Donnerstag, 28. März 2024

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Dobrindt: Es wird auch in Zukunft Mitspracherechte des Bundestages geben

Das Vorziehen des Stabilitätsmechanismus ESM dürfe nicht zu einer Erhöhung der Verschuldung im kommenden Jahr führen, betont Alexander Dobrindt. Der CSU-Generalsekretär ist davon überzeugt, dass die heutige Aussprache im Bundestag ein klares Signal der Zustimmung zu den Brüsseler Beschlüssen geben werde.

Alexander Dobrindt im Gespräch mit Silvia Engels | 14.12.2011
    Silvia Engels: Es geht um die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin heute zu den Euro-Beschlüssen, und am Telefon begrüße ich den Generalsekretär der CSU Alexander Dobrindt, der zugleich auch Bundestagsabgeordneter seiner Partei ist. Guten Tag, Herr Dobrindt.

    Alexander Dobrindt: Guten Morgen!

    Engels: Wir hören nun, dass der dauerhafte Stabilitätsmechanismus (ESM) ja nun vorgezogen werden soll, und nun bestätigt auch die Fraktion der Union, dass da wohl ein Nachtragshaushalt des Bundestages fällig wird. Werden diese Gipfelbeschlüsse von Brüssel also doch schon jetzt teurer?

    Dobrindt: Ich will nicht ausschließen, dass es einen Nachtragshaushalt gibt. Das, was für uns wichtig ist, ist, dass das Vorziehen des ESM jetzt nicht zu einer Erhöhung der Verschuldung auch im nächsten Jahr führt, sondern wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, dass wir innerhalb des bisherigen Haushaltsvolumens auch mit diesem zusätzlichen Finanzbedarf jetzt hinkommen.

    Engels: Das heißt, keine neuen Schulden für diesen ESM, denn das werden ja immerhin möglicherweise vier bis fünf Milliarden, die da zusätzlich zu schultern sind?

    Dobrindt: Das ist richtig. In der mittelfristigen Finanzplanung haben wir dieses Geld ja eingeplant, allerdings noch nicht für nächstes Jahr. Deswegen kann man auch nicht ausschließen, dass es den Nachtragshaushalt gibt. Aber zusätzliche neue Schulden sollten es nicht sein.

    Engels: Dann schauen wir aufs Grundsätzliche rund um diese europäischen Beschlüsse. Der Bundestag hat ja bekanntlich Mitspracherechte bei europäischen Abkommen. Nun ist es ja aber so, dass die Euro-Staaten der 17 nun versuchen, einen zwischenstaatlichen Vertrag zu schließen, um eben da die Fiskalunion, die Stabilitätspolitik hinzubekommen. Könnte es im Zweifel passieren, dass der Bundestag hier dann keine Mitspracherechte hat?

    Dobrindt: Nein. Es wird zukünftig auch Mitspracherechte des Deutschen Bundestages geben – immer dann, wenn Programme aufgelegt werden, die für die einzelnen Länder für Stabilität entsprechend sorgen sollen. Wir werden bei allen Möglichkeiten, die zukünftig zur Verfügung stehen, Länder zu unterstützen, Wert darauf legen, dass es immer auch eine angemessene Parlamentsentscheidung gibt.

    Engels: Eine angemessene Parlamentsentscheidung. Auf der anderen Seite soll ja durch diesen neuen zwischenstaatlichen Vertrag der Automatismus gegen Defizitsünder gestärkt werden. Müsste sich das im Fall der Fälle auch der Bundestag gefallen lassen, wenn Deutschland einmal wieder über die Strenge schlägt?

    Dobrindt: Wir reden ja über eine verbindliche Reformpartnerschaft, die zwischen den Ländern vereinbart wird, die der Stabilität nutzen soll, und wir wollen ja einen Stabilitäts- und Wachstumspakt in Europa, der Zähne hat und der zubeißen kann, und dazu gehört natürlich ein Automatismus dann, wenn es Fehlverhalten gibt. Wir wissen, dass die Euro-Krise, wie man sie nennt, heute maßgeblich damit zu tun hat, dass in den einzelnen Nationalstaaten die Verschuldungsgrenzen nicht eingehalten worden sind, bei der Verschuldung über die Strenge geschlagen worden ist, und dass alle Mahnungen nicht geholfen haben, dieser übermäßige Verschuldung Einhalt zu gebieten, und deswegen ist es dringend notwendig, einen Automatismus zu finden, der dazu führt, dass die Länder mehr angehalten sind, zu sparen und falls sie vom Pfad der Tugend abgewichen sind auf diesen wieder zurückkommen. Das gilt für alle!

