Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Digitale Vasa

Archäologie. – 1629 sollte die "Vasa" der Stolz der Großmacht Schweden werden. Das Flaggschiff der Kriegsmarine lief vor großem Publikum vom Stapel – und kenterte in einer Bö noch ehe es den Hafen Stockholms verlassen hatte. 1959 wurde die Vasa geborgen und restauriert. Doch der Zahn der Zeit nagt an dem Schiff. Daher soll es nun vollständig dreidimensional digital erfasst werden. Auf der Jahreskonferenz für Computeranwendungen und quantitative Methoden in der Archäologie in Budapest berichteten die zuständigen Forscher über den Stand des Projektes.

Von Michael Stang | 03.04.2008
    Nach 330 Jahren im Schlick vor den Toren Stockholms wurde die Vasa 1959 in einer der spektakulärsten Bergungsarbeiten der Welt gehoben. Von dem 69 Meter langen Kriegsschiff, das die entscheidende Waffe Schwedens gegen Polen im 30jährigen Krieg sein sollte, konnten 95 Prozent geborgen und restauriert werden. Wochenlang wurde die Vasa damals mit Konservierungsmitteln besprüht. Durch die Oxidation des im Holz enthaltenen Schwefels entstand jedoch Schwefelsäure, die den alten Schiffskörper immer weiter zersetzt. Auch eine neue Klimaanlage konnte den allmählichen Verfall des Schiffes nicht stoppen. Daher entschlossen sich die Archäologen und Computerexperten des Vasamuseums, das Schiff vollständig dreidimensional zu digitalisieren, sagt Arvid Engström.

    "Als erstes haben wir uns eine 3D-Scan-Technik sowie eine so genannte FeroArm-Technik besorgt, damit wir alle Stücke digital aufnehmen konnten. Dadurch sind wir nun in der Lage, die Daten des Schiffes und der Figuren unabhängig von ihrer Erhaltung einmal für alle Zeiten zu speichern."

    Der Computerspezialist vom Vasamuseum will zusammen mit den zuständigen Archäologen mit den beiden Laser-Scan-Methoden das Schiff vollständig dokumentieren. Damit können sie später die Vasa in allen ihren Einzelheiten virtuell vermessen und an ihnen forschen, ohne einen Fuß auf das Schiff setzen zu müssen. Seit nunmehr 18 Monaten digitalisieren sie nicht nur das Schiff, sondern auch sämtliche Einzelteile, darunter auch die kunstvoll geschnitzten Figuren, die zu Hunderten die Vasa schmücken. Engström:

    "”Wir erhalten permanent neue Einblicke in die Geheimnisse des Schiffes, etwa mit welchen Methoden die Figuren hergestellt und gefärbt wurden, ebenso lässt sich die Statik des Schiffes nun einfacher berechnen. Obwohl wir nun seit anderthalb Jahren an der 3D-Aufnahme arbeiten sind wir noch nicht fertig. Das Schiff ist zwar bereits digital erfasst, aber von den mehr als 1500 Figuren haben wir erst 40 Stück geschafft, da ist noch viel zu tun.""

    Die digitalen Daten wurden aber nicht nur für eine Forschung im virtuellen Bereich erfasst und gespeichert. Engström:

    "Neben solchen dreidimensionalen Begehungen des Schiffes für Besucher oder Nutzer unserer Internetseite können wir nun auch dreidimensionale Figuren fräsen oder 3D-Ausdrucke erzeugen."

    Mit nie dagewesener Präzision können Arvid Engström und seine schwedischen Kollegen nun sämtliche Figuren und Teile des Schiffs dreidimensional kopieren. Dies wird bei der zunehmenden Verwitterung eines Tages notwendig sein, um das Schiff zu erhalten. Engström:

    "”Die Technik ist allerdings ziemlich teuer, daher fertigen wir momentan noch keine 3D-Figuren an. Wir wollen aber in Zukunft die fehlenden fünf Prozent des Schiffes auf diese Art und Weise rekonstruieren und somit authentische Kopien erzeugen. Vorher müssen wir aber erst noch eine Firma finden, die diese Kopien kostengünstig produziert.""

    Vorerst geht es aber in erster Line um die digitale Erfassung des ganzen Schiffes. Wird das Projekt erfolgreich abgeschlossen, könnte es Vorreiter für weitere archäologische Projekte sein und sich als moderne Konservierungsmethode etablieren.