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Die vierte Hand

Von der deutschen Tontechnikerin bis zur amerikanischen Stewardess, von der feministischen Schriftstellerin aus Kalifornien bis zur Nachrichtensprecherin in Manhattan, von der Maskenbildnerin aus Queens bis zur Football-Fanatikerin in Wisconsin - alle wollen mit ihm schlafen. Der Fernsehjournalist Patrick Wallingford sieht einfach "unverschämt" gut aus und versteht sich auf die Kunst der Verführung.

Hajo Steinert | 01.03.2002
    Diese Kunst besteht in seinem Fall darin, dass er im Moment, wenn es ganz zur Sache geht, die Initiative der Frau überlässt. Mister Wallingford hat es nicht nötig zu verführen, er lässt sich verführen, er zieht sie nicht aus, er lässt sich von ihr ausziehen, um sie sogleich "mit dem riesigsten Steifen seines Lebens" zu überraschen. So geschehen am Steg eines "wunderschönen dunklen Sees", an dessen Ufer wir Leser gleich auf den ersten Seiten entführt werden, um auch etwas davon zu haben.

    So viele "Ständer" - wie der Übersetzer eine Erektion zu nennen pflegt -, so viele "Ständer" hat es in noch keinem Roman des am 2. März 2002 sechzig Jahre alten John Irving gegeben. So viele Badehosen wie in der "Vierten Hand" wurden in noch keinem Roman des sportlichsten aller amerikanischen Autoren herunter gezogen, so viele "hübsche" Brüste - mal frei wippend, mal geheimnisvoll im BH verborgen - streckten sich dem geneigten Irving-Leser noch nie entgegen. Das Geschehen im Jubiläumsroman - sein zehnter Roman insgesamt - gestaltet sich, um beim Wort zu bleiben, gleichsam zum Dauerständer. Und als kollektives Naturerlebnis. Einer gewissen Doris Clausen - auf sie kommen wir noch - genügt allein ihre einmalig in Szene gesetzte Fernsehstimme, um einem nicht unerheblichen Teil der Nation ein ungeahntes Muskeltraining zu besorgen: "So sicher, wie Wasser gern an einen Steg plätschert und Kiefern an den Spitzen ihrer Zweige neue Nadeln treiben, verschaffte Mrs. Clausens Stimme in diesem Moment jedem heterosexuellen Man, der gebannt vor den Nachrichten hockte, einen Ständer." Wer es intimer mag, bitte, auch dem kann geholfen werden. Als jene Frau Clausen ihren ersten Mann Otto zu einem Schäferstündchen überredet, ist dem sofort klar: "Das war der Heiratsantrag gewesen. Er hatte mit seinem Ständer, einer Erektion mit dem Blut von tausend Worten, 'ja' gesagt." Doch ehe wir auf das Schicksal von Doris und Otto zurückkommen, mehr Informationen zu Patrick Wallingford. Der konditionsstarke Reporter versteht sich nicht nur auf die Kunst der Verführung, sondern auch auf "Eye-Witness-News". Flugzeugunglücke, Erdbeben, Autobomben-Explosionen, Hochwasser, Wirbelstürme, Hungersnot, Schulschiessereien - je schlimmer die Katastrophe umso mehr ist er in seinem Element. Der Profession seiner Hauptfigur einigermaßen entsprechend gelingt es auch dem Autor, seine Leser zu Augenzeugen zu machen. Seine Mission ist allerdings von weitaus harmloserer Natur. Je lauer die Seeluft, umso smarter der Liebesreport.

    John Irving, der ausgekochteste aller Erzähler in Amerika, spielt mit den Erwartungen seiner Leser, vor allem mit den seiner Leserinnen. Sie sind es, die, wie er selbst eingesteht, gieriger auf eine neues Buch von ihm warten als Männer. Sie sind es, denen er schmeicheln will - der Verkauf gibt ihm recht. Als ich ihn auf seiner letzten Deutschland-Tournee mit seiner "Witwe für ein Jahr" im Kölner Schauspielhaus vorstellte, waren drei Viertel der Besucher weiblich.