    Engels: Das heißt, im Zweifelsfall müsste sich auch der Bundestag gefallen lassen, dass von der Kommission entschieden wird, hier ist jetzt ein Automatismus fällig, oder eben von der Gemeinschaft der 17 entschieden wird, hier muss Deutschland jetzt für vorangegangene Versäumnisse möglicherweise auch dann Strafen zahlen?

    Dobrindt: Stabilität muss in ganz Europa gelten, und das heißt, alle Länder müssen sich an diesem Stabilitäts- und Wachstumspakt halten. Wir wollen ja eine Stabilitätsunion sein in Zukunft und keine Schuldenunion, und deswegen legen wir hier besonderen Wert darauf, dass nicht diejenigen, die auch mit hoher Verschuldung uns in diese Krise geführt haben, auch noch dafür belohnt werden, sondern da muss es natürlich harte Sanktionen geben. Nur diese harten Sanktionen können dazu führen, dass die Anstrengungen vor so einer Krise unternommen werden, die Verschuldungen nicht zu überziehen, sondern sie einzudämmen, und deswegen ist jeder, der heute innerhalb dieses geschärften Stabilitäts- und Wachstumspakts auf Unterstützung angewiesen ist, auch jetzt schon angehalten, einen Plan vorzulegen, wie er von seinen Schulden runterkommt. Wir halten das für richtig.

    Engels: Dann schauen wir noch auf einen anderen Aspekt, Herr Dobrindt. Nun ist es so, dass laut Gipfelbeschluss die einzelnen Zentralbanken im Euroraum dem IWF weitere Kreditlinien zur Verfügung stellen sollen. Kritiker fürchten, dass dieses Geld indirekt wieder klammen Euro-Ländern gegeben wird. Auf die Bundesbank würden bis 45 Milliarden Euro entfallen, und nun will die Bundesbank ausdrücklich ein Votum des Bundestages dazu. Was meinen Sie?

    Dobrindt: Ich habe die Bundesbank so verstanden, dass sie ein Signal wünscht, ob der Deutsche Bundestag den Gipfelbeschlüssen in Brüssel zustimmt oder sie unterstützt. Dieses klare Signal stelle ich sowohl von den Koalitionsfraktionen als auch von Teilen der Opposition fest. Das wird sich auch heute im Deutschen Bundestag noch mal deutlich zeigen in der Debatte zur Regierungserklärung, und von daher glaube ich, dass die Bundesbank dieses Signal aufnehmen wird und auch genügt.

    Engels: Wie passt das denn dazu, dass der Bundestag ja auch gerade auf Drängen der CSU die Hilfe zur Euro-Rettung auf 211 Milliarden Euro an Garantien begrenzt hat?

    Dobrindt: Wir haben ja unterschiedliche Mechanismen. Wir haben die Mechanismen, die den EFSF, also den Rettungsschirm betreffen, der dann im nächsten Jahr in den ESM übergeführt wird. Da haben wir auch klar gesagt, das sind die 211 Milliarden, mehr wollen wir an der Stelle an Finanzvolumen nicht ausweiten. Wir haben einen weiteren Mechanismus, den IWF, zu dem wir ja hohes Vertrauen haben, der lange erprobt ist, der anders wirkt, als das EFSF und ESM können. Der IWF, der von der internationalen Staatengemeinschaft auch unterstützt und auch mit finanziell ausgestattet wird, der soll mehr präventive Maßnahmen entwickeln können, als ihm das bisher möglich ist, und dafür hat er die Unterstützung auch der Staaten und dafür hat er auch die Unterstützung entsprechend der Banken und der Nationalbanken. Wir glauben, dass es der richtige Weg ist, über diesen internationalen Mechanismus präventive Maßnahmen bei einzelnen Ländern vorzunehmen. Das hat nichts damit zu tun, dass Staatsanleihen gekauft werden, so wie das der EFSF machen kann.

    Engels: Alexander Dobrindt von der CSU. Vielen Dank, dass Sie heute so kurzfristig einspringen.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.