemberg und der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke OEW - sind; ein Handel mit ihnen also gar nicht stattfinden kann, der den Börsenkurs verändern oder möglicherweise absenken würde.

    Eine weitere Frage, die den Untersuchungsausschuss brennend interessiert, ist die nach dem Zustandekommen des Deals. Der vollzog sich unter Umgehung des Landtages. Was, wie der baden-württembergische Staatsgerichtshof feststellte - verfassungswidrig war. Auf diesen Vorwurf angesprochen beruft sich der Diplom-Ökonom auf eine Rechtsanwaltskanzlei, auf deren Rat er – ein Nichtjurist - sich verlassen habe:

    "Wären vonseiten Gleiss-Lutz Zweifel an der Gangbarkeit dieses Rechtsweges, den die Kanzlei im Übrigen selbst vorgeschlagen hatte, geäußert worden, dann hätte ich diese Transaktion sofort abgebrochen."

    Sein Fazit bei seiner ersten Zeugenvernehmung vor über einem Jahr lautet dann auch: unschuldig im Sinne des Untersuchungsauftrages. Denn er – Stefan Mappus - habe nach bestem Wissen und Gewissen und zum Wohle des Landes Baden-Württemberg gehandelt.

    "Ich möchte deshalb an dieser Stelle betonen, dass ich den Vorwurf des Verfassungsbruchs entschieden zurückweise, da dieser - meines Gefühls nach - Vorsatz bedingt. Zu keiner Zeit habe ich aber vorsätzlich oder billigend in Kauf nehmend gegen die Verfassung verstoßen wollen."

    Stefan Mappus kämpfte bei seinem ersten Auftritt im Untersuchungsausschuss um seine Ehre. Die grün-rote Mehrheit im Ausschuss konnte er mit seinen Ausführungen natürlich nicht überzeugen. Aber nach Wahrnehmung seiner CDU hatte er sich im Zeugenstand gut geschlagen. Der damalige CDU-Obmann Volker Schebesta formuliert es so:

    "Ich finde, Stefan Mappus hat heute nachvollziehbar über die Motive für das Handeln zum Kauf der EnBW-Aktien Ausführungen im Untersuchungsausschuss gemacht."

    In der Tat war Stefan Mappus Ende März 2012 noch ein einigermaßen angesehener Mann. Er hatte die Landtagswahl zwar verloren - aber ehrenvoll, denn er hatte gekämpft. Und für einen Teil der CDU Baden-Württemberg war er nach wie vor ein Christdemokrat, der für Werte stand, erklärt der Politologe Hans Georg Wehling:

    "Er hat ja eine bestimmte Position innerhalb der Partei gehabt. Und es gibt ja innerhalb der CDU-Fraktion durchaus Leute, die man eher einem rechten Lager zuordnen könnte. Bei denen ist er zwar nicht mehr der Held, aber immerhin einer, über den man sagt, dass man mit ihm doch so nicht umgehen kann, denn er hat ja seine Verdienste."

    Mappus tritt wieder vor den Untersuchungsausschuss
    Am Freitag dieser Woche betritt Mappus erneut den Landtag von Baden-Württemberg, um ein zweites Mal vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen. Mittlerweile aber hat sich sein Standing in der eigenen Partei und auch in der Öffentlichkeit grundlegend verändert. Der ehemalige Ministerpräsident kommt als "Unperson", als einer, dessen Ansehen nicht mehr zu retten ist. Das gibt keine Journalistenmeinung wieder, sondern die in seiner eigenen Partei, der CDU – inklusive Landtagsfraktion. Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten: Viel, was ihn persönlich und politisch diskreditiert hat – zu viel.

    Erstens sind die E-Mails bekannt geworden, die Mappus und der Morgan-Stanley-Banker Dirk Notheis kurz vor dem Abschluss des EnBW-Deals ausgetauscht hatten. Morgan-Stanley hat den Deal abgewickelt, wofür die Bank eine Provision in zweistelliger Millionenhöhe kassierte. In den Mails gab Notheis – ein alter Freund aus gemeinsamen Tagen bei der Jungen Union - dem Ministerpräsidenten Regieanweisungen – wie Mappus den Deal abwickeln, was er auf Pressekonferenzen und in Interviews sagen soll.

    "Bitte achte darauf, dass du das durchziehst. Du verursachst sonst erheblich Sand im Getriebe, und das kann ich jetzt nicht brauchen."

