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Dieselkraftstoff aus Kohlendioxid
Veredeltes Abfallprodukt

CO2 entsteht in der Regel als Abfallprodukt - doch es lässt sich auch als Rohstoff nutzen. Das beweist eine Dresdner Firma, die mit Forschungsgeldern vom Bund einen Dieselkraftstoff aus Kohlendioxid hergestellt hat. Die Autoindustrie ist von der Qualität des Produktes überzeugt.

Von Dieter Nürnberger | 21.04.2015
    Eine Hand hält eine kleine Glasflasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit in die Sonne.
    Der synthetisch hergestellte Kraftstoff besteht aus Wasser und Kohlendioxid. (dpa/picture alliance/Arno Burgi)
    Als Laie muss man sich darunter erst einmal einen synthetischen Dieselkraftstoff vorstellen. Es ist ein Gemisch, in dem der Kohlenstoff vom Sauerstoff gelöst und dann mit Wasserstoff verbunden wurde. Experten sprachen heute Vormittag auch von einem langkettigen Alkan.
    Und dieser Flüssigstoff soll also künftig auf dem Kraftstoffmarkt eine große Rolle spielen. Zur Präsentation heute in Berlin erhielt deshalb Johanna Wanka, die Bundesministerin für Bildung und Forschung sozusagen eine erste Tankfüllung dieses Dieseltreibstoffs auf CO2-Basis. Fünf Liter umfasste der Kanister und nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Tankschloss konnte dann auch kameragerecht eingefüllt werden. Dass die erste Tankfüllung an die Forschungsministerin übergeben wurde, ist natürlich kein Zufall, denn ihr Haus unterstützt Forschungsprojekte wie dieses mit Millionensummen. Das Geld sei aber auf jeden Fall gut angelegt, so Ministerin Johanna Wanka:
    "Es geht darum, Ressourcen sparsamer einzusetzen. CO2 entsteht ja bei vielen Prozessen als Abfallprodukt - wir sollten es aber nicht allein als solches betrachten, sondern es als Rohstoff nutzen - wir sollten es veredeln. Das ist eine kluge Variante, man macht daraus etwas, was man nutzen kann. Darum geht es bei diesem Kraftstoff - wir hoffen, dass sich das Ganze denn auch preislich so gestalten lässt, dass man Gewinn damit macht."
    Das Besondere an diesem Treibstoff - der übrigens von Weitem wie Wasser aussieht, also keine bräunliche Färbung hat - ist sicherlich, dass das Abfallprodukt CO2 hier sinnvoll verarbeitet wurde. CO2 ist ja sonst eher als schädliches Klimagas bekannt. Aber synthetisch bearbeitet, kann es ökologisch sinnvoll eingesetzt werden. Und einige Experten hierzulande sind denn auch von der Qualität des Dieseltreibstoffs auf CO2-Basis inzwischen mehr als überzeugt. Beispielsweise Reiner Mangold, er ist Leiter für Nachhaltige Produktentwicklung beim großen Fahrzeug-Hersteller Audi:
    "Es hat schon eine sehr gute Qualität. Eine bessere Qualität als die der fossilen Dieselkraftstoffe. Es ist aromaten-frei, es verbrennt ohne Rußbildung. Es ist schon ein Zukunftskraftstoff."
    Preis pro Liter noch unklar
    Entwickelt wurde dieser synthetische Dieselkraftstoff bei der Firma "Sunfire" in Dresden. Die Investitionssumme für die dortige Power-to-liquids-Anlage betrug rund 50 Millionen Euro, ein Teil* davon kam aus Finanzierungstöpfen des Bundesforschungsministeriums. Und man hofft bei Sunfire natürlich darauf, dass sich die Investitionssummen irgendwann auch bezahlt machen. Wobei heute Vormittag durchaus auch kritische Bemerkungen zu hören waren. Macht es denn eigentlich überhaupt Sinn, noch einen schwefel- und rußfreien Kraftstoff zu entwickeln - wo doch die Zukunft eher mit Elektromobilität verbunden wird? Carl Berninghausen von "Sunfire" sieht seinen Kraftstoff eher als Ergänzung zum Elektroauto. Auch bei der Elektromobilität sei ja längst noch nicht alles technisch ausgreift:
    "Die scheitert unter anderem ja daran, dass sich die Leute nicht spezielle Autos nur für den Nahstreckenverkehr kaufen wollen. Man möchte bei der Mobilität so unabhängig sein wie bisher auch. Wenn wir es schaffen, eine Kombination aus Elektroantrieb mit Batterie für den Kurzstreckenbedarf und einem erneuerbaren Kraftstoff für den Langstreckenbedarf auf die Reise zu schicken, dann wird die Elektromobilität auch akzeptiert. Wir sehen unsere Aufgabe daher als ergänzend an."
    Viele Fragen mussten heute Vormittag aber auch unbeantwortet bleiben: Beispielsweise, wann der neue Dieselkraftsoff flächendeckend eingeführt werden kann oder auch die Nennung eines konkretes Preis für einen Liter des neuen Kraftstoffs. So weit ist es also noch nicht. Aber sämtliche Teilnehmer sprachen durchaus von einer Anwendungsorientierung - soll heißen, es soll nicht nur bei einem vielversprechenden Forschungsprodukt bleiben. Noch einmal Reiner Mangold von der Audi AG:
    "Aus unserer Sicht ist es keine Zukunftsmusik. Ich denke, wir können diese Anlagen schon heute in größeren Dimensionen bauen. Noch ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Die Fördersituation und auch die steuerliche Dimension sind derzeit aber noch nicht so, dass es sich wirklich lohnt, diesen Kraftstoff in großen Mengen herzustellen. Aber wenn wir es wollten, wenn wir sagen, die Umwelt ist uns wichtig, dann könnten wir diesen Kraftstoff heute schon im großen Stil einsetzen."
    Reiner Mangold kritisiert in diesem Zusammenhang beispielsweise Förderrichtlinien des auch hier greifenden Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
    *Anmerkung der Redaktion: In der Audioversion heißt es Großteil, das ist falsch.