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DLF-Hörspielreihe "Wirklichkeit unmöglich machen - ein romantisches Projekt"

Freiräume für Phantasie zu schaffen sei eine grundlegende politische Aufgabe, meinte der Dramatiker Heiner Müller, bekanntlich ein rabenschwarzer Romantiker, der mit einem weiteren Zitat der Romantikreihe im Deutschlandfunk den Titel gab: "Wirklichkeit unmöglich machen". Für diese Reihe setzte Leonhard Koppelmann einen Auszug aus Handkes Erzählung "Die Wiederholung" als Hörspiel um.

Von Frank Olbert | 24.01.2009
    Es verbindet Imagination, Erinnerung und politische Reflexion auf der Folie einer ganz konkreten Landschaft, dem Karst auf der Hochfläche über dem Golf von Triest, jenem "Herzland", durch das der Erzähler wandert.
    Herr Koppelmann, was ist das für ein Text?
    Dieser Ausschnitt aus Handkes Erzählung "Die Wiederholung" greift ein zentrales Motiv der Romantik auf, das Wandern durch die Natur. Wie bei Handke allerorten hat der Text viel mit einer Suche nach sich selbst und einer Rückverortung zu tun. Es ist auch eine Auseinandersetzung mit biographischen Details.
    Also ist das Wandern durch die Landschaft hier eine Wanderung zur eigenen Identität?
    Ja, dieses Zurück zur Natur ist auch ein Zurück zum eigenen Ursprung. Es ist eine Besinnungsreise, bei der man seinen Blick fokussiert, gleichzeitig die Sinne erweitert und den Mikrokosmos als Makrokosmos erfährt. Durch das Wegfallen des permanenten Reizes, der in einer urbanisierten Welt existiert, entsteht eine Fokussierung und dabei auch ein Blick in sich hinein.
    Wie sind Sie an die akustische Umsetzung gegangen? Es ist ja ein Soloauftritt.
    Ich hatte das große Glück, mit Ulrich Noethen arbeiten zu können. Er hat sich darauf eingelassen, nicht von vorneherein festzulegen, was Reportage, was Introspektion, was Kommentar ist, sondern den Text erst abzuhorchen und sich danach erst einmal auszutauschen, welche Leseerfahrung er und welche Hörerfahrung ich gemacht habe. Und tatsächlich strukturierte sich dieser Text beim Hören und wir haben einen sehr intensiven Aufnahmetag gehabt, an dem wir diesen Text auf die Möglichkeit abklopften, verschiedene Sprechhaltungen zu finden.
    Und Ulrich Noethen war begeistert von dem Text?
    Ich glaube, es hat uns alle angesteckt. Es war so eine Initialerfahrung, die sich dann durch die gesamte Produktionsgruppe zog. Handke ist wirklich ein Sprachästhet und ein so genauer und intensiver Beobachter.
    Das Hörspiel "Gehen im Herzland" nach Peter Handke stellt der Deutschlandfunk in einer öffentlichen Vorführung am Sonntag, den 1. Februar um 18 Uhr im HörTheater der Keller in Köln vor. Die Ursendung findet bereits am kommenden Dienstag, den 27. Januar um 20.10 Uhr statt.

    Die weiteren Termine in der Reihe "Wirklichkeit unmöglich machen" für die kommenden Wochen:

    Am Samstag, den 7. Februar steht "Die schöne Magelone" von Ludwig Tieck in der berühmtenVertonung von Johannes Brahms auf dem Programm.

    Peer Raben hingegen schrieb die Musik zu Elfriede Jelinkes Hörspiel "Wolken.Heim", einem Rundumschlag gegen die Volkstümelei, zu der später die Romantik verkam. Es ist zu hören am Dienstag, den 10. Februar um 20.10 Uhr.