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Dokumentenfälschern auf der Spur

Um Dokumente aus Papier zuverlässig auf ihre Echtheit zu überprüfen, waren bislang aufwendige chemische oder spektroskopische Analysen notwendig. Russische Forscher schlagen nun einen viel simpleren Ansatz vor: Die Spur der Tonerpartikel verrät, wo ein Dokument gedruckt wurde.

Von Ralf Krauter | 18.03.2013
    Die Physikerin Dr. Anna Semisalova ist Expertin für Magnetometrie, also für die Vermessung der magnetischen Eigenschaften von Materialproben. In den vergangenen fünf Jahren hat sie bei ihrer Arbeit an der Lomonossow-Universität in Moskau haufenweise Halbleiterfilme untersucht.

    "Normalerweise arbeite ich mit Materialproben, die nur sehr schwach magnetisch sind. Doch irgendwann habe ich aus reiner Neugier mal einen Buchstaben vermessen, den ich zuvor aus einem bedruckten Papier herausgeschnittenen hatte. Dieser millimetergroße Textschnipsel mit dem Buchstaben 'o' erzeugte ein derart starkes ferromagnetisches Signal, dass ich völlig überrascht war. Ich hatte nicht erwartet, dass die Buchstaben auf einer Seite aus einem Laserdrucker so stark magnetisch sind."

    Anna Semisalova untersuchte weitere Textproben, gedruckt mit rund einem Dutzend verschiedener Laserdrucker, die sie an ihrem Institut finden konnte, darunter Canon, HP, Lexmark und andere Fabrikate. Das Ergebnis: Die starke ferromagnetische Signatur der Buchstaben war immer zu finden. Und damit nicht genug: Die Form der Messkurve unterschied sich je nach Druckertyp und Hersteller so deutlich, dass die Forscherin daraus Rückschlüsse auf die Quelle eines Dokuments ziehen konnten.

    "Bevor ich diese gedruckten Buchstaben vermessen habe, wusste ich überhaupt nichts über die Zutaten des Toners für Laserdrucker. Ich hatte keine Ahnung, dass das Farbstoffpulver eine Menge Eisenoxid enthält. Ferromagnetische Magnetitpartikel machen bis zu 40 Prozent des Tonergewichts aus. Deshalb bekommen wir dieses starke Signal."

    Die Magnetitpartikel im Toner dienen dazu, die Farbpigmente beim Drucken aus der Tonerkartusche und an der gewünschten Stelle aufs Papier zu bekommen. Dort bleiben sie dann – und geben damit Auskunft über Herkunft und Geschichte eines Ausdrucks.

    Anna Semisalova ist deshalb überzeugt: Die Magnetanalyse könnte schnell Anhaltspunkte liefern, ob ein fragwürdiges Dokument echt und authentisch ist. Bislang machen Forensiker typischerweise chemische oder spektroskopische Analysen, um solche Fragen zu beantworten. Doch die sind aufwendiger, weil die Textprobe dafür erst präpariert werden muss. Der magnetischen Spur des Toners zu folgen, ist deutlich einfacher.

    "Nehmen wir an, wir haben zwei identische Dokumente und Zweifel daran, dass beide echt sind. In solchen Fällen wäre es praktisch, schnell prüfen zu können, ob beide Papiere aus demselben Drucker stammen. Vergleicht man die magnetischen Fingerabdrücke des Toners beider Ausdrucke, dann kann man ziemlich sicher sagen, ob einer woanders gedruckt wurde als der andere. Das wäre dann ein Hinweis, dass eine Fälschung vorliegt."

    Auch wenn Betrüger eine Textpassage in einem Dokument nachträglich verändert haben, würde die veränderte Magnetsignatur sie verraten – zumindest sofern sie nicht daran gedacht haben, exakt denselben Druckertyp und Toner zu verwenden, der beim Original zum Einsatz kam.

    "An der Universität in Moskau gab es kürzlich eine Ausstellung von Forschungsprojekten, die relevant für künftige Anwender beim Militär und in Sicherheitskreisen sein könnten. Wir haben unsere Arbeiten dort präsentiert, weil wir glauben, dass sie für forensische Analysen von Dokumenten aller Art nützlich sein könnten. Die Fachleute vom KGB fragten nach den Details unserer Methode. Die finden das interessant."

    So wäre es zum Beispiel denkbar, eine Datenbank mit den magnetischen Fingerabdrücken aller kommerziellen Laserdrucker aufzubauen. Bei Verdacht auf Dokumentenfälschung würden Ermittler dann die Magnetsignatur des Ausdrucks mit jener vergleichen, die charakteristisch für den Drucker ist, dem das Original entstammte. Bei deutlichen Unterschieden käme dann wohl jemand in Erklärungsnot.