Freitag, 19. April 2024

Archiv


Die ZVS im Wandel

Um Mitternacht läuft die Bewerbungsfrist für die sogenannten ZVS-Fächer mit bundesweit einheitlichen Zulassungsbeschränkungen ab. Wer also Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Pharmazie oder Psychologie studieren möchte, muss sich sputen.

Von Stefanie Kowalewski | 15.07.2009
    Die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen, kurz ZVS, liegt in der Dortmunder Innenstadt und damit ungefähr in der Mitte Nordrhein-Westfalens. Aber bei weitem nicht in der Mitte Deutschlands.

    "Insofern ist die Online-Bewerbung das Instrument überhaupt."

    Meint Bernhard Scheer, Sprecher der ZVS. Denn dank Internet können sich die Studenten von morgen nun rund um die Uhr und rund um den Globus um einen der begehrten Studienplätze bewerben, ohne aus dem Haus zu gehen.

    "Die ersten Bewerber, die wir online bekommen haben, kamen aus Australien und Kanada."

    Vorbei also die Zeit, als sich vor der Tür des ZVS-Gebäudes lange Schlangen bildeten. Heute können die Bewerber selbst an Stichtagen wie heute ihre Unterlagen meist ohne zu warten einem ZVS-Mitarbeiter in die Hand drücken. Einer, der auf den letzten Drücker seine Zulassungsunterlagen über den Tresen der ZVS schiebt, ist Jan Maas.

    "Das ist spät, ja. Letzter Tag. Von daher, schon ein bisschen knapp."

    Der gelernte Einzelhandelskaufmann möchte Betriebswirtschaft studieren. Dass er erst heute seine Unterlagen einreicht liegt nicht daran, dass er sich so spät für das Studienfach entschieden hat, sondern:

    "Viele andere Sachen noch zu tun. Ich hab jetzt meine Ausbildung fertig gemacht, musste mich da noch um ein paar Sachen kümmern. Und deswegen bin ich erst heute hier."

    Andere, wie Alexander Weihermüller, kommen weil sie um die Ecke wohnen und weil sich manche Fragen im persönlichen Kontakt einfach leichter klären lassen.

    "Was kann ich für Sie tun? Ein Problem hab ich, und zwar muss durch den Umzug mein Zeugnis verschütt gegangen sein, ich hab aber das gefunden und zwar ... "

    Der 30-Jährige möchte nach seiner Ausbildung zum Bürokaufmann nun Soziale Arbeit studieren, wo ist ihm ziemlich egal. Alexander Weihermüller und auch Jan Maas bewerben sich nicht für die klassischen ZVS-Fächer wie Medizin, Pharmazie oder Psychologie. Diese Fächer müssen bundesweit über die Vergabestelle verteilt werden. Andere können über die ZVS vergeben werden, wenn die Hochschule die Vergabestelle beauftragt, das Auswahlverfahren für sie zu organisieren. Dann wird die amtliche Behörde zum Dienstleister. Die ZVS bietet einen Service an, sagt Bernhard Scheer, der den Unis und auch den Bewerbern einen Weg aus dem wachsenden Chaos von unterschiedlichsten Zulassungsbeschränkungen weisen soll.

    "Über 60 Prozent der Studienangebote in Deutschland sind Zulassungsbeschränkt. Und dann wird die Abiturientin, die sich um einen Studienplatz bemüht, nicht nur bei einer Hochschule ihre Unterlagen abgeben, sondern bei 10, 15, 20 Hochschulen. Ich kenne Leute, die haben sich bei 30 Hochschulen beworben. Und aus dieser Scheinnachfrage, die aus einer Person kommt, entsteht natürlich ein unheimliches Durcheinander und ein unheimlicher Aufwand für alle Beteiligten. Für die Hochschulen und erst recht natürlich für die Bewerber."

    Eine Folge aus diesem Bewerbungskarussell ist, dass in den vergangenen Jahren bis zu 15 Prozent der Studienplätze zu Semesterbeginn unbesetzt waren. Das System der ZVS könnte das Chaos zumindest mildern, doch es stößt auf wenig Gegenliebe. Zurzeit nehmen gerade einmal acht Universitäten und zehn Fachhochschulen den Service der ZVS in Anspruch. Die meisten Hochschulen wollen sich ihre Studenten offenbar lieber selber aussuchen. Aber das ist nur ein Grund für die Zurückhaltung, glaubt Bernhard Scheer.

    "Das Problem ist, das Angebot der ZVS ist ein freiwilliges Angebot und sie müssen auch die Serviceleistung der ZVS bezahlen. Das hat wahrscheinlich dazu geführt, dass der Zuspruch noch nicht so ist, wie wir uns das vorgestellt haben."

    Um den Service auch rechtlich auf sichere Füße zu Stellen wird die ZVS wohl noch in diesem Jahr in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt

    Probleme, die den Abiturienten im Wettlauf um die viel zu wenigen Studienplätze in Deutschland wohl egal sind. Im Callcenter der ZVS laufen jedenfalls kurz vor Bewerbungsschluss die Telefone heiß:

    "ZVS Pohlmann, Guten Morgen.

    Ich wollte gerne meinen Zulassungsantrag abschicken. Ich bin so ein bisschen nervös wegen der Post.

    Ja, wenn sie sich online komplett beworben haben, dann haben sie noch Zeit für die Versendung der Unterlagen auf dem Postweg bis Monatsende.

    Ok. Kann ich das also einfach in die Post schmeißen und gut is?

    Genau.

    Ah gut, Dankeschön.

    Gerne

    Tschüss."

    Ganz gleich, ob die angehenden Studenten Schlange stehen, anrufen oder sich online bewerben - die Fragen bleiben eigentlich immer gleich. Auch auf politischer Ebene, meint Bernhard Scheer:

    "Von daher: Die ZVS wird weiter gebraucht und diese Frage, wie kriege ich bei dieser Vielzahl von Bewerbungen nach transparenten, effizienten Regeln Studienplätze vergeben, diese Frage wird in den nächsten Jahren weiterhin auf der Tagesordnung stehen."