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Doppelt hält besser

Noch immer liegt das gekenterte Tankschiff "Waldhof" unterhalb der Loreley im Rhein - beladen mit 2400 Tonnen Schwefelsäure. Die gefährliche Fracht ist bisher nicht ausgelaufen, dennoch hat das Unglück eine neue Diskussion über die Tankersicherheit angestoßen.

Von Ludger Fittkau | 20.01.2011
    Die "Waldhof" liegt immer noch im aufgewühlten Hochwasser des Rheins - mit Stahlseilen festgebunden an der Mole des Loreleyhafens. Auch nach mehr als einer Woche geht es vor allem darum, das Schiff stabil zu halten und bis zur Bergung Bewegungen des Rumpfes oder ein Auslaufen der Schwefelsäure zu verhindern. So gesehen hat man bei der Havarie der "Waldhof" bisher Glück im Unglück.

    Dr. Erwin Manz, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland (BUND)- Landesverband Rheinland-Pfalz:

    "Im Moment kann man wirklich hoffen, das es glimpflich ausgeht. Es ist ein sehr modernes Schiff mit Doppelwänden. Und es hat wohl auch oben sehr gute Dichtungen, dass auch jetzt beim umgekippten Schiff nichts ausläuft."

    Das Tankschiff, ist mit einer sogenannten "Doppelhülle" ausgestattet. Die Wände bestehen aus zwei unabhängigen Stahlschichten und nicht nur aus einer Hülle, wie es bis vor ein paar Jahren üblich war. Allerdings: Die Doppelhülle ist auch heute längst nicht selbstverständlich, erläutert Erwin Spitzer, Gefahrgut- und Tankschifffahrtsexperte des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg:

    "Wir haben derzeit etwa 1350 Tankschiffe, die derzeit unsere Wasserstraßen befahren. Wir wissen, dass von diesen Tankschiffen etwas mehr als die Hälfte mit Doppelhüllen gebaut sind, also 700 Schiffe sind in Doppelhüllen-Bauweise errichtet, und 650 von diesen Schiffen sind noch Einhüllen-Tankschiffe."

    Und die dürfen noch bis 2018 fahren. Erst dann ist die doppelte Stahlwand für Binnenschiffe europaweit vorgeschrieben. Doch nach dem Kentern der Waldhof fordert der BUND nun die Reedereien auf, nicht bis 2018 mit der kompletten Umstellung auf Doppelhüllen zu warten. Erwin Manz:

    "Ja, das ist eigentlich eine ganz verblüffende Sache. Wir haben hier eine ungeheuer dicht befahrene Wasserstraße, die auch sehr hohes Risiko birgt bei Hochwasser oder eben diese Engstellen an der Loreley, und trotzdem hat man hier nicht die hohen Standards wie in der Seeschifffahrt. Aber das ist eben der Grund, warum hier nachgezurrt wurde, aber das geht uns zu langsam, hier muss schneller etwas geschehen."

    Auch Martin Mauermann würde sich über eine schnellere Einführung der Doppelhüllentanker freuen. Mauermann ist Chef des Wasser- und Schifffahrtsamtes des Bundes in Bingen. Er koordiniert die Sicherungsarbeiten am havarierten Tanker. Mauermann weiß zwar, dass in der Schifffahrt schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht alles schnell umzusetzen ist. Aber er sieht durchaus Spielräume bei den Reedereien:

    "Ich denke mal, das eine sind Vorschriften, das andere ist, wie pragmatisch gehandelt wird und an welchen Stellen schon aus anderen Randbedingungen her Veränderungen kommen, zum Beispiel über Reedereien, dass die sagen, wir transportieren nur noch mit bestimmten Schiffstypen."

    Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg will jedoch seinen Mitgliedsreedereien keine Empfehlungen geben, bereits vor 2018 nur noch Tankschiffe mit Doppelwänden einzusetzen. Erwin Spitzer, Gefahrgut- und Tankschifffahrtsexperte des Verbandes:

    "Die Frage, ob 2018 das richtige Datum ist, würden wir von uns aus auf jeden Fall unterstreichen. 2018 ist das ausgewogene Ergebnis einer komplexen Diskussion zwischen dem technisch Machbaren und dem wirtschaftlich Möglichen."

    Die Binnenschiffer wollen also möglichst lange mit den alten einwandigen Tankern fahren, zumal ein Neubau mit Doppelhülle durchaus fünf Millionen Euro und mehr kosten kann und in jedem Fall teurer ist als ein konventionelles Binnenschiff. Doch der Druck, schneller auf Doppelhüllenschiffe umzustellen, müsste auch von den Verladern kommen. Aus Furcht vor teuren Imageschäden nach einem Chemieunfall auf dem Rhein und anderswo müssten sie Gefahrguttransporte eigentlich nur noch an Binnenschiffer mit Doppelhüllentankern vergeben.

    Das fordert der BUND. Erwin Manz, rheinland-pfälzischer Geschäftsführer der Umweltorganisation:

    "Deshalb sind jetzt gerade die großen Firmen gefordert. Sie dürfen eben nur mit Reedereien zusammenarbeiten, die diese modernen Schiffe haben."

    Bis das umgesetzt ist, wird man an der Loreley bangen, dass es kein Tanker mit einfacher Bordwand ist, der beim nächsten Mal einen Unfall hat. Dass es hier wieder Unglücke geben wird, steht für Fachleute und Anwohner außer Frage. Die Loreley ist und bleibt eine besonders gefährliche Stelle für die Binnenschiffer.