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Diesel-Abgastests
Deutschland will deutliche Grenzwertüberschreitung

Ab 2017 soll es neue Richtlinien zur Abgasmessung bei Dieselfahrzeugen geben, die sogenannten Real Driving Emmissions. Dazu wird nun ein Vorschlag der EU-Kommission diskutiert, die als Umstellungshilfe für die Fahrzeughersteller bis 2019 eine Grenzwertüberschreitung von 60 Prozent zulassen will - aber einige Länder, auch Deutschland, fordern noch deutlich mehr.

Von Jörg Münchenberg | 26.10.2015
    Der Auspuff eines VW Tiguan TDI
    Auspuff: Wie viel darf hier ab 2017 entweichen? (picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand )
    In einem Punkt sind sich die Euromitgliedsländer, aber auch die EU-Kommission zwar einig: Gerade nach der Volkswagen Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen müssen die entsprechenden Emissionstests endlich realistischer werden. Deshalb sollen die bislang unter Laborbedingungen ermittelten Abgase ab 2017 unter Straßenbedingungen erfasst werden. Real Driving Emmissions heißt der entsprechende Fachbegriff.
    Doch wie immer kommt es auf die Details an. Und da gibt es derzeit noch reichlich Streit zwischen den Mitgliedsländern, aber auch mit der EU-Kommission. Die hat für den kommenden Mittwoch einen Vorschlag für das neue Testverfahren präsentiert, über den dann wiederum ein Expertengremium von Kommission und Mitgliedsstaaten entscheiden soll.
    "Ich kann jetzt nicht sagen, dass der Vorschlag der EU-Kommission zu weit geht. Aber sicher ist: Er muss auch praktikabel sein, er muss auch aktuell ab 2017 praktikabel sein. Und er muss auch 2019, also im Anschluss, auch praktikabel sein. Dabei geht es nicht darum, Industrie zu schützen, sondern wir müssen umsetzen, was technologisch möglich ist", erklärt Umweltministerin Barbara Hendricks gegenüber diesem Programm beim Treffen der EU-Umweltminister in Luxemburg, die sich ebenfalls mit dem Thema befassen. Konkret geht es darum, dass neu zugelassene Dieselfahrzeuge bei den neuen Abgastests mehr Stickoxide ausstoßen dürfen als eigentlich nach der Euro-6-Norm erlaubt, um die Hersteller durch die Umstellung der Verfahren nicht zu überfordern.
    Deutschland möchte dauerhaft 40 Prozent Grenzwertüberschreitung
    Die Kommission hat vorgeschlagen, dass der derzeit gültige Grenzwert von 80 Milligramm Stickoxide je Kilometer zwischen 2017 und 2019 um 60 Prozent überschritten werden darf, danach soll der Fehlerwert nur noch höchstens 20 Prozent über dem erlaubten Grenzwert der Euro-6-Norm liegen. Deutschland will aber einen Aufschlag für die Übergangsphase von weniger als 100 Prozent und immer noch 40 Prozent für die Zeit nach 2019:
    "Wir sitzen nicht im Bremserhäuschen. Aber es hat ja keinen Zweck, als könne man was erreichen, was man im Real Driving Emission nicht erreichen kann. Deswegen glaube ich, sich jetzt an die Spitze der Bewegung zu stellen, wie sie es sagen und etwas vorgeben, was man dann nicht einhalten kann. Das ist nicht ehrlich und integer, das sollte man nicht tun", Verteidigt Hendricks die Position der Bundesregierung. Die Kommission hält allerdings an ihrem Vorschlag bislang fest und hält ihn auch für praktikabel. Die Niederlande fordern sogar noch strengere Grenzwerte, während andere Länder mit einer großen Autoindustrie - wie etwa Italien, Frankreich oder auch Tschechien - für die Dieselautos eine noch großzügigere Übergangslösung als Berlin fordern. Die Entscheidung am Mittwoch sei deshalb offen, sagt Hendricks: "Es ist offen, ob das am Mittwoch entschieden wird, denn es gibt bislang keinen anderen Vorschlag der EU-Kommission. Also, ob am Mittwoch entschieden wird oder wenige Wochen später, ist offen." Dabei sind sich doch im Grundsatz alle einig: Gerade nach der Dieselaffäre um Volkswagen sollte es jetzt eigentlich sehr schnell Klarheit über die neuen Abgastests geben.