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Doping
Eine Welle neuer Whistleblower

Das Dopingsystem in Russland konnte nur aufgedeckt werden, weil Insider ausgepackt haben. Die russische Leichtathletin Julia Stepanova und ihr Mann Vitali waren die entscheidenden Whistleblower. Sie brachten mit ihren Informationen die Fassade in Russland zum Einsturz - inzwischen melden sich weltweit immer mehr Whistleblower.

Von Sebastian Krause | 17.01.2018
    Yuliya und Vitaly Stepanov mit Sohn Robert.
    Die Whistleblower Yuliya und Vitaly Stepanov mit ihrem Sohn Robert. (Yuliya und Vitaly Stepanov)
    Günter Younger, Kriminalpolizist aus Bayern und seit gut einem Jahr Chef-Ermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, spricht von einer Welle neuer Whistleblower. "Also wir haben Hinweise in dreistelliger Höhe bekommen."
    Vergangenes Jahr erst hatte die WADA ein neues "Whistleblower-Programm" ins Leben gerufen. Informanten können sich seitdem übers Internet und eine Handy-App anonym melden. Und inzwischen seien schon rund 200 Hinweise eingegangen. Einige hätten auch schon zu Ermittlungen geführt, sagt Younger, ohne zu verraten, in welchen Ländern.
    Dank Informanten mit Zugang zu brisanten Daten
    "Wir haben ungefähr zehn bis zwölf Ermittlungen selber laufen. Wir sind auch in Kontakt mit einigen Polizeidienststellen, mit denen wir zusammenarbeiten. Aber darüber können wir natürlich noch nicht reden, weil die noch nicht öffentlich sind. Und wir haben bereits bei einigen Ermittlungen helfen können."
    Younger und seinem Ermittlerteam gelang es zum Beispiel, mit Hilfe eines Informanten an eine Datenbank aus dem Moskauer Doping-Kontroll-Labor heranzukommen. In der Datenbank sind alle positiven Befunde russischer Athleten bei Dopingtests von 2012 bis August 2015 aufgeführt.
    Nachdem die positiven Befunde damals im Rahmen des russischen Dopingsystems vertuscht worden waren, können die Daten jetzt genutzt werden, um jedem einzelnen Fall nachzugehen. Das sei aber Aufgabe der jeweiligen Sportverbände: "Das müssen jetzt die Föderationen selber ausermitteln. Und wir helfen denen mit Antworten, wenn sie nicht weiter wissen, was sie machen sollen."
    Günter Younger, Mitglied der Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) spricht am 14.01.2016 in Unterschleißheim (Bayern) während einer Pressekonferenz.
    Günter Younger, Mitglied der Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    FIFA ist am Zug
    Etwas mehr als 60 Sportverbände hätten die Informationen aus der Datenbank schon übermittelt bekommen, so Younger. Darunter auch der Fußball-Weltverband FIFA, weil sich auch Namen russischer Fußballer in den Daten befinden würden.
    "Wir sind in Kontakt mit der FIFA. Die waren auch sehr interessiert an den Daten und ermitteln entsprechend. Wir müssen denen jetzt auch Zeit geben, die Ermittlungen tatsächlich auch durchzuführen. Aber am Ende werden wir dann sicherlich draufschauen und sagen, was wurde gemacht? Hat es dazu geführt, dass Fußballspieler gesperrt werden konnten, oder waren die Informationen einfach nicht gut genug. Und dann müssen wir uns überlegen, wo wir noch weitere Infos bekommen könnten, um das zu untermauern, was wir denken, was passiert ist."
    Das heißt: auch wenn es sich um Spieler des WM-Gastgebers Russland handelt, ist die FIFA jetzt gezwungen, ernsthaft zu ermitteln und möglicherweise noch aktive russische Nationalspieler zu sperren. Bleibt die FIFA untätig, schlägt die WADA mit Dopingjäger Günter Younger Alarm.