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Digitale Rohrkrepierer
Wenn das Internet nicht ankommt

Ein Schüler muss Unterrichtsmaterial aus dem Netz laden. Seine Mutter fährt ihn dafür in die nächstgrößere Stadt. Einem Unternehmer geht ein Geschäftsabschluss flöten. Er kann seine Dateien nicht übertragen. In Deutschland gibt es Hunderte "weiße Flecken" mit nur drittklassigem Internet. Und die Politik hält Sonntagsreden.

Von Benjamin Dierks | 28.12.2017
    ILLUSTRATION - Auf dem Marktplatz von Bretten (Baden-Württemberg) wird am 13.07.2016 ein Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln des Breitband-Versorgers BBV gezeigt.
    Der Glasfaserausbau stockt noch immer (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    "Tessenow. Hallo…"
    Joachim Tessenow ist gerade an der Staatsbibliothek Unter den Linden in Berlin aufgeschlagen - seiner größten Baustelle derzeit -, da hat er schon wieder das Handy am Ohr, um einen anderen Auftrag abzusprechen.
    "Ich melde mich heute Nachmittag noch mal, wann machen wir den Transport?"
    Joachim Tessenow hat ein kleines Handwerksunternehmen in Brandenburg und sorgt dafür, dass Baustellen im Winter beheizt werden. Deshalb ist er ein gefragter Mann, wenn zum Jahresende die Temperaturen fallen. Fünf Baustellen betreut Tessenow im Moment parallel, damit hat er als Einmannbetrieb gut zu tun. Er ist oft in Berlin, aber er erhält auch schon mal Aufträge aus Dresden, Hamburg oder gar aus Polen.
    "Alles klar, ja, ok gut, dann bis nachher."
    Tessenow ist beruhigt, wenn er unterwegs ist - wie jetzt in Berlin, denn hier kann er sicher sein, dass die telefonischen Anfragen ihn auch erreichen. Denn was heute eigentlich ganz normal ist, nämlich mal eben ein Gespräch am Handy zu führen, ist für den selbstständigen Handwerker ganz und gar nicht selbstverständlich – zumindest nicht an seinem Firmensitz im brandenburgischen Kleßen-Görne. Die Gemeinde liegt nur etwa eine Stunde Autofahrt von der Bundeshauptstadt entfernt. Aber wenn Tessenow wieder nach Hause fährt, hat er das Gefühl, als würde er nicht nur die Großstadt, sondern auch die Zivilisation verlassen - so schlecht ist die Verbindung dort. Sein Heimatort Kleßen steckt nicht nur in einem Funkloch, sondern hat auch kein schnelles Internet.
    Joachim Tessenow zeigt auf ein Gebäude.
    Joachim Tessenow hat ein kleines Handwerksunternehmen in Brandenburg - dort hat er oft keinen Handyempfang. (Benjamin Dierks / Deutschlandradio )
    "Die Verbindung ist im Moment so, dass die Telekom maximal doppelte ISDN-Geschwindigkeit anbietet, das sind 128 Kilobit pro Sekunde. Und da kann man keine Angebote, keine Dateien verschicken, das würde eine Ewigkeit dauern - dass ich dieses meist von unterwegs machen muss."
    Internet erster und zweiter Klasse
    Solche Übertragungsraten stammen eigentlich aus einer Zeit, als gerade das gute alte 56k-Modem eingemottet wurde. Mit dem, was man heute unter schnellem Internet versteht, mit einem Breitbandanschluss, haben sie nichts zu tun.
    In Deutschland dürfe es kein Internet erster und zweiter Klasse geben, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits vor Jahren verkündet. In brandenburgischen Kleßen aber ist das Internet höchstens drittklassig. Damit ist der Ort nicht allein. In Deutschland gibt es noch Hunderte solcher "weißen Flecken", in denen zügiges Internet ein Wunschtraum ist. Gewerbetreibende und Anwohner in Kleßen klagen seit Jahren darüber, dass sie doppelt abgehängt sind, beim Handy und beim Internet.
