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Do-it-yourself im Musikbusiness

"Do-it-yourself" boomt in der Musikbranche. Viele kleine Bands ohne Plattenvertrag nehmen ihr Management heute selbst in die Hand. Das Internet macht es ihnen leicht: Über MySpace und Facebook werden Fans betreut und Gigs ausgemacht. "Pomplamoose" aus San Francisco ist eine dieser Bands.

Von Simone Wienstroer | 15.12.2011
    Jack Conte:
    "Ich meine, Plattenfirmen sind in vielerlei Hinsicht großartig. Sie sind wirklich gut darin, eine Künstlerseele zu brechen. Sie sind gut darin, sich einen Künstler zu nehmen und aus ihm einen Riesen-Mainstream zu machen."

    "Pomplamoose sind keine Lady Gaga. Wir sind eine kleine Indieband."

    Dafür aber sind Pomplamoose eine recht gut verdienende kleine Indieband. Das amerikanische Popduo vermarktet sich nämlich erfolgreich ausschließlich selbst. Nur über Internetportale wie iTunes und Youtube präsentieren Nataly Dawn und Jack Conte ihre verspielt-arrangierten Cover und Eigenkompositionen. Vertragsangebote der großen Labels Sony, Warner und Universal haben sie allesamt abgelehnt. Dabei, so erzählt Jack Conte, ging es ihnen nicht nur um ihre künstlerische Freiheit.

    Jack Conte:

    "Ein Label würde einen sehr hohen Prozentsatz von unseren Einkünften behalten. Meiner Meinung nach wäre das Geld, das dann übrig wäre weniger, als was wir momentan einnehmen. Wenn du deine Songs bei iTunes für zehn Dollar pro Album anbietest - iTunes gibt dir 70 Prozent davon - verdienst du jedes Mal, wenn du eins verkaufst, sieben Dollar. Und wenn du ein paar Tausend Alben verkaufst, ist das schon ein Haufen Geld."

    Für ihre Songproduktionen verlassen die beiden talentierten Popmusiker, die auch privat ein Paar sind, noch nicht einmal das Haus. Auch live machen sie sich rar. Ihren wahren Auftritt hat die Band dafür in unzähligen Youtube-Clips - unaufwendig und entspannt produzierten Homevideos.

    Jack Conte:

    "Das ist eher eine Video-Performance der Aufnahme. Wir nennen es einen Video Song. Man kann mit einer einfachen Home-Video-Kamera filmen und auf einem normalen Computer zu Hause die Bearbeitung machen. "

    Pomplamoose liegen mit Eigenproduktionen und Selbstvermarktung ganz im Trend des sich in Internetzeiten wandelndem Musikbusiness. Doch so einfach ist es nicht, in den unendlichen Weiten des Netzuniversums Interesse zu wecken. Zumal durch die Schwemme an Youtube-Clips und Livestreams das Interesse an neuen Bands tendenziell wieder ein wenig nachgelassen hat. Deshalb muss man heute als Künstler schon einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen. Pomplamoose-Videosongs haben zum Beispiel als Konzept: Was man sieht, ist, was man hört. Es gibt kein Playback oder versteckte Sounds.

    "Oh, ja! In "Angry Birds" zum Beispiel schlägt Nataly meinen Kopf auf die Klaviertastatur. Die Töne, die man hört, sind tatsächlich mein Kopf, der die Tasten schlägt."

    Der Zuschauer fühlt sich schnell heimisch in der kleinen Welt der Pomplamoose-Videos, die stets in den gleichen Zimmerchen spielen. Man sieht, wie die beiden Multi-Instrumentalisten musizieren. Wie Nataly Dawn neben dem Klavier auf der Erde hockt und Salat isst oder Jacks Großmutter tanzt. Oder seine Schwester wie zufällig mit einem Stück selbst gemachter Seife den Raum betritt.
    Das Video kann man als Fan dann selbstverständlich auch online bestellen. So funktioniert die Band wie eine Art Familienunternehmen, das nebenbei T-Shirts und Seife verkauft, aber auch andere Musikprojekte betreibt. Und so bittet Nataly Dawn auch mit sympathischer Offenheit in einem Youtube-Spot um finanzielle Unterstützung für ihr Solo-Album:

    "Und ich bin schon richtig aufgeregt deswegen. Wir werden mit großartigen Musiker spielen in einem Studio in L.A. Richtig spannend. Doch ich brauche eure Hilfe, um es machen zu können. Was ich brauche ist, eh Geld."

    Innerhalb von nur drei Tagen wurden die benötigten 20.000 Dollar im Austausch gegen einige Fanartikel gespendet. Der Traum von der erfolgreichen Selbstvermarktung kann also in Erfüllung gehen - vorausgesetzt man hat das entsprechende Talent dazu.