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Diensthandys in Frankreich
Ein Recht aufs Abschalten

Arbeitnehmer in Frankreich dürfen Anrufe oder E-Mails nach Arbeitsschluss ab sofort ignorieren. Frankreich hat zum Jahresbeginn das gesetzliche "Recht auf Abschalten" als erstes Land weltweit eingeführt. Strafen gibt es allerdings keine, sollten sich französische Firmen nicht an das neue Abschalt-Recht halten.

Von Kerstin Gallmeyer | 10.01.2017
    Eine Frau berührt mit dem Zeigefinger den Touchscreen ihres Smartphones.
    Französische Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern müssen künftig mit Arbeitnehmervertretern darüber verhandeln, wer wie und wann auf Dienst-E-Mails und Anrufe reagieren muss. (imago / Westend61)
    Wenn das Diensthandy nach Feierabend klingelt oder am Wochenende eine E-Mail vom Chef aufpoppt, können das selbst die gewissenhaftesten französischen Arbeitnehmer in Zukunft geflissentlich ignorieren. Denn seit dem 1. Januar gilt in Frankreich das Recht auf Abschalten, das "Droit à la déconnexion", wie es hierzulande heißt.
    "Das ist eine gute Sache. Wir haben heutzutage ein Problem damit, dass wir jederzeit erreichbar und online sind", meint Romain. Der Pariser kennt das mit dem ständig Erreichbar-sein-Müssen nur zu gut.
    "Ich arbeite im technischen Bereich. Da kommt es oft vor, dass ich mein Telefon auch nachts angeschaltet habe, um bereit zustehen, falls es Probleme gibt."
    Und auch diese junge Frau findet: "Das ermöglicht eine wichtige Pause. Es gibt es viele Leute, die außerhalb ihrer eigentlichen Arbeitszeit arbeiten. Und das zu unmöglichen Zeiten."
    Keine klare Formulierung des Gesetzes
    Frankreich ist das erste Land weltweit, das diesen Missstand gesetzlich regelt. Arbeitnehmer haben nun das Recht, ihr Diensthandy und ihren Arbeits-E-Mail-Account nach Feierabend, an den Wochenenden und im Urlaub auszuschalten. Theoretisch. Denn: So richtig klar ist der französische Gesetzgeber bei der Formulierung des Rechts auf Abschalten nicht gewesen. Vorgeschrieben ist lediglich: Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern müssen künftig mit Arbeitnehmervertretern darüber verhandeln oder in Form einer Benimm-Charta regeln, wer wie und wann auf Dienst-E-Mails und Anrufe reagieren muss. Einige Arbeitgeber in Frankreich haben aber auch schon ohne Anweisung von oben gehandelt. Wie ein großer französischer Versicherungskonzern. Das Unternehmen hat bereits 2012 einen Verhaltensleitfaden erstellt. Der wurde in jeder Abteilung gut sichtbar aufgehängt, wie Sprecher Eric Lemaire erklärt:
    "In der Charta geht es vor allem erst mal darum, das Privatleben zu schützen und darauf zu achten, die neuen Informationstechnologien nicht missbräuchlich einzusetzen. Und sie besagt, dass Zeiten festzulegen sind, wann man auf Mails antwortet und wann man offline ist."
    In Romains Betrieb hat sich dagegen bislang noch nichts geändert: "In meiner Firma wurde noch nicht drüber gesprochen. Aber vielleicht kommt es ja noch."
    Oder auch nicht. Hält sich eine französische Firma nämlich nicht an das neue Abschalt-Recht für ihre Angestellten, drohen ihr per Gesetz keinerlei Strafen.