    "Dass man das nicht von seinem Arbeitsort oder von seinem Büro aus machen kann, sondern man muss durch die Gegend fahren, wo man eine schnellere Verbindung hat. Ich habe das auch von anderen Unternehmern aus meinem Ort gehört, die haben keine Möglichkeit, an Ausschreibungen teilzunehmen, weil die die Zeit nicht einhalten können."
    Die Aufschrift «Kein Netz» auf dem Bildschirm eines Mobiltelefons.
    Immer noch Realität: Das Funkloch in Zeiten der Smartphones (Inga Kjer / dpa)
    Tessenow ist nicht nur selbst Betroffener, sondern auch der Bürgermeister von Kleßen-Görne. Am Abend steht eine Gemeindeversammlung an und es nagt an ihm, dass er trotz seiner Gespräche mit Landespolitikern und Telekommunikationsanbietern seinen gut 400 Mitbürgern noch keine Besserung versprechen kann. Die Telekom hat immerhin angekündigt, dass sie das Funkloch schließen wolle – in gut zwei Jahren.
    "Es wird nur über Wirtschaftlichkeit gesprochen und keiner spricht über den Versorgungsauftrag. Die haben noch nicht erkannt, dass Mobilfunk und Internet genauso wichtig ist, wie zum Beispiel elektrisches Licht und die Wasserversorgung."
    Dass Menschen heute an Wirtschaft und Gesellschaft ohne zeitgemäßen Internetanschluss kaum noch teilhaben können, ist unumstritten. Die Frage ist nur: Wer muss diese Daseinsvorsorge treffen und den Anschluss an die digitale Welt sicherstellen?
    2.500 bis 5.345 Euro je Haushalt
    Man kann es der Telekom oder anderen großen Anbietern wie Vodafone zwar übel nehmen, dass sie auf dem flachen Land kein ebenso gutes Netz schaffen wie in der Stadt. Aber private, börsennotierte Unternehmen werden Investitionen tunlichst vermeiden, wenn sie sich nicht rechnen. Der TÜV Rheinland hat ausgerechnet, dass zum Beispiel der Ausbau von Glasfaser-Verbindungen in dünn besiedelten Regionen, in denen lange Verkabelungen notwendig sind, 2.500 bis 5.345 Euro je Haushalt kosten.
    Anders als auf einen Telefonanschluss besteht auf einen Internetanschluss kein Rechtsanspruch – trotz aller Lippenbekenntnisse. Die Politik hat lange darauf gesetzt, dass das Zusammenspiel aus der Nachfrage der Kunden und dem Angebot konkurrierender Internetanbieter schon ein flächendeckendes Netz gewährleisten werde. Das hat sich als Trugschluss erwiesen – was auch Politiker heute eingestehen.
    "Wir haben jetzt in den letzten Jahren festgestellt, dass der Markt offenbar nicht in der Lage ist, einen Teil Deutschlands – nämlich vor allem die ländlichen Regionen - mit schnellem Breitband zu versorgen. Und deshalb haben wir erstmals in der letzten Legislaturperiode ein Förderprogramm gemacht, und zwar gleich mit viereinhalb Milliarden Euro, um Lücken im ländlichen Raum zu schließen."
    Sagt Thomas Jarzombek, Sprecher für die Digitale Agenda der Bundestagsfraktion von CDU und CSU. Wenn von schnellem Breitband die Rede ist, bedeutet das eine Übertragungsleistung von 50 Mbit pro Sekunde. Gleichzeitig übers Internet in HD fernzusehen, zu telefonieren und im Netz zu surfen, ist damit kein Problem.
    Zahlreiche Glasfaserkabel unter anderem zur Übertragung von Hochgeschwindigkeitsinternet laufen am 20.08.2014 in Neumünster (Schleswig-Holstein) an einem Verteilerpunkt zusammen. 
