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Digitalsteuer
Frankreich will IT-Konzerne im Alleingang besteuern

Amerikanische IT-Konzerne machen in Europa Milliardengewinne. Steuern zahlen sie dort aber kaum. Die sogenannte Digitalsteuer könnte das ändern. Weil eine EU-weite Lösung nicht in Sicht ist, plant Frankreich den Alleingang.

Von Marcel Wagner | 18.12.2018
    Die Logos der US-Internetkonzerne Google, Amazon und Facebook sind auf dem Display eines iPhone zu sehen.
    Mit einer Digitalsteuer will Frankreich IT-Konzerne dazu bringen, ihre Gewinne endlich angemessen zu versteuern. (Stefan Jaitner / dpa )
    Eine sogenannte Digitalsteuer ist ein Thema, um das in Europa heftig gerungen wird. Die Idee dahinter ist, dass die riesigen Digitalkonzerne wie Google oder Facebook ihre Gewinne dort versteuern, wo sie erwirtschaftet werden und nicht mehr zum Beispiel komplett in Irland abrechnen, wo sie fast keine Steuern bezahlen. Frankreich würde eine solche Steuer gerne europaweit und am liebsten gestern einführen. Deutschland bremst dagegen gewaltig. Jetzt erhöht Frankreich den Druck massiv.
    Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ist wohl endgültig der Kragen geplatzt: "Wir werden die Digitalriesen ab 2019 besteuern", kündigte Le Maire jetzt in der französischen Nationalversammlung an. Es ist ein möglicher Alleingang, der fast zu erwarten gewesen ist, nachdem Frankreich sich vor allem an Deutschland beim Thema Digitalsteuer seit Monaten die Zähne ausbeißt.
    Milliarden Umsätze in Frankreich - und fast keine Steuern bezahlt
    Um zu verstehen, warum die Steuer eine französische Herzensangelegenheit ist, reicht ein Blick auf die nackten Zahlen. Im Jahr 2017 haben allein die ominösen GAFA, also Google, Amazon, Facebook und Apple in Frankreich geschätzt rund 12 Milliarden Euro umgesetzt. Die gezahlten Steuern beliefen sich dagegen auf gerade mal knapp über 40 Millionen Euro. Fast nichts also.
    In der Bevölkerung wird das als große Ungerechtigkeit wahrgenommen. Der Kampf gegen internationale Steuervermeidung ist eins der dringendsten Anliegen der Protestbewegung der sogenannten Gelben Westen, die Präsident Macron gerade in eine schwere politische Krise stürzen. Denen hatte Macron bereits vergangene Woche in einer Fernsehansprache versprochen:
    "Große Unternehmen, die hier Profit machen, müssen auch hier Steuern zahlen. Das ist nur gerecht."
    Warum ausgerechnet Deutschland bei dem Thema bremst, können viele Französinnen und Franzosen nicht verstehen. Medien spekulieren, die deutsche Wirtschaft habe Angst vor Rache, etwa davor, dass die USA im Gegenzug deutsche Autos mit Strafzöllen belegen könnten. Sie dürften sich bestätigt gesehen haben von einem Interview, das Bundesfinanzminister Olaf Scholz kürzlich dem Spiegel gegeben hat. Dort hatte Scholz erläutert, dass er tatsächlich durch die Digitalsteuer weniger Einnahmen für Deutschland befürchte, weil mit der Digitalsteuer manche Dienstleistungen und Produkte nicht mehr dort besteuert würden, wo sie entstehen.
    Digitalsteuer rückwirkend ab 1. Januar geplant
    Das wiederum könne andere Länder auf die Idee bringen, auch Deutschlands gewaltige Exporte stärker zu besteuern. Scholz sprach sich in dem Interview für eine internationale Lösung bis Sommer 2020 aus. Sollte die nicht gelingen, solle Europa bis Anfang 2021 eine eigene Lösung suchen. In französischen Ohren dürfte das wie ein schlechter Witz geklungen haben und die einseitige Entscheidung mit befördert haben.
    Die Steuer in Frankreich soll nun rückwirkend zum 1. Januar 2019 gelten, aber erst im Frühjahr beschlossen werden. So lange wolle Frankreich weiter versuchen, eine europäische Lösung hinzubekommen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist heute in Paris und will mit seinem Kollegen Le Maire über das Thema reden.
    "Wir sind entschlossen, gemeinsam mit Frankreich, gemeinsam mit anderen in der europäischen Union in den nächsten Monaten eine konstruktive Lösung zu finden.", betonte Altmaier am Rande der Gespräche. Eine enge und schnelle deutsch-französischer Zusammenarbeit hört sich anders an.