    Genüsslich bringt er in seinem neuen Roman Stellen wie diese aufs Papier: "Er und die Frau waren jetzt nackt. Die Haut der Frau war zuerst nass und kalt und erwärmte sich dann an seiner Haut; ihr Atem strich über seinen Hals, und er konnte ihr nasses Haar riechen. Außerdem hatten ihre straffen Schultern den Geruch des Sonnenlichts aufgenommen, und auf Patricks Zunge, die den Umriss ihres Ohrs nachzeichnete, lag etwas, das nach dem See schmeckte. Natürlich war Wallingford auch in ihr (...), sie schliefen unendlich lange miteinander."

    Um die enorme Leistungsbereitschaft des Mannes in ihrer ganzen Tragweite zu ermessen, muss man allerdings wissen, dass er wenige Tage vor dieser traumhaften Szene bei einem dienstlichen Einsatz in einem Zirkus in Indien seiner rechten Hand verlustig ging. Der Katastrophen-Reporter als Opfer einer Katastrophe! Na, wenn das keine Ironie des Schicksals ist. Vor laufender Kamera hatte eine Löwin bei seinem Versuch, diese zu füttern, überaus herzhaft zugebissen. Der Verlust der Hand bescherte dem Helden in punkto sexuelle Strahlkraft indes keinerlei Einbussen. Im Gegenteil: "Noch wenn er bewusstlos dalag, stellte er eine Gefahr für das weibliche Geschlecht dar." Damit nicht genug. "Nachdem Wallingford in Ohnmacht gefallen war, wandten die Löwinnen nicht den Blick von ihm. Es schien beinahe so, als wären auch sie ganz hingerissen." - Spätestens jetzt wird der lesende Mann ganz bleich vor Neid, und dem Programmdirektor des Katastrophenkanals wird warm ums Herz: Sein "Löwenmann" beschert ihm so traumhafte Quoten wie der neue Irving dem Autor einen vorderen Platz auf der Bestsellerliste.

    Haarsträubend eigentlich, was er uns da wieder erzählt, man stelle sich das einmal vor: Fernsehreporter verliert seine Hand; fanatischer Chirurg (mit einem "Ständer", so "dick wie sein Handgelenk"), findet Handspender (Otto, Footballfan, tödlich verunglückt), näht sie dem Fernsehmann wieder an; Witwe Doris, Footballfan, zu ihrem Kummer kinderlos, lernt den Mann zu Ottos Hand kennen sowie dessen Ständer; Doris und Patrick, dem die neue Hand langsam anwächst, kriegen ein Kind (Otto junior!); Patrick Wallingford will nicht mehr Katastrophenreporter sein und mit Kolleginnen vögeln, die auch unbedingt ein Kind von ihm wollen; Patrick bewirbt sich bei einem seriösen öffentlich-rechtlichen Fernsehkanal; Patrick wird immer sympathischer; Patricks zähes Werben um Doris Clausens ganze Zuneigung findet Erhör; im idyllischen Wisconsin (nach einem gemeinsamen Besuch bei den Green Way Packers) kommt es zum Happyend. Der Titel (wieso überhaupt "vierte" und nicht "dritte" Hand?) deutet das Happyend an. Im Dialog sucht Irving den Schmelz, man sieht sie schon auf der Leinwand: "'Gib mir deine Hand, die vierte', sagte Doris. Sie packte seinen Stumpf und klemmte ihn sich fest zwischen die Oberschenkel, wo er seine fehlenden Finger lebendig werden spürte. 'Da waren die zwei Hände, mit denen du auf die Welt gekommen bist', erklärte Mrs. Clausen. 'Eine hast du verloren. Die von Otto war deine dritte. Und was die da angeht', sagte sie und presste wie zur Betonung die Oberschenkel zusammen, 'die wird mich nie vergessen. Das ist meine. Es ist deine vierte.'"