    Die digitale Infrastruktur auszubauen, bringt erhebliche Kosten mit sich (picture alliance / dpa - Daniel Reinhardt/dpa)
    Derzeit sind hierzulande gut Dreiviertel aller Haushalte mit solchen Breitbandleitungen ausgestattet. Das ermittelte der TÜV Rheinland im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, das die Ergebnisse in einem sogenannten Breitbandatlas festhält. In den häufig abgehängten ländlichen Gemeinden verfügen lediglich rund 40 Prozent der Haushalte über schnelle Leitungen.
    Die Lage ist womöglich noch schlechter, denn der TÜV baute auf freiwillige Angaben von Unternehmen. Kritiker nennen den Breitbandatlas deswegen schon mal einen "Schönwetteratlas". Wenn es in einer Kommune kein schnelles Netz gibt und auch kein Anbieter in Sicht ist, der es in den kommenden Jahren anbieten will, spricht man von Marktversagen. Dann kann die unterversorgte Kommune finanzielle Förderung des Bundes beantragen. Das sei die Antwort der Bundesregierung auf die Frage, wer Verantwortung für den Ausbau trägt, sagt Netzpolitiker Jarzombek.
    "Wir haben sie ja ein Stück weit beantwortet, in dem wir mit diesem Förderprogramm vor zweieinhalb Jahren gesagt haben: Wir übernehmen das jetzt am Ende, indem wir jetzt auch diese wirtschaftlichen Lücken füllen."
    Das verfehlte Ziel der Bundesregierung
    Das Fördergeld des Bundes können die Kommunen einerseits nutzen, um die sogenannten Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen. Dabei wird ein Privatunternehmen mit dem Ausbau beauftragt. Finanzielle Einbußen, die dadurch entstehen, dass nicht genug Kunden Verträge zeichnen, um die Investitionen zu decken, gleicht die Kommune mit dem Fördergeld aus.
    Daneben gibt es das Betreibermodell. Hier bauen die Kommunen das Netz selbst aus und verpachten die Leitungen dann in der Regel an private Internetversorger. Die Bundesregierung hatte 2014 das Ziel ausgegeben, dass bis Ende 2018 alle Haushalte in Deutschland an eine schnelle Internetverbindung mit einer Übertragung von mindestens 50 Mbit pro Sekunde angeschlossen sein sollen. Es zeichnet sich bereits ab, dass dieses Ziel verfehlt wird. Aber das ist nicht der einzige Punkt, der der Regierung Sorgen bereiten sollte.
    "Das Problem in Deutschland ist, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern stark zurückgefallen sind, dass die anderen Länder beim Breitbandausbau sehr viel weiter sind, weil sie die letzten Jahre dazu genutzt haben, Glasfasernetze auszurollen, die bei uns noch sehr vereinzelt zum Einsatz kommen."
    Bernd Beckert ist beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe für neue Technologien zuständig. In einer Untersuchung für die Bertelsmann Stiftung hat er ermittelt, dass Deutschland beim Ausbau von zukunftsfähigen Glasfaseranschlüssen im OECD-Vergleich auf Platz 28 von 32 liegt. Es kommt nämlich aus weitgehend einhelliger Sicht von Experten nicht nur darauf an, Menschen überhaupt mit Breitband zu versorgen, sondern dafür auch eine Technik zu wählen, die in ein paar Jahren nicht schon wieder überholt ist.
    Bürokauffrau am Schreibtisch in Oberhausen im Jahr 1972
    Fortschrittlich wie das Telefonieren mit einer Wählscheibe (imago/Werner)
    Dort, wo die Telekom und andere große Anbieter die Netze ausbauen, setzen sie bislang weitgehend darauf, die alten Kupferverbindungen der Telefonanschlüsse aufzuwerten. Durch eine Technik, die sich Vectoring nennt, werden aus den alten Leitungen die letzten Reserven geholt. Dabei werden die Leitungen - vereinfacht ausgedrückt - von Störsignalen befreit und damit schneller gemacht. Durch Vectoring wird die Übertragungsrate auf bis zu 100 Mbit pro Sekunde erhöht. Damit hat haben Anbieter wie die Telekom eine relativ günstige Möglichkeit, Internetverbindungen zu verbessern.
