Dienstag, 23. April 2024

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Digitale Haushaltsjob-Börsen
"Die Idee ist ja eigentlich eine gute"

Seit einem Jahr gibt es die Haushaltsjob-Börse der Minijob-Zentrale. Diese und andere Onlineportale werben mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitskräften und steuerlich absetzbaren Leistungen. Grundsätzlich sei das eine gute Idee, sagte Verbraucherschützer Sebastian Brauns im DLF, allerdings gebe es auf vielen Portalen dennoch viele Unklarheiten.

Sebastian Brauns im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 30.10.2015
    Putzende Frau am Küchentisch
    Putzende Frau am Küchentisch (picture alliance / Lehtikuva)
    Susanne Kuhlmann: So einfach geht sauber. Eine Handvoll Online-Portale bieten Haushaltshilfen an. Die Stunde kostet zwischen zwölf und 15 Euro und versprochen wird, dass 20 Prozent davon beim Finanzamt absetzbar sind. Seit genau einem Jahr ist neben diesen privaten Anbietern die Haushaltsjob-Börse der Minijob-Zentrale auf dem Markt. Sie will nicht bloß ein weiteres Putzportal sein und meldet 16.000 aktive Nutzer.
    Am Telefon in Berlin ist Sebastian Brauns von der Stiftung Warentest. Guten Tag, Herr Brauns!
    Sebastian Brauns: Hallo! Guten Tag, Frau Kuhlmann.
    Kuhlmann: Was ist beim Portal der Minijob-Zentrale anders oder vielleicht sogar besser?
    Brauns: Die Idee der Haushaltsjob-Börse der Minijob-Zentrale ist ja, dass hier sichergestellt wird, dass die Frauen oder auch Männer, die hier Haushaltshilfen anbieten, regulär angemeldet sind. Diese Sicherheit hat man bei privaten Portalen leider nicht und darum hat die Haushaltsjob-Börse hier diesen Vorteil, dass man nicht Angst haben muss, dass die Person, die zu einem in die Wohnung kommt, nicht sozialversicherungspflichtig putzt.
    "Im Zweifelsfall ist man selber auch dran"
    Kuhlmann: Warum sollte man eine Putzhilfe denn besser anmelden?
    Brauns: Das Problem ist erst mal, dass es natürlich Schwarzarbeit bedeutet, wenn die Putzfrau nicht angemeldet ist, und da ist man im Zweifelsfall selber auch dran. Wenn das auffliegt, gibt es hohe Geldbußen. Es gibt aber auch andere Gründe, warum man angemeldet sein muss: Es geht um Versicherungsschutz, das hat alles einen riesigen Rattenschwanz sozusagen, und darum ist es eigentlich Pflicht.
    "Es geht auch um Scheinselbstständigkeiten"
    Kuhlmann: Auch private Portale werben ja damit, dass Schwarzarbeit vermieden wird, wenn man über sie eine Haushaltshilfe bucht. Stimmt das?
    Brauns: Das Problem ist, dass im Kleingedruckten bei vielen Anbietern sogar selbst vor den juristischen Problemen der Schwarzarbeit gewarnt wird.
    Ein Beispiel hatten wir, dass da jemand sagt, dass die tatsächliche Erfüllung der Pflichten nicht laufend überprüft wird und dass die Firma darauf hinweist, dass Verstöße nach dem Schwarzarbeitsgesetz kommen können. Die werben sehr stark damit, aber der tatsächliche Status ist gar nicht geklärt. Es geht auch um Scheinselbstständigkeiten, weil diese Putzportale sehr stark eingreifen in die Vergabe der Termine an die Putzkräfte und deswegen eigentlich arbeitgeberähnlich auftreten. Es ist aber nicht wirklich geklärt, sagen wir so.
    Kuhlmann: Wie ist es denn in diesem Zusammenhang um die ebenfalls von den privaten Anbietern zumindest versprochene Absetzbarkeit beim Finanzamt bestellt?
    Brauns: Das ist genauso wie die Werbeversprechen mit der Schwarzarbeit. Da wird das sehr stark beworben, dass dieser Steuervorteil da sei, dass das eine sogenannte haushaltsnahe Dienstleistung darstellt, und deswegen würde man 20 Prozent sparen können.
    Das ist ebenfalls sehr unklar, da dann das Problem ist, dass das Geld ja quasi nicht an die Putzkraft überwiesen wird, sondern ich überweise das an das Putzportal. Für diese haushaltsnahe Dienstleistung ist aber ganz klar vorgegeben, dass die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgen muss, und der Erbringer der Leistung des Putzens, nämlich der haushaltsnahe Dienstleister, ist ja die Putzkraft, denn das Portal ist nur ein Vermittlungsportal und das ist keine haushaltsnahe Dienstleistung.
    "So erfolgreich scheint das bisher nicht zu sein"
    Kuhlmann: Noch mal zurück zur Haushaltsjob-Börse der Minijob-Zentrale. Was ist Ihnen auf diesem Portal sonst noch aufgefallen?
    Brauns: Die Idee ist ja eigentlich eine gute. Man hat dort die Idee, dass Leute dort angemeldet sind und dass das eine rechtssichere Geschichte ist. Aber das Grundproblem, sage ich mal, für den Normalnutzer ist ja, er will eine Putzfrau oder einen Putzmann finden, eine Person, die die Wohnung sauber macht, und zwar möglichst schnell und im nächsten Umkreis.
    Ich habe vorhin einfach mal auf der Haushaltsjob-Börse geschaut und die Mitte von Berlin eingegeben als Suchort und da werden mir gerade mal drei Leute angezeigt, und das ist für die Bundeshauptstadt natürlich relativ dürftig. Wenn die Haushaltsjob-Börse sagt, 16.000 Leute wären da angemeldet, wenn man das auf ganz Deutschland mit 80 Millionen Leuten hochrechnet, ist es dann doch wahrscheinlich relativ wenig, wenn vor allem in einem Ballungsraum wie Berlin kaum was zu finden ist. So erfolgreich scheint das leider bisher nicht zu sein.
    "Man hat auf den ersten Blick nicht wirklich einen Eindruck davon, wer da jetzt in meine Wohnung kommt"
    Kuhlmann: Welche Informationen bekommt man online überhaupt über die Haushaltshilfen?
    Brauns: Die Haushaltsjob-Börse hat ein Profil. Da steht dann ein Angebot: Ich suche einen Nebenjob, zum Putzen zum Beispiel. Dort finde ich aber nur irgendeinen Vornamen, Bella zum Beispiel oder Anna-Paula, oder einer nennt sich Computerversteher, was das auch immer mit Putzen zu tun haben soll. Und es gibt kein Foto, keine Telefonnummer, man hat auf den ersten Blick nicht wirklich einen Eindruck davon, wer da jetzt in meine Wohnung kommt. Das ist ähnlich wie bei den privaten Putzportal-Anbietern. Es hat ja sehr viel mit Vertrauen zu tun.
    Kuhlmann: Seit einem Jahr gibt es die Haushaltsjob-Börse der Minijob-Zentrale, aber einfach ist es immer noch nicht, die passende Putzhilfe online zu finden. Danke schön nach Berlin an Sebastian Brauns von der Stiftung Warentest.
    Brauns: Danke schön.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.