"The Bruno Kreisky Lookalike" von Toxic Dreams

SPÖ-Ikone Kreisky beflügelt die Fantasie

05:39 Minuten
Markus Zett sitzt in der Rolle des Hermann Swoboda, auf der Theaterbühne in einem schweren Sessel, im Hintergrund Bücherschränke und Österreich-Flaggen im Kleinformat.
Markus Zett spielt Hermann Swoboda, den Bruno Kreisky-Doppelgänger, in der Toxic-Dream-Bühnensitcom "The Bruno Kreisky Loolalike" in Wien. © Tim Tom
Von Martin Thomas Pesl · 04.01.2020
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In Österreich stecken die Sozialdemokraten in der Krise. Was wäre, wenn der SPÖ-Säulenheilige Bruno Kreisky wieder da wäre? Oder einer, der so aussieht? Die Theatergruppe Toxic Dreams spielt mit der Idee – und räumt dafür den Nestroy-Preis ab.
Bruno Kreisky ist schon fast 30 Jahre tot, seine Kanzlerschaft in Österreich endete 1983. Und doch scheint der legendäre Sozialdemokrat der letzte Politiker zu sein, auf den sich das Land noch einigen kann.
Kornelia Kilga ist Co-Leiterin und -Gründerin der freien Wiener Theatergruppe Toxic Dreams und sagt: "Bruno Kreisky ist ja auch das Symbol dafür, den Mief der Nachkriegsjahre sozusagen abgeschüttelt zu haben. Im Wesentlichen stand er für Umverteilung, Chancengerechtigkeit, Öffnung des Bildungssystems.
Für alle Leute, die sich selbst links der Mitte positionieren, ist mit ihm die Ära der alten Sozialdemokratie zu Ende gegangen. Danach kam der große Bruch eigentlich."

Preis für beste Off-Produktion vorab

Toxic Dreams bringt den großen Kreisky jetzt zurück – nun ja, seinen Geist, aber auch sein Gesicht. "The Bruno Kreisky Lookalike" heißt die zehnteilige Bühnensitcom, die in Wien zum Überraschungshit der vergangenen Spielzeit wurde. Obwohl die finalen Folgen erst im Januar im WUK Premiere haben werden, wurde die Show bereits bei der letzten Nestroyverleihung mit dem Preis für die beste Off-Produktion ausgezeichnet.
Wie echte Fernsehsitcoms beruht sie auf einer simplen, aber originellen Grundidee: "Hermann Swoboda ist ein Versicherungsvertreter, eine relativ eher graue Maus. Dieser Hermann Swoboda schaut ganz zufällig dem Bruno Kreisky ähnlich", sagt Kilga. "Der andere Teil ist: Wir haben eine Werbeagentur, die herausgefunden hat, dass Bruno Kreisky nach wie vor das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher genießt und ideal ist als Testimonial für Putzmittel, Hautcremes, Zigaretten."
Hermann Swobodas Agentin, sonst für talentierte Tiere zuständig, seine Psychotherapeutin und seine Frau – gespielt von Susanne Gschwendtner – helfen ihm dabei, im Fernsehen eine gute Figur zu machen. In den letzten Folgen gehört dazu auch die Diskussion der Frage: Wie posiert man mit einem Buch, sodass man beim Lesen intellektuell überlegen aussieht?

Wie bei einer Fernsehsitcom

Markus Zett spielt den unfreiwilligen Werbestar Hermann Swoboda. "Wir haben von Anfang an eigentlich gesagt, dass es eher eine sehr zufällige, äußerliche Ähnlichkeit sein soll und dass er nicht besonders begabt ist im Nachahmen von Bruno Kreisky. Ich hab natürlich schon Sachen angeschaut, wie er spricht und wie er gesprochen hat und vor allem auch, wie er Englisch gesprochen hat."
Trotz des österreichischen Themas ist "The Bruno Kreisky Lookalike" wie alle Produktionen von Toxic Dreams englischsprachig. Die Gruppe wurde 1997 gegründet, arbeitet mit einem treuen Ensemble und bringt jährlich mehrere Produktionen heraus. Yosi Wanunu hat die Serie konzipiert und führt Regie: "Sitcom ist ein amerikanisches Genre. Schnelle, witzige Texte sind auf Englisch einfach leichter zu schreiben."
Alle Sets – vom Wohnzimmer der Swobodas über die psychotherapeutische Praxis bis zum Büro der Werbeagentur – sind auf der Bühne nebeneinander aufgebaut. Nur die Kamera fehlt, sonst ist alles wie bei der Aufzeichnung einer Fernsehsitcom. Die ersten sechs Folgen verzichten ganz bewusst auf große dramatische Handlungsbögen.
"Ich wollte eben kein Theaterstück schreiben, sondern eine Hangout-Sitcom wie 'Friends'", sagt Yosi Wanunu. "Man hat eine Gruppe von Menschen, die zusammen abhängt, dazu eine einfache Grundidee – und dann schaut man, was daraus an Comedy entstehen kann."

Krise der SPÖ

Österreich hat die SPÖ seit Beginn der Kreisky-Sitcom vor gut einem Jahr mehrere krachende Wahlniederlagen erlitten, die Tage der Parteiführung scheinen gezählt. Da ahnt man schon, auf welchen Showdown die letzten Folgen von "The Bruno Kreisky Lookalike" hinauslaufen werden. In der Probe geht es hin und her.
Ein Bruno-Kreisky-Lookalike an der Spitze der SPÖ? Erschreckenderweise klingt das angesichts ihres aktuellen Zustands gar nicht so unvernünftig. Den Swobodas bleibt also nichts anderes übrig, als die staatsmännische Aufgabe zu übernehmen. Hauptsache, man sieht vertrauenswürdig aus, reißt sich zusammen – und lächelt.
(mfu/mhu)
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