    "Überall, wo Vectoring möglich ist, wird das auch genutzt. Und das ist unserer Ansicht nach einer der Hemmschuhe für schnelleres Internet in Deutschland."
    Vectoring, eine Brückentechnologie
    Vectoring reiche zwar zunächst aus, um das bisherige Ausbauziel der Bundesregierung von 50 Mbit pro Sekunde für alle Haushalte zu erreichen, sagt Bernd Beckert vom Fraunhofer-Institut. Es sei aber bereits abzusehen, dass diese Technik bald ihre Grenzen erreichen wird, wenn aufwändigere Anwendungen einen schnelleren Datentransfer verlangen. Wenn es beispielsweise um selbstfahrende, weil digital gesteuerte Autos geht, ist an die alten Verbindungen gar nicht mehr zu denken. Auch 5G, das Internet der fünften Generation, funktioniert nur mit Glasfaser.
    "Weil Vectoring eine Brückentechnologie ist, das muss man glaube ich so sagen. Aber auf die lange Frist gesehen - und wir sehen ja, dass die Nachfrage nach Bandbreite enorm ansteigt - auf lange Frist führt an der Glasfaser kein Weg vorbei."
    Die Unterschiede unter den OECD-Staaten beim Glasfasernetzausbau sind der Fraunhofer-Studie zufolge erheblich. Im kleinen Estland sind mit 73 Prozent der Haushalte besonders viele Menschen angeschlossen. In Schweden und Spanien wird immerhin jeder zweite Haushalt erreicht. In Deutschland könnten hingegen nur 6,6 Prozent der rund 41 Millionen Haushalte einen direkten Glasfasernetz-Anschluss erhalten, auf dem Land sinkt die Quote auf 1,4 Prozent.
    Ein WLan-Symbol auf einer Glastür in einem modernisierten ICE der Deutschen Bahn.
    Sogar im ICE ist eine gute Verbindung durch mobiles WLAN möglich (dpa/Nicolas Armer)
    Dabei geht es vor allem um die sogenannte letzte Meile vom Verteilerkasten bis zum Haus. Die besteht in Deutschland meist noch aus Kupfer. Und wenn ein Haus weiter als 500 Meter vom Verteilerkasten entfernt liegt, fällt die Leistung des Anschlusses ab, auch bei den mit Vectoring verbesserten Verbindungen. In vielen Ländern wird diese Technik deshalb übersprungen. Kritiker werfen der Bundesregierung deshalb vor, dass sie mit der Genehmigung des Vectorings einen konsequenten Glasfaser-Ausbau verhindert habe.
    "Man muss, wenn man heute solche Projekte startet und die Netzte ausbaut, muss man hier vor Augen haben, nicht was die Kunden heute nachfragen, was sie heute tatsächlich benötigen. Sondern gerade, wenn wir hier von Glasfaser sprechen - einer Technologie, die die nächsten 30 bis 50 Jahre up to date sein wird - sollte man zumindest mal die Anforderungen vor Augen haben, was die Nachfrager im Jahr 2025 haben werden."
    Christian Wernick leitet die Abteilung Unternehmen und Strategien beim Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, kurz WIK. Seine Kollegen und er haben in einer Studie versucht zu erheben, wie das Internet 2025 benutzt werden wird und welche Bandbreiten dafür gebraucht werden. Sie kamen zu dem Schluss, dass künftig nicht mehr 50 oder 100 Mbit pro Sekunde zur Verfügung stehen sollten, sondern mindestens 500. Die seien etwa nötig, weil immer mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten, was schnelle Cloud-Verbindungen verlangt. Auch Online-Spiele, Kommunikation oder digitale Gesundheitsversorgung bräuchten höhere Bandbreiten.