    Die Mails waren verfasst in einem ausgesprochen rotzigen Ton. Von der Bundeskanzlerin etwa ist oft als "Angela" die Rede, manchmal wird sie auch als "Mutti" bezeichnet, die ein Treffen mit "Sarko", dem damaligen französischen Staatspräsidenten, organisieren soll. In einer anderen Mail an einen französischen Banker-Kollegen spricht Notheis über Mappus so:

    "Er ruft Angela im Elysee an. Unterschätzt (Mappus') Stärke nicht. Der kontrolliert 30 Prozent der Delegierten der Partei und kann Angela mit seinen Truppen kaltmachen. Ich übertreibe nicht, mein Freund."

    Viele dieser E-Mails sind veröffentlicht worden. Die Parteibasis reagierte empört. Denn dieser respektlose Ton – den auch Mappus in den elektronischen Nachrichten anschlug - passt so gar nicht zur CDU Baden-Württemberg, in der auf Umgangsformen und korrekte Ansprache großen Wert gelegt wird. So mancher an der Basis legte dem früheren Ministerpräsidenten sogar den Parteiaustritt nahe.

    "Also, ich würde es für angeraten halten, dass er sich aus der Partei zurückzieht."

    "Über die Art und Weise, wie er speziell dieses EnBW-Geschäft gemacht hat, sind wir doch alle ziemlich entsetzt."

    "Der Schaden ist doch beträchtlich, wenn man sich das mal auf der Zunge zergehen lässt, wie eigenmächtig er da vorgegangen ist, das ist mir doch unverständlich."

    "Das sag ich, das ist eine Katastrophe für die CDU, das sag ich!"

    In Baden-Württemberg beliebt war Mappus nie, sagt der Politikwissenschaftler Hans Georg Wehling. Erwin Teufel machte ihn 1998 – damals saß Mappus gerade mal zwei Jahre im Stuttgarter Landtag – zum Staatssekretär im Verkehrsministerium; er wurde Minister und mächtiger CDU-Fraktionsvorsitzender, der schließlich 2009 Günther Oettinger als Ministerpräsident beerbte.

    "Er war zwar respektiert vorher, aber nicht unbedingt angesehen. Er war kein sympathischer Mensch, auch nicht innerhalb seiner Partei. Und das hat sich dann erst recht bestätigt durch die E-Mails, die bekannt geworden sind. Vor allem durch die Mails mit seinem Freund, dem Banker Dirk Notheis. Da war es dann in der Öffentlichkeit mit ihm vorbei."

    Auch seine Partei ist auf Distanz gegangen, was in der baden-württembergischen CDU bis dato nicht denkbar war. Thomas Strobl, der Nachfolger von Mappus an der Spitze der Landes-CDU, erklärt auf einem Parteitag im vergangenen Juli:

    "Auch wir müssen Fehler eingestehen. Unser Fehler war sicher, dass wir Stefan Mappus und seiner Lesart allzu lange und allzu unkritisch gefolgt sind. Ein Fehler, den auch ich gemacht habe. Und dies zu benennen und dies zu bekennen, das gehört meines Erachtens mit zur Aufarbeitung, auch wenn es schwerfällt."

    Zu diesem Zeitpunkt scheint es so, als hätte die CDU Baden-Württemberg in der öffentlichen Wahrnehmung ihren Tiefpunkt erreicht. Es scheint so, als hätte Stefan Mappus seine Partei - über ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus allen Ämtern – in ein Tal der Tränen gezogen, das tiefer kaum denkbar ist. Doch es soll noch schlimmer kommen:

    Kurz nach dem Parteitag rügt der baden-württembergische Rechnungshof den EnBW-Deal öffentlich: Die damalige Landesregierung sei nicht sorgfältig genug mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen, lautet die vernichtende Kritik. Wenn der Staat schon einen Energieversorger kaufe, dann müsse wenigstens gründlich geprüft werden, damit der Kaufpreis angemessen ist.

    Und als wäre das nicht schon genug, nimmt wenig später auch noch die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ermittlungen gegen Mappus und Notheis auf. Der Grund: Verdacht auf Untreue beim EnBW-Deal. Mit einem ersten Ergebnis ist im Sommer zu rechnen. Bei beiden kam es zu Hausdurchsuchungen. Eine Hausdurchsuchung bei einem ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten – das hat es noch nie gegeben, räumt zu diesem Zeitpunkt der stellvertretende CDU-Vorsitzende Winfried Mack ein:

    "Das war sicher ein Einschnitt, aber da gilt natürlich die Unschuldsvermutung."

    Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus und der Energiekonzern EnBW
    Ein Vorwurf gegen Mappus: Er habe den Kauf der EnBW-Aktien nicht ausreichend prüfen lassen. (dpa / Marijan Murat)
    Vertrauliche Akten an Mappus weitergegeben
    Mappus und seine Anwälte versuchen zunächst mit allen rechtlichen Mitteln, die Weitergabe der bei der Durchsuchung sichergestellten Akten an den Untersuchungsausschuss zu verhindern - erfolglos. Und was man dann im vergangenen Januar aus den Akten erfährt, sorgt wieder für negative Schlagzeilen: Mehrere CDU-Ausschussmitglieder hatten vertrauliche Akten an den wichtigsten Zeugen, an Stefan Mappus, weitergegeben. Unter anderem auch der Vorsitzende des U-Ausschusses, Ulrich Müller:

    "Ich neige in solchen Fällen dann tendenziell ein bisschen dazu, dem Schwächeren, dem Angegriffenen emotional jetzt eher verbunden zu sein. Ich will, dass die ganze Wahrheit herauskommt und nicht nur die medial vermittelte."

    Tatsächlich hat Müller in sieben Fällen interne Dokumente an Mappus übergegeben. In einem Fall sogar konspirativ auf einem Autobahnparkplatz. Als dies publik wird, rechtfertigt sich Müller zunächst damit, er habe seinem Parteifreund zu Waffengleichheit verhelfen wollen, nachdem andere Informationen aus dem Ausschuss an die Öffentlichkeit durchgestochen worden sind. Schließlich aber tritt Müller als Ausschussvorsitzender zurück.

    Nicht der einzige Fall: Zwei weitere CDU-Abgeordnete müssen den Ausschuss verlassen: Obmann Volker Schebesta, weil er interne Informationen an Mappus gesimst hat. Und Winfried Mack, bislang stellvertretendes Ausschussmitglied, weil er ebenfalls eine vertrauliche Mail aus dem Ausschuss an Mappus weitergeleitet hat. Irrtümlich, wie er heute sagt:

    "Warum habe ich es weitergeleitet? Damals war eine lange öffentliche Diskussion über die Frage fehlender Akten im Untersuchungsausschuss. Und aus dieser Mail ging hervor, dass diese Akten jetzt da sind, und dass der Untersuchungsausschuss aufgrund vollständiger Akten jetzt handeln kann und dass es keinen Raum mehr für Misstrauen gibt - auch für Stefan Mappus. Ich wollte eigentlich sagen: Da ist alles korrekt, da läuft alles richtig."

    Vom schwarzen Filz ist seitdem die Rede. Vom schwarzen Filz, der fast zwei Jahre nach dem Abgang von Stefan Mappus noch immer hartnäckig an der Landes-CDU klebt. Der Politologe Hans Georg Wehling:

    "Es hat sicherlich eine Art schwarzen Filz gegeben. Wer eng mit ihm zu tun hatte, fand es möglicherweise als unanständig, wenn man jetzt in der Öffentlichkeit sich deutlich von ihm distanziert und ihn beschimpft. Das halten die für unangemessen. Man soll nicht seine Verdienste verkennen, so deren Argumentation."

    Alexander Throm ist neuer CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss. Er steht für einen Neuanfang, ist er doch erst nach der Wahl 2011 in den Landtag eingezogen. Er hatte mit Stefan Mappus weder als Ministerpräsident noch als CDU-Fraktionsvorsitzender zu tun. Schon bei der ersten Befragung ist Throm als einer aufgefallen, der Mappus mit seinen Fragen nicht schont. Heute stellt er fest:

    "Natürlich hat es da eine Veränderung gegeben über den Zeitablauf des letzten Jahres, nachdem man auch viele Informationen und Daten im Untersuchungsausschuss bekommen hat. Nichtsdestotrotz waren wir, war ich insbesondere bei seiner Vernehmung im letzten März durchaus kritisch, was das Verfahren angeht, und wir wollten genau hinschauen, wie denn nun die Vorgänge im November/Dezember 2010 waren."

    CDU fordert Selbstkritik von Mappus
    Das Verhältnis zwischen CDU und Mappus ist seitdem spürbar abgekühlt, sagt Alexander Throm. Das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht aber habe eine Pressemitteilung von Mappus, in der er behauptete, Fraktionschef Peter Hauk sei viel früher, als er es heute zugebe, über den EnBW-Deal informiert gewesen. Es liest sich wie der Versuch, Hauk - der immer als innerparteilicher Gegner von Mappus galt – in die Affäre mit hineinzuziehen.

    Dieses verbale Um-Sich-Schlagen von Mappus, wie es Throm nennt, hat zu einer massiven Verärgerung innerhalb der Landtagsfraktion geführt. Selbst Winfried Mack, der früher als Gefolgsmann von Mappus galt, rät diesem:

    "Da muss man auch Selbstkritik zeigen und sagen: Da weiß ich, dass ich nicht alles richtig gemacht habe."

