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Doping in Russland
Streit um angebliches Geständnis

Russland gesteht systematisches Doping ein. So zumindest zitiert die New York Times die Chefin der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada. Doch inzwischen gibt es eine Kehrtwende: Rusada und Kreml zweifeln die Zitate der Zeitung an – Reporterin Rebecca Ruiz rückt von ihrem Artikel aber nicht ab.

Von Andrea Schültke | 28.12.2016
    Russlands Anti-Doping-Agentur Rusada dementiert das angebliche Doping-Eingeständnis seiner Chefin.
    Hat sie oder hat sie nicht? Die Rusada dementiert das angebliche Doping-Geständnis ihrer Chefin. (picture alliance / Anton Denisov / Sputnik / dpa)
    Die Verwirrung ist groß. Die russische Anti-Doping-Agentur Rusada hat ein angebliches Eingeständnis ihrer Leiterin zu organisiertem Doping dementiert. Die Aussagen von Anna Anzeliowitsch in der "New York Times", es habe eine "institutionalisierte Verschwörung" gegeben, seien verfälscht und aus dem Zusammenhang gerissen worden. Auch Kreml-Sprecher Dimitri Peskow bezweifelt, dass die Aussagen so gefallen sind.
    Der Sonderermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur Richard McLaren hatte am 9. Dezember in London seinen zweiten Untersuchungsbericht zum Doping in Russland vorgelegt. Darin hatte er Belege dafür präsentiert, dass mehr als 1000 russische Sportler in das Dopingsystem eingebunden waren. "Ich würde sagen, es ist ein institutionalisiertes, zentralisiertes Schema, um Dopingproben zu manipulieren und zu vertuschen", sagte McLaren damals.
    DLV-Präsident Prokop: "Klassische Rolle rückwärts"
    Mit dieser Wortwahl sei McLaren von der Formulierung "staatlich unterstütztes Doping" abgerückt, die er vorher verwendet habe. Das habe Rusada-Chefin Anzeliowitsch im Interview mit der New York Times zur Sprache gebracht. So die Stellungnahme der Rusada gegenüber der Nachrichtenagentur Tass. Weiter heißt es dort, die Journalistin Rebecca Ruiz habe Anzeliowitschs Äußerung aus dem Zusammenhang gerissen. So sei der Eindruck entstanden, die Rusada-Führung würde ein institutionalisiertes Schema der Dopingvertuschung zugeben.
    Nach dem Dementi Enttäuschung bei Sportfunktionären wie Clemens Prokop. Der Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes sagte im Deutschlandfunk: "Das wäre natürlich jetzt direkt die klassische Rolle rückwärts. Nachdem hier zunächst mal ein Zeichen des Aufbruchs gesetzt worden ist, jetzt wieder bestreiten, das wäre wirklich dramatisch."
    Verhaltene Reaktion vom IOC
    Schon jetzt hat der Mc-Laren-Report immense Folgen für den russischen Sport. Diverse internationale Wintersportveranstaltungen im kommenden Frühjahr finden nun nicht mehr in Russland statt.
    Clemens Prokop sieht für das Land nur eine Chance, sein Dopingproblem zu lösen und sich nicht noch weiter zu isolieren: "Die Dopingvergangenheit hier einzugestehen und glaubwürdige Reformen auf den Weg zu bringen. Und wenn dies nun wieder nicht geschieht, dann denke ich, werden wir irgendwann den russischen Sport einfach abschreiben müssen, weil er eben nicht zu den gleichen Bedingungen am internationalen Sportgeschehen teilnehmen möchte, wie die übrige Sportwelt."
    Den russischen Sport abschreiben - das möchte Thomas Bach vermeiden. Dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees käme ein Doping-Eingeständnis daher recht, das Dementi nicht. Die Reaktion aus Lausanne: "Das IOC wartet auf Klärung." Und das tun heute viele.