    "Eine Entscheidung pro Glasfaser"
    Diese Einsicht hatten auch die Unionsparteien, die Grünen und die FDP in ihren gescheiterten Sondierungsgesprächen für eine gemeinsame Regierungskoalition. Die Parteien wollten für den Netzausbau bis zum Jahr 2025 20 Milliarden Euro investieren und hatten als Ziel eine Verbindungsgeschwindigkeit von einem Gigabit pro Sekunde ausgegeben, also 1.000 Mbit, das Zwanzigfache des heutigen Ziels. Tabea Rößner, Sprecherin für Medien, Kreativwirtschaft und digitale Infrastruktur der Grünen-Bundestagsfraktion, spricht von einer Entscheidung pro Glasfaser. Sie hofft, dass auch Union und SPD sich daran halten werden.
    "Es ist wichtig, dass wir jetzt ganz massiv in Glasfaser investieren müssen, das ist eine zukunftsfähige Investition. Weil die Daten sich ja immer noch stärker vermehren werden. Und um tatsächlich zukunftsfähige, leistungsfähige Infrastruktur aufzubauen, müssen wir auf Glasfasertechnologie setzen."
    Computermaus mit Aufklebern und Schneckenhaus, Symbolfoto Übertragungsgeschwindigkeit
    Es geht durchaus auch schnell (imago stock&people)
    Auch viele Experten fordern, dass beim Ausbau der Netze nicht mehr eine bestimmte Bandbreite als Ziel gesetzt werden sollte, die bald wieder überholt sein könnte. Sondern das Infrastrukturziel, das Land möglichst schnell mit Glasfaser auszustatten. Ganz unangefochten ist diese Forderung aber nicht: CDU-Digitalpolitiker Thomas Jarzombek hält dagegen - vor allem aus Kostengründen.
    "Ich glaube, dass es nicht realistisch sein wird, ein Infrastrukturziel Glasfaser aufzusetzen und gleichzeitig mit den Investitionsmitteln, die im Raum stehen - nämlich zweimal zehn Milliarden, also für die nächsten beiden Legislaturperioden bis 2025 - alle Haushalte zu erreichen. Da bräuchten sie dann ein Vielfaches an Mitteln."
    Die Grünen und andere fordern, dafür die Telekom-Aktien zu verkaufen, die der Bund hält. Damit könne nicht nur Geld beschafft werden, sondern es werde auch ein Interessenkonflikt beigelegt, weil die Politik einerseits mitunter gegen die Interessen der Telekom Entscheidungen treffen müsse, andererseits aber als Anteilseigner an der Gewinnmaximierung des Unternehmens interessiert sei. Der Aktienverkauf ist unter Experten umstritten. Es gibt auch die Gegenmeinung, dass der Bund als Anteilseigner besser auf die Telekom einwirken könne. Grünen-Politikerin Tabea Rößner glaubt aber, dass das Geld anders eingesetzt werden solle:
    "Dieses Geld soll in eine Breitbandgesellschaft gesteckt werden. Und diese Gesellschaft soll Kommunen dabei unterstützen, den Glasfaserausbau voranzubringen. Und die Kommunen können dann diese Netze an Betreiber verpachten und nehmen dadurch auch wieder Gelder ein, die sie wieder weiter in den Ausbau stecken können."
    Kein privater Anbieter gefunden
    Was Rößner beschreibt, ist das, was heute durch den Bund gefördert als sogenanntes Betreibermodell in einigen schlecht versorgten Teilen des Landes bereits geschieht: Der Zweckverband Altmark ist aus solch einer Initiative entstanden. Und für den wird es nun ernst. Der nördliche Ausläufer von Sachsen-Anhalt hat besonders viele "weiße Flecken", also ländliche Gebiete, die kein schnelles Internet haben. Und es sah lange nicht danach aus, als würde sich daran etwas ändern.