    Am Freitag dieser Woche muss der Genannte dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein zweites Mal Rede und Antwort stehen. SPD-Obmann Sascha Binder hofft, dass Stefan Mappus anders auftreten wird als beim letzten Mal:

    "Ich würde mich schämen und würde an Herrn Mappus‘ Stelle zu Beginn meiner Aussage mich bei Institutionen und Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland, die sehr abfällig bewertet und benannt worden sind, entschuldigen."

    Doch nicht nur der Sozialdemokrat bezweifelt, dass eine Person wie Stefan Mappus fähig ist, Selbstkritik zu üben oder gar Demut zu zeigen.

    Der frühere Ministerpräsident müsste vor dem Untersuchungsausschuss gar nicht aussagen. Wegen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens steht ihm ein Aussageverweigerungsrecht zu. Er will jedoch reden, wie sein Anwalt, der renommierte Stuttgarter Gesellschaftsrechtler Christoph Kleiner, gegenüber dem Deutschlandfunk bestätigt:

    "Herr Mappus hat immer angekündigt, dass er noch mal vor dem Untersuchungsausschuss aussagen wird. Zu diesen Versprechen steht er."

    Woraus sich wohl schließen lässt, dass der prominente Zeuge nicht erscheinen wird, um sich Asche aufs Haupt zu streuen. Sondern ihm geht es nach wie vor um die Wiederherstellung seiner Ehre. Er will sich – wie er seinen Anwalt ausrichten lässt - nur zum eigentlichen Untersuchungsgegenstand äußern, nicht aber zu seinem E-Mail-Verkehr mit Notheis:

    "Herr Mappus wird alle Fragen beantworten, die sich auf den Kauf der EnBW-Anteile im Dezember 2011 beziehen. Zu persönlichen Mails mit Freunden wird er sich nicht äußern."

    Tabu soll ferner die Weitergabe der Akten sein, die Ausschussmitglieder ihm zuspielten:

    "Nein, zu dieser Frage wird er sich voraussichtlich nicht äußern. Weil entweder ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, oder weil die Fragen nicht zum Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses gehören."

    Bei diesem Punkt zeichnet sich ein Konflikt ab: Denn der Ausschuss wollte sogar eine extra Sitzung zum Thema Aktenweitergabe anberaumen, allerdings platzte der in der vergangenen Woche geplante Termin. Für SPD-Obmann Binder ist in der Frage noch längst nicht das letzte Wort gesprochen:

    "Dies wird für die SPD eine Rolle spielen, weil wir haben diejenigen vernommen, die die Akten weitergegeben haben. Und es ist nur logisch, auch denjenigen zu befragen, der die Akten erhalten hat. Und insbesondere wollen wir die Frage klären, ob es darüber hinaus auch weitere Kontaktaufnahmen gegeben hat."

    Waren 4,5 Millionen Euro zu viel?
    Beim eigentlichen Untersuchungsauftrag geht es zum einen um die Frage, ob das Land Baden-Württemberg mit 4,5 Milliarden Euro zu viel für 45 Prozent der EnBW-Akten bezahlt hat oder eben nicht. Und zum anderen soll geklärt werden, ob Stefan Mappus, der zum Zeitpunkt des Deals bereits 15 Jahre dem baden-württembergischen Landtag angehörte, tatsächlich nicht gewusst haben kann, dass ein Milliardengeschäft ohne Einbeziehung des Parlaments schlicht verfassungswidrig ist.

    Es ist denkbar, dass der Untersuchungsausschuss die Frage nach der Angemessenheit des Kaufpreises nicht abschließend beantworten kann. Denn im Nachhinein ist es fast unmöglich zu ermitteln, ob der Preis für das Aktienpaket damals zu hoch war oder nicht. Anders sieht es aus bei der Bewertung seiner Äußerung, er habe in Unwissenheit die Verfassung gebrochen. Bei diesem Punkt dürfte der Untersuchungsausschuss im Abschlussbericht zu klaren Ergebnissen kommen: Dass es der CDU-Politiker hätte besser wissen müssen.

    Und sollte Stefan Mappus danach noch immer bei seiner Position bleiben, er habe alles richtig gemacht, dann schadet er auch drei Jahre nach seinem Abtritt nicht nur sich selbst, sondern vor allem seiner Partei. Hans Georg Wehling:

    "Je länger die Geschichte dauert, desto weniger wird auch von Schwächen oder gar Versagen der grün-roten Koalition in der Öffentlichkeit gesehen und diskutiert. Also, für die Koalition ist das sehr angenehm, wenn er lange auftritt. Und für die CDU ist das der Horror."