    Rührstück, Komödie, Tragödie, Klamotte, Farce, Scherz, Ironie, Satire und waschechtes Melodram. Bei Irving weiß man nie genau, auf was es ihm in erster Linie ankommt. Er lässt seinen Leserinnen und Lesern die Freiheit, es selbst für sich zu entscheiden. Anfangs sind seine Romane immer mehr Komödie, dem Ende entgegen wird es ernster - das ist sein bewährtes Muster. Fest steht jedenfalls, dass "Die vierte Hand", verglichen mit seinen bislang größten Bucherfolgen ("Gottes Werk und Teufels Beitrag" und "Witwe für ein Jahr") ein Leichtgewicht ist, mit einer für Irving geradezu bescheidenen Länge von 439 Seiten fast schon eine Novelle.

    Für sein Schreiben greift John Irving gerne zu einem sportlichen Vergleich: "Schreiben ist wie Ringen. Man braucht Disziplin und Technik. Man muss auf eine Geschichte zugehen wie auf einen Gegner." Dieser ist, was "Die vierte Hand" angeht, indes kaum auszumachen. Höchstens ein Sparringspartner.

    Irving erzählt wie immer konsequent linear; die erzählte Zeit - sonst umfasst sie bei ihm mehrere Jahrzehnte - beschränkt sich dieses Mal auf zählbare Monate am Ende des vergangenen Jahrzehnts. Parallelgeschichten, Rück- und Vorblenden, sonst Irvings Spezialität, halten sich gehörig in Grenzen. Das bekommt dem Fluss der Lektüre. Aber trotzdem hat man das Gefühl, dass auch dieser kurze Roman über die Liebe im sensationsgeilen Zeitalter in der Ausmalung wiederkehrender Szenen, den 'ständerisierten' Liebesszenen zumal, eine Spur zu lang geraten ist. Doch zwischendrin gibt es Stellen, die man wieder und wieder lesen und vorlesen möchte, nicht nur, weil sie witzig sind, sondern trefflich erzählt. Wie sich Patrick Wallingford im Liebeskämpfchen mit der jungen Maskenbildnerin deren Beißattacken zu erwehren sucht und gleichzeitig die enervierendsten Männerstimmen aus dem aufgedrehten Lautsprecher des Anrufbeantwortergeräts über sich ergehen lassen muss - sehr amüsant. Langeweile kommt bei Irving nie auf, man unterhält sich für die Dauer der Lektüre gefahrlos. Man schüttelt den Kopf, man lacht vor Vergnügen, man schlägt sich auf die Schenkel, man ist genervt, gerührt, man freut sich auf die Verfilmung, die natürlich schon unter Dach und Fach ist. So banal es klingen mag: es steckt Leben in seinen Romanen, die albern, herzzerreißend und todtraurig zugleich sind. Auf die Emotionalität eines Textes kommt es ihm an. Leben und Emotion - genau dies sind auch die Begriffe in Irvings theoriefeindlicher Romantheorie, die ebenso simpel wie genial daherkommt - in jedem seiner Interviews und manchmal, wie im neuen Buch, auch mitten im Text versteckt: "Gute Romane und Filme sind nicht wie die Nachrichten oder das, was als Nachrichten gilt - sie sind mehr als Meldung. Sie bestehen aus der ganzen Palette von Stimmungen, in denen man sich befindet." - In dieser Textpassage steckt natürlich auch eine ironische Anspielung auf Irvings Erzfeind Tom Wolfe, der just ihn - in einem Atemzug mit John Updike und Norman Mailer - angriff, weil zu wenig "sozialer Realismus" und Nachrichtenwert in deren Texten steckten. Darauf kommt es Irving in der Tat ganz und gar nicht an. Außerdem findet der Irving-Leser in der "Vierten Hand" reichlich Hinweise über literarische und cineastische Vorlieben des Autors. Wiederholt wird aus E.B. Whites Kinderbuch-Klassiker "Little Stuart" vorgelesen, "Der englische Patient" von Micheal Oondaatje liegt aufgeschlagen auf dem Tisch, im Kino läuft "Eyes Wide Shut", der letzte Film von Stanley Kubrick, der gefällt auch einem Womanizer wie Patrick Wallingford. John Irving führt zwar diesen oder jenen Titel auf, eine Doktorarbeit zum Thema à la "Literarische Diskurse im Erzählwerk des amerikanischen Schriftsteller John Irving" dürfte er mit seinem 'name dropping' allerdings kaum auf den Plan rufen. Irving, abgebrochener Student und einstmals sogar Creative-Writing-Lehrer, hasst nichts so sehr wie den akademischen Literaturbetrieb. Auch so etwas bringt heute Punkte.