    "Altmarkkreis Salzwedel und Landkreis Stendal, das sind ja die beiden altmärkischen Landkreise, die haben schon vor langer Zeit immer händeringend versucht, private TK-Unternehmen dazu zu bekommen, hier in dieser doch sehr ländlich geprägten Region ihre Netze soweit zu erneuern, dass die Bürger hier in den gleichen Genuss kommen, wie Bürger, die städtenah wohnen."
    Andreas Kluge, Geschäftsführer des Zweckverbands Altmark
    Andreas Kluge, Geschäftsführer des Zweckverbands Altmark. Der Verband baut das Netz selbst, anstatt einen Anbieter zu bezuschussen. (Benjamin Dierks / Deutschlandradio )
    Andreas Kluge ist der Geschäftsführer des Zweckverbands Altmark. Es fand sich kein privater Anbieter, der in der Region auf halber Strecke zwischen Hamburg und Berlin, in den Netzausbau investieren wollte. Die Landkreise entscheiden sich deshalb, die Sache in die Hand zu nehmen und den Zweckverband ins Leben zu rufen. Der Verband verfolgt das Betreibermodell, baut das Netz also selbst, anstatt einen Anbieter zu bezuschussen. 140 Millionen Euro soll das Vorhaben kosten.
    "Der Zweckverband selbst errichtet also das vollständige passive - so nennen wir das - also das nichtaktive Netz - in Form von Lehrröhrchen und Glasfasern bis ins Haus. Und am Ende dieses Glasfasers steckt dann ein Abschlusselement, und damit ist die Aufgabe eigentlich erledigt."
    Pacht soll helfen, Netzausbau zu refinanzieren
    Eigentlich, sagt Kluge, weil der Zweckverband zudem mit einem Betreiber zusammenarbeitet, der das Netz aktiviert. Dann schließlich können die verschiedenen privaten Internetanbieter über das Netz gegen eine Pacht ihre Dienste anbieten. Die Pacht soll dabei helfen, den Netzausbau zu refinanzieren. Der Zweckverband hat auf Glasfaser gesetzt. Um Fördergeld zu erhalten, musste der Zweckverband durch Vorverträge nachweisen, dass 60 Prozent der Haushalte in einem Ausbaugebiet einen Glasfaseranschluss bestellen wollen. Nun soll die konkrete Planung beginnen. Was Andreas Kluge Sorge bereitet: Nach all dem Rechnen und Planen fängt die Telekom plötzlich doch an, in Teilen der Altmark Anschlüsse mit der Vectoring-Technik auszubauen und ihrerseits Kunden für ein schnelles Internet zu werben.
    "Jetzt kommt so ein Anbieter, der viel flexibler ist, da sagen die natürlich ja. Da nimmt man lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Das bedeutet für uns - in unserer Akquisephase - einen herben Rückschlag, der ist zumindest zu befürchten."
    Mit dem Eintritt in die Planungsphase kann Kluge endlich neue Mitarbeiter einstellen. Mut macht Kluge auch die Karte an der gegenüberliegenden Wand. Darauf zu sehen ist das, was der Zweckverband "Cluster 1" nennt, das Gebiet um den Ort Arneburg. Dort haben Kluge und sein Team in einem Testlauf 300 Haushalte bereits mit schnellem Internet versorgt. 150 Kilometer Glasfaser bis in jeden Hinterhof.
    "Wir könnten nach jetzigem Stand einen Haushalt sogar mit 6 Gigabit versorgen. Und wir machen keinen Unterschied, wo sich dieser Haushalt befindet. Das ist ja unser Grundansatz, alle sind gleich."
    Bei den Anwohnern, von denen er höre, sei der Anschluss bereits jetzt schneller als gebucht, berichtet Andreas Kluge. Und er ist zuversichtlich, dass sich davon früher oder später alle Bürger der Altmark überzeugen lassen.