Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Döring: Die FDP hat mit Inhalten die Wähler überzeugt

Das Ergebnis der NRW-Wahl sei "ein großer Erfolg für Christian Lindner und die gesamte FDP", sagt Patrick Döring. Es gehe aber nicht um Personen, sondern um die "Idee der Liberalen für einen Staat, der auf Schulden verzichten kann, und dafür gibt es Zuspruch", so der FDP-Generalsekretär.

Patrick Döring im Gespräch mit Sandra Schulz | 14.05.2012
    Sandra Schulz: Und noch rasanter also als von den Umfragen prognostiziert, ist FDP-Kandidat Christian Lindner hochgeschnellt auf gut acht Prozent. Über die Schlussfolgerungen wollen wir jetzt sprechen in den kommenden Minuten, am Telefon begrüße ich den FDP-Generalsekretär. Guten Morgen, Patrick Döring!

    Patrick Döring: Guten Morgen!

    Schulz: Wessen Erfolg ist das?

    Döring: Das ist ein großer Erfolg für Christian Lindner und die gesamte FDP und zeigt, dass, wenn man kämpft und für seine Überzeugungen einsteht, man auch Zuspruch bekommt.

    Schulz: Aus zahlreichen Landtagen ist die FDP ja rausgeflogen bei Landtagswahlen. Jetzt haben wir in der letzten Woche in Schleswig-Holstein gesehen, Kubicki hat es geschafft und eben gestern Christian Lindner. Warum gewinnen denn eigentlich nur Liberale Landtagswahlen, die sich vom Parteivorsitzenden distanziert haben?

    Döring: Na, das ist doch abwegig. Man muss mal sagen, dass die liberale Tradition in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit einer starken Basis mit Hunderten von kommunalen Mandaten auch nicht vergleichbar ist mit der liberalen Basis im Saarland oder in Sachsen-Anhalt. Und deshalb war es ganz erwartbar, dass unsere Freundinnen und Freunde, wenn sie geschlossen und gemeinsam mit der Bundespartei für unsere Ideale, für weniger Schulden, für wirtschaftliches Wachstum und für gute Bildung für alle einstehen, auch Zuspruch bekommen. Und das ist gelungen.

    Schulz: Herr Döring, aber diese Geschlossenheit hat es ja gerade nicht gegeben. Christian Lindner ist im letzten Dezember als Generalsekretär zurückgetreten. Das war doch eine Distanzierung von Philipp Rösler. Was meinen Sie mit Geschlossenheit?

    Döring: Na, zunächst einmal muss man die persönlichen Fragen hinten anstellen und feststellen, dass wir alle, die Liberalen im Bund, die Liberalen in den Ländern, für das Gleiche kämpfen, nämlich für die Idee eines Staates, der auf Schulden verzichten kann. Und als die Liberalen in Nordrhein-Westfalen die Hand nicht reichen wollten für die Fortsetzung der Schuldenpolitik von Rot-Grün, da haben doch die meisten Menschen uns für verrückt erklärt und dennoch – oder gerade deshalb, meine These, gerade deshalb – haben uns jetzt so viele Menschen ihre Stimme gegeben, denn Konsequenz und Haltung wird belohnt. Und das hat Christian Lindner in diesem Wahlkampf besonders deutlich gemacht. Es geht nicht um Personen, sondern es geht um eine Idee, um die Idee der Liberalen für einen Staat, der auf Schulden verzichten kann, und dafür gibt es Zuspruch.

    Schulz: Ja, aber Christian Lindner hat hier in Nordrhein-Westfalen auch mit dem Slogan: "Das ist meine FDP", was viele eben auch als Distanzierung von der Bundes-FDP verstanden haben. Philipp Rösler selbst hat sich gestern bei Christian Lindner für seinen Sieg bedankt. Heißt das nicht, dass er sich selbst auch gar nicht so als Vater des Erfolges sieht?

    Döring: Also nun muss man sich mal entscheiden, was man will: Auf der einen Seite gibt es starke und überzeugende Spitzenkandidaten. Darüber freuen wir uns. Die FDP ist bundesweit stark, auch weil sie Persönlichkeiten wie Wolfgang Kubicki und Christian Lindner in den Ländern hat. Und es ist doch selbstverständlich, dass der Bundesvorsitzende und die gesamte Führung im Bund sich freuen, wenn Spitzenkandidaten im Land erfolgreich sind. Zwietracht zu säen ist überhaupt nicht geboten, sondern wir sind geschlossen und entschlossen bereit, das Land auch in die Richtung zu entwickeln, für die wir stehen: weniger Schulden, mehr Wachstum.

    Schulz: Aber was meinen Sie denn damit, wenn Sie sagen, dass die FDP bundesweit stark sei? Sie liegt ja im Moment in den Umfragen bei der Sonntagsfrage unter fünf Prozent. Meinen Sie das mit stark?

