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Digitale Wege aus der Corona-Krise
Küchenslams und Geistergags

Infolge der Corona-Krise entsteht in der Kleinkunst eine neue und solidarische Netzkultur mit Instagram-Shows und Geisterkonzerten, finanziert durch Crowdfunding. In der Netz-Initiative „Kultur erhalten“ kämpfen Künstler zudem gemeinsam um schnelle, unbürokratische Hilfe bei finanziellen Ausfällen.

Von Daniela Mayer | 18.03.2020
    Leere Theaterbühne mit rotem Vorhang.
    Leere Bühnen, volles Netz: digitale Wege aus der existenziellen Krise im Kulturbetrieb (imago / AGB Photo)
    Tatsächlich ist für viele Künstlerinnen und Künstler das Netz der letzte Ausweg aus der existenziellen Krise. Denn ohne Auftritte steht die Mehrzahl in wenigen Wochen vor dem finanziellen Nichts. "Zwei bis drei Monate" ist die häufigste Antwort auf die Frage, wie lange fehlende Auftritte finanziell überbrückbar sind. Künstlerinnen und Künstler, private Bühnen und Agenturen sitzen dabei alle in einem Boot, denn aktuell sind schnelle, unbürokratische Hilfen von staatlicher Seite zwar angekündigt, aber noch nicht in Sicht.
    Netz-Initiative "Kultur erhalten"
    Daran geändert hat auch ein gemeinsamer Brief an die Bundesregierung bisher wenig. Entstanden ist er in der neu gegründeten Initiatve "Kultur erhalten". In der dazugehörigen Facebook-Gruppe tauschen sich inzwischen über 3000 Betroffene über neueste Entwicklungen aus und teilen Informationen über mögliche Unterstützungen.
    Unterkriegen lässt sich die Kleinkunstszene bei all der finanziellen Ungewissheit aber nicht. Täglich starten im Netz neue Formate wie Küchenslams, Wohnzimmershows oder Geisterlesungen und sie werden in den sozialen Netzwerken sehr dankbar angenommen. So zum Beispiel auch die tägliche Show des Kabarettisten und Autors Markus Barth, der immer um 19 Uhr auf Instagram seine Fans und zugeschaltete Künstlerinnen und Künstler aus der Szene begrüßt.
    Kultur aus den Wohnzimmern, in die Wohnzimmer, das Bedürfnis nach Ablenkung, Kultur und Humor ist groß. Über 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauer hatte beispielsweise auch das Geisterkonzert des Duos "Lumpenpack". Finanziert werden konnte es durch eine Crowdfunding Aktion, bei der die Fans in kürzester Zeit über 70.000 Euro spendeten. Ein Großteil davon soll zugunsten anderer Betroffener in der Kleinkunst gehen.
    Neue Netzformate für die Zukunft
    Auch Sarah Bosetti hat neue, digitale Wege gefunden ihr Publikum zu erreichen. Sie schreibt und liest in den sozialen Netzwerken derzeit einen Fortsetzungsroman, verfasst aus Ideen und Kommentaren ihrer Fans. Wer möchte, kann dafür an sie etwas spenden, die anderen konsumieren kostenlos. Auch das könnte ein digitales Modell sein, das nach Corona noch eine Zukunft hat.
    In den Querköpfen stellen wir weitere Ideen und Formate der neuen Netzkultur vor und sprechen mit Betroffenen über eine Situation, die durch Corona schon morgen wieder eine ganz andere sein kann.
    Das geplante Porträt von Miss Allie hören Sie am 9. Juli.