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Donald Trump
Kallstadt und sein berühmter Enkel

"Brulljesmacher", Angeber und Sprücheklopfer, so nennen die Nachbardörfer die Bewohner von Kallstadt. Aus dem pfälzischen Weindorf stammen die Vorfahren von Donald Trump - und der sorgt im US-Präsidentschaftswahlkampf bekanntlich auch gerne für Krawall. Eine Spurensuche in Rheinland-Pfalz.

Von Anke Petermann | 21.01.2016
    Der Multimilliardär und Republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump spaltet auch seine Partei.
    Der Multimilliardär und Republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump spaltet auch seine Partei. (imago/UPI Photo)
    Im Stichelpfad muss man den Kopf einziehen, so weit runter ragen die Hausdächer. Aufgeblasene Föhnfrisuren würden hier zerzaust. Eines der winzigen Kallstadter Gässchen. Kein Zufall, dass der christdemokratische Ortsbürgermeister Besucher hier lang führt. Wo die Gasse in eine Straße mündet, wird's interessant für alle, die nach dem Kallstadt-Gen forschen, der Keimzelle für Unternehmergeist made in Rheinland-Pfalz. Thomas Jaworek deutet auf ein eher unscheinbares Gebäude, ein früheres Weingut, schlicht weiß getüncht mit hellblauem Tor.
    "Das ist das Trump-Anwesen, aus dem die Familie Trump dann nach USA gegangen ist."
    "Donald", wie die meisten hier den US-amerikanischen Präsidentschaftsbewerber der Republikaner nennen, ist nämlich der Enkel von Friedrich Trump. Und der beschloss mit 16, sich den Militärdienst in seiner damals noch Bayern zugehörigen Heimat zu sparen. Roland Freund ist wie viele im Ort um drei Ecken mit Trump verwandt. An diesem Morgen kauft der Pensionär im Weingut Christ "Kallstadter Saumagen", also Riesling aus der berühmten Weinlage. In der rustikalen Probierstube erzählt Freund über Donalds Opa Friedrich Trump, der anno 1885 zu Frederick Trump mutierte.
    "Meine Großmutter, die hat immer erzählt, morgens dann war e Zettelsche uff dem Tisch gelege von dem Frederick: Ich bin weggegangen."
    Bayrische Obrigkeit hatte keine Nachsicht
    Frederick war dann mal weg und exportierte die Gastfreundlichkeit seines Weindorfs. Im Wilden Westen verdiente er mit der Bewirtung von Goldgräbern die Nuggets, mit denen seine Familie in der Folge das New Yorker Immobilienvermögen aufbaute. Seine Frau – ein Kallstadter Nachbarmädchen. Für Elisabeth Christ kehrte Frederick noch mal in die Pfalz zurück. Sie wäre gern mit ihm in der deutschen Heimat geblieben. Doch die bayrische Obrigkeit hatte keine Nachsicht mit dem Wehrdienstflüchtigen Trump.
    "Damals der Könisch Luitpold, der hat die Genähmischung nicht mehr gegeben, dass er hier als Bürger wieder sein konnte."
    Also sind die Bayern gleich mehrfach dafür verantwortlich, dass Frederick sein Vermögen mehrte und damit den Grundstock dafür legte, dass Enkel Donald heute eine millionenschwere einwandererfeindliche Wahlkampagne fahren kann: Als harte Steuereintreiber knechteten die Bayern die pfälzische Provinz und trieben junge Aufstrebende in die Auswanderung, meint Roland Freund.
    Dazu läuten die Glocken vom Kallstadter Zwiebelturmkirchlein. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren der Trump-Dynastie die deutschen Wurzeln peinlich. Auch der weizenblonde heutige Vorwahl-Kandidat stilisierte sich zeitweise als Quasi-Wikinger aus dem schwedischen Karlstad. Doch als die Kallstadter Regisseurin Simone Wendel Trump seine wahre Herkunft mit ihrem Filmtitel "Kings of Kallstadt" schmackhaft machte – da fiel dem Möchtegern-König plötzlich ein:
    "You know what: I love Kallstadt also."
    "Brulljesmacher" - Angeber und Sprücheklopfer
    Und Kallstadt liebte ihn auch, den geschäftstüchtigen Dorf-Abkömmling. Das war 2014, da war Donald Trump nur ein Immobilien-Milliardär, politisch weitgehend unauffällig. Dass der Nachfahre eines illegalen Auswanderers Stimmung gegen US-Präsident Obama machte, weil der kein echter Amerikaner sei, drang nach Kallstadt nicht wirklich durch. Unternehmergeist sei den örtlichen Dynastien geradezu einprogrammiert, meinen Winzer und Wirte im Ort noch heute. Sie sind schließlich imstande, Saumagen gleichzeitig als Praline und als Riesling aufzutischen, das muss man erst mal nachmachen. Doch je heftiger Trump im Wahlkampf den Polit-Rowdy gibt, desto mehr rücken sie von ihm ab. Besonders die gut ausgebildeten, toughen Nachwuchs-Winzerinnen. "Spitzenlagen und ambitionierte Weinbauer – damit haben wir längst Weltruhm erlangt", sagt Dominique Christ.
    "Ich denke nicht, dass man ihn dazu braucht. Ein bisschen peinlich, also was er manchmal vom Stapel lässt, ist ja auch teilweise sexistisch, rassistisch irgendwie angehaucht. Ist halt fraglich, ob er das wirklich so meint, oder ob er oder er'n kleiner Brulljesmacher ist."
    "Brulljesmacher", also Angeber und Sprücheklopfer, so nennen die Nachbardörfer die Kallstadter. Zu Unrecht natürlich, da ist man sich im Trump-Dorf einig. Bei Bühlers, auch um drei Ecken verwandt, schaut man durch große Fenster auf Weinbergterrassen mit Bruchstein-Mäuerchen, bewirtet Gäste aus aller Welt und versteht die Idee einer Mauer gegen Mexikaner nicht.
    "Damit hat er sicherlich auch noch nicht befasst, sonst würd' er nicht solche Töne spucke. Er könnte was draus lerne, ja."
    Meint Juniorchefin Sarah Bühler. Auf der anderen Seite der Saumagen-Lage, im Weingut Christ, werden die Gläser gefüllt.
    Dominique Christ: "Das ist der natursüße Chardonnay."
    Roland Freund: "Der ist schön!
    Kunde Roland Freund schlürft anerkennend und erinnert daran, dass Kallstadt 1953 Krönungswein nach Großbritannien ausführte. Dominique Christ hat eine Vision: Ihr Dorf sollte den Wein zur US-Präsidentschaftskür liefern. Geht es nach der studierten Jung-Winzerin, muss der Gewählte aber nicht unbedingt der blondierte "Brulljesmacher" von Kallstadt sein.