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Diplomatie
Chinas neue Rolle auf der Weltbühne

Kanzlerin Angela Merkel war zu Beginn ihrer vierten Amtszeit kurz in den USA, in Russland und dann schon in China. Das hat Gründe: Das Reich der Mitte füllt zunehmend jene Lücken auf der Weltbühne, welche die USA hinterlassen.

Von Georg Schwarte | 26.05.2018
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht neben Staatssekretär Ulrich Nussbaum (l-r), Li Xi, Parteisekretär der Provinz Guangdong, Provinzgouverneur Ma Xingru und dem Außenhandelskammer Beauftragter Jens Hildebrand, bei der Eröffnung des AHK-Innovation Hub Shenzhen.
    Angela Merkels früher Antrittsbesuch sagt viel über Chinas wachsende Bedeutung bei geopolitischen Konflikten (pa/dpa/Kappeler)
    Ein Vakuum. Ein weitgehend luftleerer Raum. Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär redet gelegentlich gern in Bildern. Und das Vakuum fällt ihm eben ein, wenn er an China, die USA und die UN denkt: In der Natur gebe es ein Vakuum. In internationalen Beziehungen dagegen nicht.
    Was so harmlos daherkommt, ist vermutlich die handfesteste Drohung, die der amtierende UN-Generalsekretär dem Amerika unter Donald Trump entgegenschleudern kann. Wenn die USA sich zurückzögen, werden unvermeidbar andere diesen Platz einnehmen.
    Andere. Guterres spricht nicht aus, dass er von China spricht. Jenem Riesen, der neuerdings erkennt, dass die USA Platz machen. Sich zurückziehen. Der UN und ihrem multilateralen Ansatz seit Trump keine Bedeutung mehr beimessen. Francesco Mancini vom Internationalen Friedensinstitut, IPI in Singapur, ein Chinaexperte, sagt, China werde das nutzen:
    "Während die USA sich aus Verträgen zurückziehen, dem Klimavertrag, dem Atomabkommen mit dem Iran, wird China nach außen als verantwortungsbewusster globaler Player auftreten."
    "Es gibt ein Vakuum, und China ist bereit es zu füllen"
    Gerade erst hat die UN-Generalversammlung einen globalen Umweltpakt auf den Weg gebracht. Der erste bindende Vertrag über Umweltrechte überhaupt. Fünf Staaten stimmten dagegen: die USA, Syrien, die Philippinen, Russland und die Türkei.
    China aber war dafür. Für Klimaschutz. Für Multilateralismus. Gerade erst haben sie ein 17 Seiten langes Grundsatzpapier der chinesischen Führung in Bezug auf die Zukunft der UN vorgelegt. China überholt darin die USA in Fragen von Peace-Keeping, Handel und Entwicklungshilfe. Undenkbar vor zehn Jahren. China der neue Multilateralist?
    Es gebe ein neues Vakuum. China werde das nutzen und man werde mehr und mehr davon bei den UN zu sehen bekommen, sagt Professor Mancini. Schon jetzt ist China der größte Truppensteller für Blauhelme unter den fünf Vetomächten. 8.000 Chinesen sind weltweit im Einsatz. China, der größte Befürworter eines stehenden UN-Heeres. China, der große Entwicklungshilfemotor. China, still und leise platziert das Land Mitarbeiter an den Schaltstellen auch der UN. Versteht die globale Bühne der Vereinten Nationen als Chance. Während Präsident Trump China stets nur als Geschäft missverstand.
    Das neue China, es hat ein multilaterales Gesicht bekommen. Dass dieses China, das in der eigenen Führungsriege der Kommunistischen Partei keine Frauen hat, bei den UN jetzt sogar dafür wirbt, ebenso viele Frauen wie Männer in Führungsjobs zu bringen, ist wahlweise ironisch oder eben das andere China, das für die Weltbühne.