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Doping
Letzter Akt im Fall Fuentes

Welchen Sportlern gehört das Blut, das beim spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes gefunden wurde? Noch sind bei Weitem nicht alle Namen bekannt – und so soll es nach einer Gerichtsentscheidung auch bleiben. Olympiateilnehmer Carles Castillejo ist schockiert: "Wir wollen Gerechtigkeit. Wir sollten doch die Namen wissen."

Von Hans-Günter Kellner | 19.06.2017
    Eine Filmmitschnitt des spanischen Innenministeriums zeigt einen gekühlten Blutbeutel während der Razzia der "Operacion Puerto"
    Die Namen der Sportler, deren Blut beim spanischen Dopingarzt Fuentes gefunden wurde, dürfen doch nicht veröffentlicht werden. (picture-alliance / dpa / dpawe)
    Wer sich bei Eufemiano Fuentes alles dopen ließen – es wird wohl nie bekannt werden. Denn das Blut aus den Beuteln in seinem Gefrierfach darf nun doch nicht konkreten Sportlern zugeordnet werden. Dies hat ein Gericht in Madrid verfügt. Den Sportlern, deren Vergehen längst verjährt sind, sollte erspart werden, "medial gesteinigt" zu werden, so das Gericht wörtlich. Carles Castillejo, viermaliger spanischer Olympiateilnehmer auf 5.000 und 10.000 Metern und im Marathonlauf, ist geschockt:
    "Das macht wütend. Man fühlt sich auch machtlos. Da gibt es eine Reihe von Sportlern, Radfahrer und Leichtathleten, die betrogen haben. Okay, es ist verjährt. Aber wir sollten doch die Namen wissen. Wir, die wir immer sauber waren, wollen auch wissen, wie wir bei Rennen ohne gedopte Sportler abgeschnitten hätten, ob wir mehr Medaillen hätten gewinnen können."
    "Ich würde mit der Vergangenheit gerne abschließen können"
    Die Verfügung ist ein sogenannter "erläuternder Beschluss", eigentlich eine Interpretationshilfe für ein bereits ein Jahr altes Urteil. Doch in diesem Fall kommt sie einer Revision gleich: Im vergangenen Jahr hatte die Kammer entschieden, die Weltantidopingagentur WADA, der italienische und der spanische Radsportverband sowie der Weltradsportverband seien berechtigt, das Blut zu analysieren. Die spanischen Athleten feierten das Urteil wie einen Sieg, sie hatten kurz vor den olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro noch Unterschriften dafür gesammelt, dass die Namen der betroffenen Sportler bekannt werden:
    Castillejo: "Ich würde mit der Vergangenheit gerne abschließen können. Denn tatsächlich ist Leichtathletik heute ein sauberer Sport, die Kontrollen sind intensiv, die Regeln hart. Wir wollen Gerechtigkeit. Wenn jemand betrogen hat, soll es bekannt werden. Es ist verjährt, es würde nichts passieren, aber wir hätten unseren Frieden."
    Dopingvergehen sind verjährt
    Jetzt heißt es im Beschluss, bei der beabsichtigten Identifizierung der Blutproben dürfe nur geklärt werden, ob den Proben auch Sportler mit bereits eröffneten Disziplinarverfahren zuzuordnen sind. Solche Verfahren gibt es keine: Der spanische Radsportverband hatte zwar 2006 Ermittlungen eröffnet, aber noch im gleichen Jahr wieder geschlossen.
    Recherchen des ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt zufolge hat die WADA die Beutel allerdings längst analysiert und die DNA von 20 Radsportlern und 13 Leichtathleten festgestellt. Die WADA hatte aber schon vor dem Richterspruch aus Madrid rechtliche Bedenken, die Namen öffentlich zu machen. Denn die Sportler sind nie verurteilt worden, ihr Dopingvergehen ist sowieso längst verjährt. Eine Veröffentlichung ihrer Namen, so die Befürchtung der WADA, würde gegen ihre Persönlichkeitsrechte verstoßen.