    Der Erzählprofi Irving weiß genau, was er seinen Fans schuldig ist. Auch wenn dieses Mal keine Bären brummen, sondern ein Tiger beisst, auch wenn statt Ringkampf - Irvings zweiter Passion nach dem Schreiben - American Football die sportliche Kulisse bildet: die vertrauten Motive sind alle wieder da und sorgen dafür, dass sich der Leser als Experte fühlen und mitreden, ja mitleben darf. Die indische Hitze kennen wir aus dem "Zirkuskind", Irvings Faible für Ärzte ist uns - man denke an Dr. Daruwalla oder Dr. Larch - sowohl aus dem "Zirkuskind" als auch aus "Gottes Werk und Teufels Beitrag" bestens bekannt. Das Thema Abtreibung, die Angst des Vaters vor dem Verlust des Sohnes, das Verlangen der kinderlosen Frau nach einem eigenen Baby, die Diskrepanz zwischen privatem Glück und beruflichem Erfolg (man erinnere sich an die Schriftstellerin Ruth in "Witwe für ein Jahr"), die Faszination für den schönen Körper, Sex als alltägliche und jedes Mal aufs Neue auch in seelischer Hinsicht erfrischende Form der Geselligkeit - das sind Irvings wiederkehrende Themen, auch in der "Vierten Hand". Was er dieses Mal bis an die Grenze zum Fratzenhaften karikiert, ist auf der einen Seite das Machogehabe eines bestimmten Männertyps und die Karrieregeilheit von herzlosen Frauen im Beruf. Wenn Irving seinen Katastrophenreporter Patrick ausgerechnet zu einem feministischen Kongress mit dem fundamentalen Thema "Die Zukunft der Frau" nach Japan schickt, bei dem außer ihm, dem Berichterstatter, naturgemäß keine Männer teilnehmen dürfen, dann tut er dies nicht nur, um derlei Unternehmungen vorzuführen, sondern vor allem den Mann, der auch auf diesem feindlichen Terrain nicht davor zurückschreckt, sich von einer Teilnehmerin am Rande der Tagung "nonstop vögeln" zu lassen. Dreh- und Angelpunkt von John Irvings satirischer Spottlust ist eine gewisse Mary, diensthöhere Kollegin von Patrick beim Sender in Manhattan. Einmal lässt der Autor seinen Tropf die "positivsten Merkmale" der Kollegin auflisten. Dazu zählen erwartungsgemäß nur äußerliche: "Ihre makellose Haut, ihre unverfälschte Blondheit, ihrer vernünftige, aber sexy Kleidung, ihre perfekten kleinen Zähne." Sie wiederum, die Karikatur einer metropolenbewussten New Yorkerin, aber auch die Bösartigkeit in Person, trägt entscheidend dazu bei, Patrick unter dem Deckmantel eines dienstlichen Vorwands aus dem Sender zu werfen, wobei der wahre Grund in seiner Weigerung zu suchen ist, mit ihr zu schlafen, damit sie endlich Mutter werde.

    Solche zugegeben einigermaßen schrille Einfälle weisen den bekennenden Liberalen John Irving als letztlich doch konservativen Autor aus. Im Grunde seines Herzens ist er mehr Moralist als man auf den ersten Blick vermutet. Seine Beziehung zu New York City war nie sonderlich innig. In "Der vierten Hand" rechnet er mit dem Moloch der Großstadt ab. Wenn man in seinem Haus im ländlichen Vermont zu Besuch ist, fallen einem als erstes die vielen Familienfotos an den Wänden auf. Den Terminplan für Lesereisen nach Europa macht der Familienmensch ganz und gar von den Ferien seines zehnjährigen Sohnes Everett abhängig. Irving reist nie ohne Familie. Erst die Familie, dann die Karriere. Was wohl ein Tom Wolfe dazu sagen würde, der Autor von "Fegefeuer der Eitelkeiten"?

