Freitag, 19. April 2024

Archiv


Doktor Marke FH

Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat bekräftigt, dass Hochschulabsolventen künftig auch an Fachhochschulen ihren Doktortitel machen können. Bisher war das nur in einer Kooperation mit den Universitäten möglich.

Von Jürgen König | 29.08.2012
    Überraschenderweise trat nicht nur Annette Schavan vor die Presse, sondern auch der Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz, Micha Teuscher, innerhalb der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Sprecher der Fachhochschulen. Der neu gewählte HRK-Präsident Horst Hippler war schon kurz nach Amtsantritt mit dem Satz zitiert worden, forschungsschwache Universitäten sollten zu Fachhochschulen herabgestuft werden; "Die Zeit" zitierte daraufhin Micha Teuscher mit den Worten, nicht nur implizit laufe Hipplers Idee darauf hinaus, dass Universitäten für ihn die erste Liga seien und Fachhochschulen die Zweite. Vor diesem Hintergrund hatte der gemeinsame Auftritt von Annette Schavan und Micha Teuscher etwas Demonstratives - was beide indes vehement von sich wiesen.

    Annette Schavan:
    "Sie liegen falsch; das können wir aber erst beweisen in ein paar Wochen, weil: Dann komm ich auch noch mal mit Herrn Hippler."

    Micha Teuscher:
    "Also ich bin nicht deswegen hier, sondern ich hab mich über die Einladung gefreut, für mich ist das eher im Kontext 20/40 Jahre Fachhochschulen: Wo sind wir jetzt? Was für einen Drive hat es da in den letzten zehn Jahren gegeben? Das war mir wichtig: einfach auch noch mal diese Forschungskompetenz darzustellen, ohne dass wir Diskussionen haben wollen über Auf- - und Abstieg."

    Die bevorstehende Eröffnung des neuen Campus der deutsch-jordanischen Hochschule in Amman, so Annette Schavan, habe den Ausschlag gegeben, einmal zu untersuchen, was sich im Bereich der Fachhochschulen in den letzten Jahren getan habe. Und sie präsentierte Zahlen, die auch Micha Teuscher einen "Erfolg" nannte: Zwischen 2000 und 2010 sei die Zahl der Fachhochschulen um ein Drittel gestiegen: auf nun 209, die Zahl der Studierenden um 66 Prozent gewachsen. Besonders erfreulich seien die kontinuierlich steigenden Forschungsaktivitäten: Innerhalb der letzten 5 Jahre seien rund 800 Forschungsvorhaben an 110 Fachhochschulen mit 175 Millionen Euro. Gefördert worden, für den Qualitätspakt Lehre seien 78 Fachhochschulen ausgewählt worden mit einer Fördersumme von 285 Millionen Euro. Micha Teuscher, zugleich Rektor der Hochschule Neubrandenburg, bestätigt die positive Entwicklung der letzten Jahre, aber:

    "Die Entwicklung der letzten Jahre hat auch gezeigt, dass gerade der aufwuchs an Studierenden an den Fachhochschulen diese Hochschulen sicherlich an die Grenzen ihrer eigenen Belastbarkeit geführt haben, der Hochschulpakt führt dazu, dass wir in der Lage sind, die Kapazitäten zu entwickeln, aber die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, sicher auch die Universitäten, haben ein starkes Interesse daran, dass rechtzeitig über die Weiterführung dieser Finanzhilfen und Finanztransfers nachgedacht wird. "

    Die Wertschätzung der Fachhochschulen könnte erheblich gesteigert werden durch das, was Annette Schavan heute wie nebenbei ankündigte.

    "Alles in allem: Wir werden die eigenen Forschungsprogramme für die anwendungsorientierte Forschung weiterentwickeln; wir werden die frühkindliche Bildung hineinnehmen, wir werden weiterentwickeln: Schaffung von Promotionsmöglichkeiten in der Kooperation zwischen Universität und Fachhochschule: Es soll künftig so sein, dass der Doktortitel nicht alleine erworben werden kann unter dem, ich sag mal: Label der Universität, so war es in der Vergangenheit in den wenigen Fällen, sondern die Kooperation zwischen Universität und Fachhochschule ist das eine, aber es soll künftig auch möglich sein, den Doktortitel tatsächlich dann auch an einer Fachhochschule zu erwerben. "

    Das Promotionsrecht für Fachhochschulen - das dürfte vielen innerhalb der HRK gar nicht gefallen.

    "Innerhalb der HRK ist das natürlich ein umstrittenes Feld. Die Fachhochschulen sehen nur in verschiedenen Fächern, ich sag mal: Sozial- und Arbeitswissenschaften, verschiedene Gesundheitswissenschaften etc. - gibt es von den Universitäten keine wissenschaftlichen Fächer, die den wissenschaftlichen Nachwuchs generieren. Wir haben im ganzen Bereich der Frühpädagogik bundesweit große Nachwuchsprobleme. Und an den Fachhochschulen, an denen diese Studiengänge entwickelt worden sind, berufen wir uns zurzeit sozusagen gegenseitig die guten Kolleginnen und Kollegen weg. Weil es keinen Nachwuchs gibt. Das heißt, das sind Themen, wo Fachhochschulen tatsächlich sagen: Hier wird von universitärer Seite der wissenschaftliche Nachwuchs nicht ausreichend entwickelt oder gar nicht thematisch entwickelt, das ist dann ein Thema, wo wir ganz gerne über ein eigenes Promotionsrecht streiten."
    Die Pläne zielen - zunächst jedenfalls - nicht auf ein generelles Promotionsrecht für Fachhochschulen: "Kooperative, institutionelle Plattformen zwischen Fachhochschulen und Universitäten" will man entwickeln: zur Zusammenarbeit bei bestimmten Themen.

    Trotzdem steht zu vermuten, dass vielen in der HRK die ganze Richtung nicht passt. Auf den gemeinsamen Auftritt von Frau Schavan und Herrn Hippler darf man gespannt sein.