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Digitales Logbuch
Ich wär' so gerne Multi-Coinionär

Digitales Geld ist praktisch: Mit der Bitcoins genannten Währung kann man sogar in der realen Welt bezahlen und Überweisungen funktionieren sofort und nicht erst mit tagelanger Verzögerung. Aber, wo Geld ist, da sind auch Diebe. Sie schießen nicht, sie programmieren.

Von Wolfgang Noelke | 08.03.2014
    Was ist der Einbruch in eine Bank, gegen die Gründung einer Bank? Die Antwort auf Bert Brechts "Drei-Groschen-Oper"- Zitat ist doch klar: Wer sich beim Einbruch erwischen lässt, landet im Gefängnis, wer nach einer Bank-Gründung immer noch glaubt, nicht genug Geld zu haben, um darin baden zu können, darf vielleicht eine Börse gründen. Einen Handelsplatz für Bit-Coins, ist zeitgemäß.
    Tja, da guckt mein alter Second-Life- Avatar Athos ganz schön blöd aus der Wäsche. Jahrelang hat Athos sich in verrauchten Kaschemmen und lauten Clubs - quasi zur Belohnung - insgesamt 72 Linden-Dollar ersessen - heute vielleicht gerade mal 15 Cent wert - und während er da so sitzt und unter Bewachung des britischen Geheimdienstes brav brütet, kommt ein gewisser Satoshi Nakamoto daher, erfindet digitales Geld, nennt es Bitcoin, mit dem ich in der realen Welt einkaufen kann, wie mit Bargeld: ohne Überwachung, ohne Überweisungsgebühren, ohne Transaktionskosten oder sonstigem Papierkram. Wenn ich irgendwem irgendwas irgendwohin überweise, klappt das mit Bitcoins sofort und nicht mit tagelanger Verzögerung, weil noch ein oder zwei Banken Zinsen verdienen wollen. Tolle Idee, vorausgesetzt, das digitale Geld bleibt dort, wo ich es mal hingelegt habe.
    Im Speicher einer Tauschbörse ist es vielleicht besser nicht so gut aufgehoben, denn Geld macht erfinderisch, besonders fremdes Geld. Cobol statt Colt heißt die Devise moderner Wegelagerer, die sich von schnellen Pferden und schnellen Autos trennten, um sich schnellen Computern zu widmen: "Was ist schon die Gründung einer Bank, gegen die Programmierung einer virtuellen Börse?", fragt scheinheilig mein Second-Life- Avatar: "Hacken, ausrauben, dichtmachen - und dann ab, mit den Bitcoins, auf die Bahamas!"
    "Athos", sage ich, "so hast du keine Chance, Coinionär zu werden. Die Leute passen jetzt viel besser auf." Athos nickt: "Ok", grinst er, "dann bestell schon mal die Flugkarten. Was ist schon die Gründung einer Bitcoin-Börse gegen tausend Geldautomaten mit XP-Betriebssystem?"