    Döring: Also ich kenne zurzeit keine Sonntagsfrage, die unter fünf Prozent liegt, aber eins zeigen doch beide Wahlkämpfe: Es geht nicht darum, wie man Mitte der Wahlperiode steht und es geht auch nicht darum, was Umfragen sagen, sondern einzig und allein ist entscheidend, was der Wähler tut. Und beide Wahlkämpfe haben gezeigt: Man kann in einem geschlossenen und überzeugenden Wahlkampf viele Menschen für die Idee der FDP überzeugen. Und deshalb mache ich mich überhaupt nicht verrückt, was jetzt gerade anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl demoskopiert wird, sondern es zeigt, dass für die Idee, für die die Liberalen stehen – wirtschaftliche Vernunft, bürgerliche Freiheiten, gute Bildung für alle und ein Staat ohne Schulden –, viele, viele Menschen begeisterbar sind, und darum geht es.

    Schulz: Ist Philipp Rösler denn zur Bundestagswahl noch Parteivorsitzender?

    Döring: Ich habe keinen Zweifel daran.

    Schulz: Und das heißt, wenn es anders kommen sollte, würden Sie auch Ihr Amt zur Verfügung stellen?

    Döring: Also zunächst ist ja die Satzungslage klar: Der Generalsekretär wird vorgeschlagen vom Parteivorsitzenden. Wir haben gerade einen Parteitag hinter uns, an dem das passiert ist, und deshalb geht es überhaupt nicht um Personaldebatten, sondern darum, deutlich zu machen, dass die politische inhaltliche Orientierung, für die die FDP steht, Unterstützung bekommt und Unterstützung verdient. Und das haben beide Landtagswahlen gezeigt: Wenn wir kämpfen, bekommen wir Unterstützung, und das wird das Motto der nächsten Wochen sein.

    Schulz: Herr Wolfgang Kubicki hat gesagt, es gebe keinen Putsch im Mai. Wenn Philipp Rösler so fest im Sattel sitzt, wie Sie sagen – können Sie uns dann diese zeitliche Einschränkung erklären?

    Döring: Nun, das ist ja der Hinweis auf den Monat, in dem wir uns befinden. Ich finde es spannend, dass in offenbar jedes Wort irgendetwas hineininterpretiert wird. Die Lage ist klar: Der nächste ordentliche Bundesparteitag ist im Mai 2013, und bis dahin arbeiten wir gemeinsam und geschlossen am Wiederaufstieg der FDP. Und dass Christian Lindner und Wolfgang Kubicki einen großen Anteil daran haben, haben sie am vergangenen Sonntag und gestern bewiesen. Und deshalb geht es überhaupt nicht darum, Animositäten zwischen zwei oder drei oder vier oder fünf Persönlichkeiten zu befördern, sondern es geht vor allen Dingen darum, deutlich zu machen, dass dieses Land ein Stück weit schlechter regiert würde, wenn die FDP nicht dabei wäre. Das ist unsere Aufgabe.

    Schulz: Aber die Zustimmung für Christian Lindner, die ist ja – also nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern insgesamt, zeigen Umfragen – ganz immens. Hier in Nordrhein-Westfalen halten dagegen mehr als 75 Prozent Philipp Rösler für eine Fehlbesetzung. Sollte die Partei nicht eigentlich auch im Bund einen Vorsitzenden haben, der gut ankommt?

    Döring: Ach, schauen Sie, wir haben ja oft solche Situationen, dass immer dann, wenn versucht wird, den Eindruck zu erwecken, der Erfolg einer Partei hinge an einer Person, insbesondere auch diese Fragen in den Vordergrund gerückt werden. Wir haben erfolgreich die Jahre mit Guido Westerwelle an der Spitze hinter uns, obwohl immer wieder uns gesagt wurde, dass Guido Westerwelle bei der Mehrheit der Bevölkerung unbeliebt sei. Wir haben jetzt die Situation, …

    Schulz: Und Guido Westerwelle musste ja im letzten Jahr gehen, wenn wir das richtig verstanden haben.

    Döring: Ja, aber ist trotzdem der erfolgreichste Parteivorsitzende in der Geschichte der FDP. Wir haben jetzt die Situation, dass in zwei Landtagswahlkämpfen zwei sehr, sehr überzeugende Spitzenkandidaten gute Ergebnisse bekommen haben – aber nicht gegen den Bund, sondern Hand in Hand und gemeinsam. Eine Partei lebt davon, dass sie starke Persönlichkeiten hat und es wäre dramatisch, wenn es nicht so wäre. Ich frage mich auch: Wenn Ihre Analogien gelten würden, dann müssten Sie in Wahrheit darüber nachdenken, ob nicht Frau Kraft alsbald Vorsitzende der SPD oder Kanzlerkandidatin würde. Auch das ist abwegig. Und genauso wenig sollten wir uns als Liberale darüber beschweren, dass wir so starke Persönlichkeiten haben.

    Schulz: Werden wir aber vielleicht gleich tun. Herr Döring, sorry, ich muss an dieser Stelle Schluss machen aus zeitlichen Gründen. Der FDP-Generalsekretär Patrick Döring hier im Deutschlandfunk.

    Döring: Wiederschauen!

    Schulz: Danke Ihnen!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

    Mehr zum Thema bei dradio.de:
    Bundespolitik analysiert NRW-Wahl
    SPD sieht politischen Klimawandel in Deutschland nach NRW-Wahl
    Rot-Grün triumphiert bei NRW-Wahl