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Digitaldebatte
Schüler fragen Politiker

Jugendlichen wird häufig unterstellt, zu unvorsichtig und unkritisch mit Angeboten im Internet umzugehen. Doch viele junge Nutzer reagieren bewusst auf Hasskommentare oder Falschmeldungen - fühlen sich aber oft alleingelassen. Darüber konnten sie jetzt mit Fachpolitikern reden.

Von Philip Banse | 10.10.2018
    Gruppe Schüler sitzt auf einer Treppe und kommuniziert mit Tablet-PCs und Smartphones | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverkäufer. | dpa / picture alliance / imageBROKER
    In der Bundespressekonferenz konnten Schüler ihre Fragen stellen (imageBROKER)
    "Ich bin Luka, bin 15 Jahre alt und gehe in die 10 Klasse der deutsch-skandinavischen Gemeinschaftsschule."
    Wenn Luka in sozialen Medien über Beleidigungen stolpert oder über Nachrichten, die er für Falschmeldungen hält, dann meldet er diese Nachrichten der jeweiligen Plattform, sagt er.
    "Ich bin für einen offenen Diskurs, ich finde, andere Meinungen sollten da sein, aber bei Beleidigungen hört es halt auf. Und damit andere sich damit nicht auseinandersetzen müssen, melde ich sie."
    Luka scheint da kein Einzelfall zu sein. Eine repräsentative Onlinebefragung von 700 Menschen zwischen 14 und 24 Jugendlich hat ergeben: Die Hälfte der Jugendlichen hat schon mal einen Hasskommentar, ein Viertel bereits Falschmeldungen gemeldet. Denn immerhin die Hälfte der Jugendlichen gibt an, einmal pro Woche mit unwahren Geschichten in Kontakt zu kommen – auch wenn viele gleichzeitig zugeben, nicht wirklich zu wissen, wie sie diese erkennen können. In jedem Fall aber, so die Umfrage, fühlen sich viele Jugendliche mit Hass und Irreführung in sozialen Medien alleingelassen. Ein gutes Drittel kann sich aber auch vorstellen, über Instagram und Co. Politiker zu kontaktieren und Fragen zu stellen.
    "So, und dann haben wir uns gedacht: Könnt ihr haben."
    Inger Paus, Vorsitzende der Vodafone-Stiftung, die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte.
    "Wenn ihr das gerne möchtet, bringen wir Euch mit den führenden Digitalpolitikern der Bundesrepublik zusammen und dann dürft ihr Eure Fragen stellen. Und deswegen sind wir heute hier."
    Fragen an zuständige Politiker
    "Hier" meint: In der Bundespressekonferenz. Auf dem Podium sitzen Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, Falko Mohrs für die SPD im Bundestag, Ria Schröder, die Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale und Theresa Reintke, für die Grünen im Europaparlament. Davor 30 Jugendliche aus Berliner Schulen, weitere Schüler sehen per Livestream zu und stellen vorbereitete Fragen:
    "Seid Ihr für ein Handyverbot an Schulen oder dagegen? Fangen wir bei Dir an, Du bist ja aus Bayern."
    Gemeint ist Staatsministerin Dorothee Bär von der CSU, alle duzten sich.
    "Ich finde in der Digitalisierung ist immer dieses Entweder-Oder die komplett falsche Entscheidung. Es muss ein Sowohl-als-auch geben. Das ist total weltfremd."
    Umgang mit Beleidigungen
    Die Staatsministerin verkündet, sie nutze vor allem Instagram, weil der Ton dort noch angenehm sein; sie schreibe alle ihre Posts selbst und schätze den direkten Austausch, bekomme viele Direktnachrichten.
    "Man kann nicht immer helfen. Ich hatte in diesem Sommer sehr oft Anschriften, dass ich mich an den Rektor wenden soll, dass es in Bayern doch Hitzefrei gibt. Das konnte ich an keinem Tag durchsetzen. Also es ist doch limitiert, was möglich ist."
    Sogenannte "Fake News", was das ist und wie man damit umgehen kann, all das spielt keine Rolle. Wichtiger: Wie gehen Politiker wie gehen Politikerinnen wie Theresa Reintke von den Grünen mit Beleidigungen um?
    "Wen Leute beleidigen oder drohen, dann werden sie gelöscht, punkt, aus. Das würde ich Euch auch raten. Mit denen eine Diskussion darüber anzufangen, ob das jetzt ok ist, Schlampe oder Arschloch zu sagen, das kostet Euch total viel Energie. Und meldet solche Posts auch! Ich fand es ein total positives Ergebnis der Studie, dass so viele von Euch, in eurem Alter auch wirklich sagen, wir melden Hasskommentare. Ich finde das total wichtig, weil wir uns dagegen zur Wehr setzen müssen, dass diese Trolle das Internet von uns übernehmen."
    Neue Follower für die Politik
    Alle Politiker sind sich einig, dass das Kooperationsverbot weg muss, so dass der Bund den Ländern viel mehr Geld geben und auch Vorschriften machen kann, wie Unterricht auszusehen hat: Mehr Aufklärung über Falschnachrichten und Beleidigungen etwa, mehr Tabletts statt Bücher. Nach der einstündigen Pressekonferenz sind die Schüler zufrieden.
    Max, Jahre 14 Jahre aus Potsdam, folgt nun allen Politikern auf dem Podium auf Instagram und ist froh über den Livestream.
    "Ich hoffe, dass meine Ma das vielleicht gesehen hat und mich nicht immer gleich anmeckert, wenn ich am Handy bin."