    Dagegen Irving, der Humorist: Manchmal hat man den Eindruck, dass er sich, indem er sich ständig wiederholt und selbst zitiert, über sich selbst lustig macht und seine eigenen, früheren Texte parodiert. Auch darin liegt seine Souveränität. Kein Irving-Roman ohne eine spezielle Recherche. Kinderprostitution führte ihn (und seine emsigen Assistenten) nach Bombay, in Amsterdam redete der Autor mit Huren im Rotlicht-Bezirk, jetzt blieb er im eigenen Lande und recherchierte in einem für Experten akzeptablen, für Laien gewinnbringenden Maße medizinische Details über Handtransplantationen, über Football-Regeln im Allgemeinen und die Finalchancen der Green Way Packers im Besonderen sowie und vor allem über quotenscharfe Fernsehkanäle, die sich auf internationale Katastrophen spezialisieren. In Kaiserslautern fährt sich einer zu Tode, weil er die Schutzbrille zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis abzunehmen vergaß; auf dem Potsdamer Platz sprengt einer aus Protest gegen die neue Kuppel auf dem Reichstag einen Hund in die Luft; in Neuseeland schafft einer beim Wettsaufen vier Whiskeys, siebzehn Tequilas und vierunddreißig Bier in einer Stunde und vierzig Minuten und zeitgleich sich selbst um die Ecke. Die Kameras immer dabei. Die Quoten schäumen über.

    Die Idee zu seinem Roman wurde ihm allerdings ausgerechnet von jenem Medium serviert, das er satirisch aufs Korn nimmt: "Die Idee für ,Die vierte Hand' habe ich von Janet (Irvings Frau und Agentin, H.S.). Eines Abends sahen wir uns vor dem Schlafengehen die Fernsehnachrichten an. Ein Bericht über die erste Handtransplantation in den USA fesselte unsere Aufmerksamkeit. Von der Operation sah man nur kurze Ausschnitte. (...) Die neue Hand musste von jemandem gekommen sein, der erst kürzlich gestorben war. Janet stellte die inspirierende Frage: 'Und wenn die Witwe des Spenders in Bezug auf die Hand ein Besuchsrecht fordert?" - So einfach ist das. Dem Glücklichen ist es vor dem Einschlafen gegeben. Nur das Schreiben am Tage danach muss einem noch leicht von der Hand gehen. Dann wird man vielleicht ein Bestsellerautor vom Schlage eines John Irving. Aber nur vielleicht.

    Als er und Janet an jenem Abend vor dem Fernseher saßen, lag ein paar Zimmer weiter ein Manuskript auf dem Tisch. "Until I find You" wird sein nächster Roman heißen. Er hatte damit begonnen, ehe er auf das Intermezzo mit der "Vierten Hand" kam. Der Roman wird im Tattoo-Milieu spielen und von der Suche eines Sohnes nach seinem Vater handeln. Das ist der autobiografische Impuls vieler seiner Bücher. Doch dieses Mal schreibt er in der ersten Person. John Irvings Eltern ließen sich noch vor seiner Geburt am 2. März 1942 in Exeter, New Hampshire, scheiden, seine Mutter heiratete wieder, der Sohn wurde von seinem Stiefvater adoptiert, den leiblichen hat er nie im Leben gesehen. Auch daran wird John Irving an seinem sechzigsten Geburtstag denken. Nicht nur an den Glanz, der über seiner einmaligen Karriere als Schriftsteller schwebt, nicht nur an den Oscar, den er für sein wunderbares Drehbuch zu Lasse Hallströms Film "Gottes Werk und Teufels Beitrag" 1999 bekam, nicht nur an die Urkunde, die er 1992 zur Aufnahme in der amerikanischen Ringer-Vereinigung "National Wrestling Hall of Fame" entgegennahm, nicht nur an die Mitgliedschaft in der "American Academy of Arts and Letters" seit 2001. Er wird allein mit seiner Familie feiern. Da bin ich mir sicher. Danach erst kommen die anderen. Die Fernsehfritzen zuletzt.

    John Irving: Die vierte Hand. Roman. Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl. Diogenes Verlag, Zürich 2002, 439 S., E 21,90